Mehr Dialyseplätze am Klinikum:Der Bedarf ist groß

Mehr Dialyseplätze am Klinikum: Franz-Xaver Bauer wirbt beim Stadtlauf für Organspenden. Er hat Glück gehabt, denn ihm hat sein Bruder Martin eine Niere gespendet. Wer auf eine Spenderniere warten muss, der muss zur Dialyse.

Franz-Xaver Bauer wirbt beim Stadtlauf für Organspenden. Er hat Glück gehabt, denn ihm hat sein Bruder Martin eine Niere gespendet. Wer auf eine Spenderniere warten muss, der muss zur Dialyse.

(Foto: oh)

Noch im September werden im Nierenzentrum am Klinikum weitere Dialyseplätze eingerichtet. Seit drei Jahren gibt es diese Anlaufstelle. Früher mussten Patienten lange Anfahrtswege in Kauf nehmen

Von Regina Bluhme, Erding

Franz-Xaver Bauer hat Glück gehabt, Riesenglück. Sein Bruder Martin hat ihm vor neun Jahren eine Nieren gespendet und den heute 47-Jährigen somit vor einer kräftezehrenden Dialysebehandlung bewahrt. Mehr als 1400 Menschen warten in Bayern laut Techniker Krankenkasse auf eine Organspende, etwa 1100 von ihnen benötigen eine neue Niere. Für viele Nierenkranke ist ambulante Nierenzentrum Erding eine Anlaufstelle. Dort werden in zwei Schichten täglich 20 Dialysepatienten behandelt. Der Bedarf ist so groß, dass Mitte September eine dritte Schicht eingeführt wird.

20 Patienten in zwei Schichten täglich

Seit drei Jahren müssen Dialysepatienten aus dem Landkreis nicht mehr nach Ebersberg, Freising oder München zur Behandlung fahren. Im Erdgeschoss des Klinikums Erding befindet sich jetzt das ambulante KfH-Nierenzentrum. KfH, das heißt Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation. Der Verein mit Sitz in Neu-Isenburg betreibt bundesweit 200 Einrichtungen, darunter das Nierenzentrum in Freising. Erding sei eine Nebenbetriebsstätte von Freising und biete zehn Dialyseplätze an, sagt Ilja Stracke, Leiterin der KfH-Pressestelle. Behandelt würden 20 Patienten in zwei Schichten pro Tag.

Derzeit werden laut Ilja Stracke "alle Optionen geprüft", um weitere Behandlungsplätze anbieten zu können. "Dazu gehört auch die Verlagerung in den geplanten Erweiterungsbau des Klinikums." Noch befindet sich das Nierenzentrum quasi zur Untermiete in dem Gebäude. Wie es mit den Plänen aktuell aussieht, darüber ist beim Klinikum nicht viel zu erfahren. Wie Pressesprecherin Daniela Fritzen mitteilt, würden sowohl vom Klinikum als auch vom KfH-Zentrum "verschiedene Möglichkeiten geprüft, allerdings gibt es noch nichts Konkretes."

Zusätzliches Personal ist schon eingestellt

Auch Ilja Stracke muss bei den Anbauplänen passen. "Unabhängig davon werden wir aber von Mitte September an im Nierenzentrum Erding weitere zehn Patienten in einer dritten Tagesschicht betreuen", kündigt sie an. Alle Vorbereitungen seien bereits getroffen. "Auch das zusätzliche Personal ist bereits eingestellt worden."

Die Patienten des Nierenzentrums kommen aus Erding und aus dem Umkreis von etwa 15 Kilometern. Die Altersspanne liege zwischen 30 und 80 Jahren, die meisten seien zwischen 50 und 70 Jahren alt. Die Pressesprecherin hat noch mehr Zahlen: Sechs bis acht Jahren betrage die durchschnittliche Wartezeit für eine neue Niere. "Lediglich 2195 Nierentransplantationen konnten 2015 in Deutschland durchgeführt werden", fügt sie hinzu. "Davon rund 70 Prozent dank postmortaler Organspenden."

2007 stand es Spitz auf Knopf für Franz-Xaver Bauer: "Entweder ich bekomme ein Spenderniere oder ich muss an die Dialyse - so war das damals", sagt der 47-jährige Erdinger. Sein Bruder Martin hat ihm dann mit einer sogenannten Lebendspende geholfen. Schon lange engagiert sich Bauer in der lokalen Hilfsgemeinschaft der Dialysepatienten und Transplantierte, und aus vielen Berichten weiß er, wie kräftezehrend und belastend eine Dialysebehandlung ist. Drei bis vier Stunden dreimal die Woche die Blutwäsche, dadurch werde die Lebensqualität, auch das soziale Leben, sehr eingeschränkt, betont er. "Die Liegerei und die Warterei" koste Kraft. "Wenn sie wegfahren, müssen immer schauen, ob es ein Dialysezentrum vor Ort gibt." Das Leben mit einer Nierenerkrankung ist schwer genug.

"Immer müde"

Je nach Krankheitsverlauf müssten die Patienten mit dem Essen sehr aufpassen, berichtet Bauer. Zum Schluss durfte er weder Kartoffeln noch frisches Obst oder Milchprodukte zu sich nehmen. Auch die Leistungsfähigkeit sei stark eingeschränkt. "Ich war immer müde", sagt der Erdinger. Er könne sich noch gut erinnern, wie er vor der Operation bei Kufstein eine Hüttenwanderung unternommen habe. Eine Stunde 45 Minuten habe er für den Aufstieg benötigt. Drei Wochen nach der Nierentransplantation sei er mit seinem Vater wieder zur Hütte. "Wir waren in 48 Minuten oben."

Seit der Operation macht Bauer auch beim Erdinger Stadtlauf mit und wirbt dort für Thema Organspende. Der 47-Jährige würde sich eine grundsätzliche Regelung wie in Österreich wünschen: Dort muss gegen eine Organentnahme ein schriftlicher Widerspruch vorliegen. In Deutschland gibt es den Organspendeausweis, in dem festgelegt ist, ob man einer Organentnahme zustimmt oder nicht. Der Nachteil: "Wenn es keinen Ausweis gibt und der Hirntod festgestellt wurde, werden die Angehörigen gefragt, und die müssen dann in einer ohnehin schrecklichen Situation eine Entscheidung treffen." Bauer ist sicher, dass es wesentlich mehr Transplantationen gäbe, "wenn wir auch die Widerspruchsregelung hätten."

Im ersten Halbjahr 2016 wurden laut Techniker Krankenkasse in Bayern 298 Organe transplantiert, davon 51 als Lebendspende. Insgesamt stehen in ganz Deutschland mehr als 10 000 Menschen bei Eurotransplant auf der Warteliste. Franz-Xaver Bauer hat wirklich Glück gehabt.

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