Misswahl:Haarscharf an der Blamage vorbei

Als die Wahl zur zweiten Miss Wartenberger Volksfest um 18 Uhr beginnen soll, stehen die Veranstalter mit drei Preisen und einer Kandidatin da. Nach der Gruckingerin Stephanie Pfeil wird es keine weitere Siegerin mehr geben

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Zwei junge Frauen aus Grucking haben den Markt Wartenberg vor einer peinlichen Blamage bewahrt. Ohne die beiden Schwestern wäre die Wahl zur Miss Volksfest am Sonntagabend beendet gewesen, noch bevor sie begonnen hatte. So gesehen war es denn auch nur gerecht, dass die 17-jährige Stephanie Pfeil zur Siegerin gekürt wurde. Die zweite Miss Wartenberger Volksfest wird aber zugleich auch die letzte sein.

Um 17.30 Uhr lehnen Karin Heisig, die vor einem Jahr die Idee zur ersten Miss-Wahl hatte, und Moderator Robert May, der vor einem Jahr durch die Premiere führte, noch ziemlich lässig am Festzelteingang. Schau ma mal, wie viele Kandidatinnen es werden, sagt May. Konkreter will er nicht werden, das übernimmt dafür der Wartenberger Bürgermeister Manfred Ranft. Vier haben gemeldet, sagt er. Die Prognose ist gesichert, weil er schon in den Meldekasten geschaut hat. Unsicher ist aber, ob die Damen auf den vier Zetteln auch kommen. Eine Skepsis, die bei einer gewissen Arnoldine Friederer durchaus angebracht erscheint. Doch damit nicht genug: Als die Misswahl um 18 Uhr beginnen soll, stehen die Veranstalter mit drei Preisen und einer Kandidatin da.

Es wird hektisch. Ranft verlangt nach einem oder zwei oder auch 15 Mädchen. Dass schon ein Tag vorher Meldeschluss war, ist jetzt egal. May sagt, "wo ich bin, ist die Harmlosigkeit zu Hause" und macht dabei ein Gesicht, als wolle er im nächsten Moment Rotkäppchens Großmutter verspeisen. Zu verdanken ist die Verstärkung aus Grucking Vreni Stürzl, die sich im Vorjahr den Miss-Titel abgeholt hatte. So ziemlich jede Dirndlträgerin im Zelt wird von ihr bekniet, doch noch mitzumachen. Sie selbst will aber nicht auf die Bühne: "Es wäre doch blöd, wenn ich wieder gewinnen würde". Festzelt-Organisator Sepp Neumayer rückt an und hat tatsächlich zwei Dirndlträgerinnen im Arm. Die Freude über die Verstärkung währt nur kurz. Eine der beiden ist aus Erding, darf also nicht mitmachen. Die andere stammt zwar aus Wartenberg, verweigert aber die Teilnahme, wenn diese nicht auch der Freundin erlaubt wird. Das wird also auch nix.

So betreten um 18.45 Uhr die Wartenbergerinnen Corinna Egger und Sabina Siebenbürger, die Vorjahresteilnehmerin hatte sich kurzfristig noch einmal breitschlagen lassen, sowie die Schwestern Stephanie und Julia Pfeil aus Grucking die Bühne. Die vier stellen sich und ihre Hobbys vor. Danach wird wenig Zeit verloren. Im Handumdrehen steht eine Holzkuh mit Gummieuter vor dem Quartett und die jungen Damen sollen aus den Zitzen innerhalb einer Minute via "Extrem-Melking", so nennt May den Vorgang, möglichst viel giftgrüne Pseudomilch in eine Schüssel bekommen. Jeweils einen Nagel müssen die Mädels mit einem kleinen Hammer in einen Haustock treiben, dank eines möglichen Publikumsjokers werden auch die kniffligeren Wissensfragen beantwortet und beim Masskrugstemmen stellen alle vier unter Beweis, wie viel Kraft in einem zierlichen Körper stecken kann. Dann aber kommt der Moderator auf die verhängnisvolle Idee, die Mädels zu einem Fischsemmelwettessen zu drängen. Schon vor dem ersten Biss ist bei allen der Widerwillen deutlich, mit dem die Aufgabe in Angriff genommen wird. Und für eine sollte die Übung ein richtig übles Nachspiel haben.

Die Bewerberinnen räumen die Bühne, die Jury berät sich zügig - wenigstens der Schlussakkord soll pünktlich gesetzt werden. Moderator May macht es jedenfalls nichts aus, dass vor ihm bei der Siegerehrung nur drei Mädels stehen. Den 100-Euro-Gutschein für die drittplatzierte Corinna kann er nicht überreichen. Der Armen ist die Lachssemmel nicht bekommen, vornehm ausgedrückt: Sie ist unpässlich. Sei's drum. Der fröhliche May gratuliert Julia zu Platz zwei und überreicht ihr einen Einkaufsgutschein über 200 Euro. Den Hauptpreis in Form eines Gutscheins über 500 Euro kann Stephanie einheimsen.

Die freudestrahlende Siegerin verkündet potenziellen Kandidatinnen im Festzelt, dass sie ja nicht mitmachen wollte, "aber jetzt würde ich es wieder tun". Ob ihr Aufruf im nächsten Jahr mehr junge Damen zur Teilnahme ermutigt hätte, wird sich nicht feststellen lassen. Die zweite Miss Volksfest wird zugleich die letzte sein, eine dritte Auflage wird Wartenberg nicht mehr erleben. Bürgermeister Ranft sagt Minuten nach der Veranstaltung, nächstes Jahr sei mit dem 50-jährigen Jubiläum ein besonderes Jahr. "Da müssen wir etwas ganz anderes machen. "

Derweil steht Corinna neben dem Toilettenwagen. Sie hat noch immer Tränen im Gesicht.

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