Markt Schwaben:Durch die Augen eines Hundes

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Protagonist Visi ist zu Besuch in der Grafen-von-Sempt-Mittelschule. Mit dabei sind Bianca Saalfeld, Petra Michel und Peter Michel (von links). (Foto: Christian Endt)

Zwei sechste Klassen der Mittelschule bekommen im Deutschunterricht tierischen Besuch: Autorin Petra Michel hat einen Briefroman aus Sicht ihres Rüden Visi geschrieben

Von Heloise Olufs, Markt Schwaben

Ein Hund im Deutschunterricht? Wohin soll das denn führen? Die Klassen 6a und 6b der Mittelschule in Mart Schwaben hatten Besuch von einem süßen Vierbeiner, denn der Hund ist Protagonist einer Art tierischen Autobiografie, die beide Klassen gelesen haben. Nun durften sich die Schüler mit Hundemama und Autorin Petra Michel sowie dem Verleger Peter Michel unterhalten.

Das Buch handelt von wahren Begebenheiten, dem bisherigen Leben von Visi, einem zweijährigen Australian Shepherd: Bei einem Züchter kommt Visi zur Welt, mit wunderschönem geschecktem Fell und blauen Augen. Eigentlich ein Volltreffer, doch der Rüde ist taub und damit auf dem Markt nichts wert - er soll eingeschläfert werden, also "in den Himmel kommen". Glücklicherweise wird er von einer jungen Frau gerettet. Doch schon bald darauf geht diese an die Universität und muss den Hund an ihre Mutter, Petra Michel, geben. Weil die Tochter, die Old Mom, todunglücklich an der Uni ist und nicht auf die Nachrichten ihrer Mutter antwortet, sieht diese nur eine Möglichkeit, wieder in Kontakt zu treten: Sie schreibt Briefe aus Sicht des Hundes, in denen sie als New Mom erwähnt und der neue Alltag des Hundes geschildert wird. Die gebundene Sammlung dieser Briefe wurde nun unter dem Titel "Was ist Himmel?" veröffentlicht. Neben den oftmals lustigen Beschreibungen des Hundelebens tauchen Visis Briefe immer wieder in die Welt der Philosophie ein. Vor allem stellt sich der Hund die Frage, wo er wohl ohne Old Mom geendet wäre...

Dass die Schüler die verschiedenen Themen des Buchs - Himmel, Religion, Tod und Freundschaft - gut verstanden haben, zeigte die Fragerunde. Die Kinder löcherten die Autorin mit Fragen, während Visi sich schnuppernd durch das Klassenzimmer bewegte. "Woher wissen Sie denn, was Visi denkt?", wollte jemand wissen. "Das ist ganz einfach. Ich schaue durch meine Augen in die seinen." Mehr brauche es nicht, nur eine ordentliche Portion Aufmerksamkeit und Gefühl. Natürlich wollten die neugierigen Schüler auch wissen, was denn nun der Himmel sei. Auch darauf wusste New Mom zu antworten: "Der Himmel ist ein Ort, der in einem selber zu suchen ist." Er sei eine Idee, ein Konzept, dass jeder für sich selbst entdecken und entwickeln müsse. Die Kinder stimmten zu und machten auf die kulturellen Unterschiede aufmerksam, die Grund für die persönliche Interpretation des Wortes Himmel sein können. So erklärte ein muslimisches Mädchen, was der Koran über den Tod und das Leben danach sage.

Die beiden Lehrerinnen und Organisatorinnen des Zusammentreffens, Bianca Saalfeld und Eva Guerin, moderierten das Gespräch. "Das Buch hat den Kindern unglaublich viel Spaß gemacht", betonte Guerin. "Die Sprache ist einfach und humorvoll, dennoch sind die Themen anspruchsvoll." Der Roman sei aber auch für Erwachsene eine rührende und unterhaltsame Beschäftigung: "Während des Lesens hatte ich manchmal Tränen in den Augen." Die elfjährige Lena zeigte sich ebenfalls begeistert: In gerade mal acht Tagen habe sie das Buch gelesen - vielmehr verschlungen. Besonders gut habe ihr gefallen, dass die Geschichten von einem kleinen Hund erzählt werden, sodass man das Denken eines Tieres erleben könne. Eine Fortsetzung des Romans würde sie auf jeden Fall lesen.

Die Möglichkeit eines zweiten Buches möchte Verleger Peter Michel nicht ausschließen. Er findet insbesondere "die Symbiose zwischen Old und New Mom" wertvoll, und die "Art und Weise, wie die beiden mit Visi kommunizieren. Das geht über den Rahmen des Alltäglichen hinaus." Viele Bücher über die Tier-Mensch Beziehung habe der Aquamarin-Verlag schon herausgegeben, diese seien aber sehr sachlich. "Petra hat es nun geschafft, die jüngeren Leser anzusprechen. Damit wird der Grundbaustein für eine ganz neue, hoffentlich sehr viel positivere und fairere Behandlung von Tieren gelegt, weil die Kinder sich mit dem Tier identifizieren können", sagt der Verleger.

© SZ vom 13.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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