Das Maurerloawe schreibt sich in seiner gemäßigten Dialektform Laiberl, womit schon einmal auf orthografischer Ebene geklärt wäre, dass es aus der Backstube kommt und mit dem Corpus eines Maurers rein gar nichts zu tun hat. Wenn man durch den Maurerkalender für 2016 blättert, der jetzt vorgestellt wurde, dann muss man sich sogar fragen, warum die Roggensemmel überhaupt nach dieser Zunft benannt ist. Das Druckwerk zeigt gut gebaute Männer mit bloßem Oberkörper, deren Ernährungsplan eine Brotzeit mit Laiberl, Leberkäs und Bier wohl ganz schön durcheinander bringen würde.
Nun sind die Zeiten, als Baustellen häufiger von Brauereifahrzeugen heimgesucht wurden als von Betonmischern, ja längst vorbei, auf dem Bau ist Wasser angesagt - und das nicht nur zum Mörtel anrühren. Nur Nostalgiker werden vielleicht einwenden, dass damit manchem Gemäuer doch die individuelle Note fehle. Der Umgang mit Stein und Beton mag nüchtern wirken, doch er - man darf es so sagen - stählt den Körper. Auch den der Maurer aus der Region, denn einer aus ihren Reihen posiert für das November-Blatt.
Der eigentliche Zweck des Kalenders ist es - so ist es jedenfalls der dazu gehörigen Presseinformation zu entnehmen - Nachwuchs zu werben nach dem Motto "Maurer sein ist cool, spannend und sexy". Und das offenbar besonders in den Arbeitspausen. Denn wer glaubt, dass es da ums Essen, Trinken oder Ausruhen geht, der kann nur Bauklötze staunen angesichts der im Kalender nachgestellten Szenarien. Der Maurer von heute braucht zur Stärkung am Arbeitsplatz weder Wurstsemmel noch Tee aus der Thermoskanne, ihm genügt der Besuch der Liebsten. Und damit die sich dort ihre modische Kleidung nicht schmutzig macht, kommt sie praktischerweise gleich in Unterwäsche. Also im Grunde doch fast wie im richtigen Leben.
Ein normalerweise doch verhältnismäßig sauberer Schreibtisch bietet solch einschlägige Voraussetzungen für Erholungspausen schon mal nicht. Und der Umgang mit der Tastatur ist auch nicht das ideale Workout für die Figur. Ja, Maurer hätte man werden sollen!