Mitten in der Region:Krieg im Supermarkt

Vier Tage müssen oft ganze Horden von Familienmitgliedern verköstigt werden. Das geht nur generalstabsmäßig

Von Gerhard Wilhelm

Weihnachten ist ja eigentlich ein Fest der Besinnung, der Ruhe, eine Zeit der Einkehr. Gerne wird auch von der stillen Zeit geredet. Seufz. Wäre das schön, wenn es tatsächlich so wäre. Doch der Wahnsinn beginnt mittlerweile schon im August, wenn die ersten Lebkuchen in den Geschäften auftauchen. Und wer sich nicht spätestens im September zumindest gedanklich um Weihnachtsgeschenke kümmert, der hat schon fast verloren.

Die Monate November und Dezember - das Weihnachtsgeschäft − sind im Einzelhandel die umsatzstärksten Monate des Jahres. "Geschäft" drückt dabei das aus, was Weihnachten für viele ist. Und je näher es auf den 24. Dezember zugeht, umso mehr dominieren Hektik und Stress. Natürlich gibt es immer ein paar "Aussteiger", die dem ganzen entfliehen wollen, in dem sie wegfliegen, ganz weit weg. Weihnachten unter Palmen mit ganz viel Sonne statt Schnee. Aber wenn das mit der Klimaerwärmung so weiter geht, können wir auch hier bald die Palmen im Winter draußen lassen. Für die Daheimgebliebenen heißt es so oder so: Da muss man durch.

Mit ein bisserl Planung ist es auch zu schaffen. Spätestens am 23. Dezember ist alles erledigt, die Geschenke sind gut vor den Kindern versteckt, der Kühlschrank gefüllt. Sind außerdem nur zwei Feiertage. Wer Glück hat und an Heilig Abend nicht arbeiten muss, der hat drei ganze Tage frei. Allerdings nicht in diesem Jahr, denn der 24. ist ein Donnerstag. 25. und 26. sind Freitag und Samstag. Und darauf folgt bekanntlich ein Sonntag, an dem die Geschäft zu sind. Von 24. Dezember, in der Regel 13 Uhr, bis Montag, 28. Dezember, ist heuer also alles dicht.

Jetzt herrscht schon an einem "normalen" Weihnachten in den Lebensmittelgeschäften Ausnahmezustand. Aber in diesem Jahr dürfte die Definition "Krieg" passender sein. Vier Tage ohne die Chance, noch etwas einzukaufen! Vier Tage müssen oft ganze Horden von Familienmitgliedern verköstigt werden. Das geht nur generalstabsmäßig mit einem Einkaufszettel, der vermutlich länger ist als die Schleppe von Diana bei ihrer Hochzeit. Horden von Menschen mit Einkaufswagen werden sich durch die Gänge im Laden schieben und der Stau vor der Kasse wird so lang sein, dass man schon am Eingang quasi ansteht. Hoffentlich verirrt sich kein Flüchtling in der Zeit in einen Lebensmittelladen. Angesichts dessen, was sie auf ihrer Flucht alles erleiden mussten, können sie sich nur eines denken: "Haben die Deutschen einen Knall?"

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