Milchwirtschaft:"Für viele Betriebe geht es um die Existenz"

Milchwirtschaft: Am Montag war während des milchwirtschaftlichen Frühschoppens nur gut ein Fünftel der Plätze belegt.

Am Montag war während des milchwirtschaftlichen Frühschoppens nur gut ein Fünftel der Plätze belegt.

(Foto: Renate Schmidt)

Nur noch 30 Cent für den Liter: Der sinkende Milchpreis war das große Thema beim milchwirtschaftlichen Frühschoppen in Taufkirchen. Manche Bauern im Landkreis können da nicht mehr mithalten - und geben auf

Von Phillipp Schmidt, Taufkirchen

Es war das Top-Thema, das auf dem milchwirtschaftlichen Frühschoppen während des Taufkirchener Volksfestes für schlechte Stimmung unter den Bauern sorgte: Der Milchpreis, der im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken ist. "Der Milchpreis ist derzeit nicht zufrieden stellend", das musste sogar Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) einräumen.

Ansonsten versuchte der Landrat aber Optimismus zu verbreiten. Er sieht die Milchbauern im Landkreis für die Zukunft "gut gerüstet", er wünsche sich auch weiterhin "einen starken milchwirtschaftlichen Landkreis Erding". Im immer noch stark land- und milchwirtschaftlich geprägten Landkreis werde in 850 Betrieben in der Milchwirtschaft gearbeitet: "Dies zeigt eindeutig, wie wichtig dieser Wirtschaftszweig nach wie vor für den Landkreis ist." Etwas skeptischer äußerte sich allerdings Korbinian Empl. In seiner Funktion als Vorstandsmitglied der Taufkirchener Milchverwertungsgenossenschaft verglich er die aktuelle Situation der Milchbauern mit einer Fahrt auf der Titanic: Nur wenn es gelinge, die vielen Eisberge zu umfahren, also die enormen Herausforderungen zu meistern, könne der Untergang des Milchdampfers vermieden werden. Empl sagte, dass die Milchverwertungsgenossenschaft in Taufkirchen - die ihre Milch an die Molkerei Meggle verkauft - in den vergangenen Jahren ein Drittel der Milchbetriebe verloren habe und die Zahl der Betriebe von 186 auf 123 gesunken sei. Diese Entwicklung wirkte sich auch auf die Veranstaltung im Festzelt aus, das gerade noch zu etwa einem Fünftel gefüllt war - vor zehn Jahren war das Zelt noch voll. "Für viele Betriebe geht es um die Existenz", sagte Empl. Der Milchpreis werde kurzfristig wohl auch nicht besser werden, sagt er und appellierte an die Verantwortlichen in den Betrieben, sich bei den Verhandlungen mit Vertretern gerade der aggressiv auftretenden Lebensmitteldiscounter für höhere Milchpreise einzusetzen. Franz Mayer, Geschäftsführer für den Rohstoffeinkauf der Molkerei Meggle, sagte, dass der globale Milchpreis nach guten Jahren nun unter Druck gekommen und die Volatilität hoch sei. 2013 und 2014 seien noch zwei gute Jahre gewesen, während denen der Milchpreis bei fast 38 und 39 Cent je Liter lag. 2015 sei aber wieder ein "sehr schwieriges Jahr": Aktuell sei der Milchpreis auf etwa 30 Cent abgesackt, langfristig hofft Mayer aber wieder auf steigende Preise: "Es geht eben in dieser Branche rauf und runter. Das Preisniveau wird langfristig auch wieder nach oben gehen, aber wir müssen jetzt durch ein schwieriges Jahr mit Geduld durch kommen." Mayer gab einige Zahlen zum internationalen Absatz von Milch bekannt: Die Milchproduktion liegt in der EU in diesem Jahr um etwa zwei Prozent über dem sowieso schon hohen Vorjahresniveau - denn kleine Länder produzierten mehr. Neben der EU steige aber auch in den USA und Neuseeland die Milchmenge leicht an.

Die Nachfrage nach Milch am heimischen Markt sei in diesem Jahr zwar stabil, aber stagnierend. Beim größten Milch-Importeur China ist die Nachfrage stark gesunken, und nach Russland, dem früher wichtigsten EU-Milchabnehmer, dürfe wegen des Embargos ein weiteres Jahr keine Milch geliefert werden. Das führt in Russland zu steigenden Preisen. Ein wenig mehr Milch wird nur in Italien getrunken. Mayers Fazit: "Wir dürfen uns von der aktuellen Marktlage nicht entmutigen lassen", sagte er. "Das Preisniveau wird auch wieder nach oben gehen."

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