Mangel an bezahlbarem Wohnraum:Mitarbeiter verzweifelt gesucht

Die Geschäfte laufen prima und doch plagen Unternehmen in den Landkreisen Erding und Freising Sorgen. Im IHK-Regionalausschuss berichten Betriebe von der schwierigen Suche nach Arbeitskräften

Von Regina Bluhme, Erding

Die Wirtschaft in den Landkreisen Erding und Freising brummt. "Bei uns läuft es sehr, sehr gut", erklärten die Delegierten unisono beim IHK-Regionalausschuss im Victory Hotel in der Therme Erding. Allerdings gibt es Stolpersteine auf der Erfolgsspur und der größte ist der Mangel an Arbeits- und Ausbildungskräften. Auch da waren sich die circa zwanzig versammelten Unternehmer und Betriebsleiter einig. Abhilfe sollen höhere Gehälter schaffen. Aber auch das zieht nicht immer, wenn der bezahlbare Wohnraum fehlt, der nächste Stolperstein. Weil ausgebildetes Personal ohnehin kaum zu bekommen ist, bilden die Betriebe verstärkt selber aus. Was durchaus Chancen bieten kann, wie Teilnehmer berichteten.

"Tischumfrage" lautete der Programmpunkt 4 der Sitzung. Auf Einladung von Otto Heinz, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Regionalausschusses Erding-Freising, berichteten die Ausschussmitglieder aus ihren Unternehmen. "Es geht uns blendend", "Wir können wirklich nicht klagen", "Es passt alles": Diese drei Sätze wurden reihum wiederholt. Mehrere Teilnehmer berichteten über die starken Mitbewerber aus dem Münchner Raum und dass auch die Gehälter angepasst werden müssten. "Die Gehälter schwappen aus München zu uns rüber", betonte ein weiterer Delegierter. Von gestiegenen Personalkosten berichteten fast alle.

Ein Firmenchef hat eine Arbeitskraft über eine Zeitarbeitsfirma gefunden. Er wolle den Mitarbeiter eventuell übernehmen und im Betrieb ausbilden, "so komme ich vielleicht zu einer Fachkraft", sagt er. Einen Facharbeiter auf dem freien Markt zu bekommen, "das kann man gleich vergessen." Vielleicht könne man ja mit der Ausbildung im Haus den Mitarbeiter besser zum Bleiben motivieren, fügte ein weiterer hinzu.

Ein Teilnehmer erklärte, der Mangel biete doch auch Chancen. Es sei schließlich nicht schlecht, wenn der Nachwuchs im eigenen Hauses ausgebildet werde. Zum anderen sei es jetzt so, "dass sich die Betriebe bei den Bewerbern bewerben müssen". Die Firmen würden sich mehr anstrengen und mehr engagieren "und die besseren Betriebe finden auch die besseren Bewerber".

Doch es gibt noch mehr Stolpersteine, von denen die Delegierten berichteten. Das ist natürlich der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, der beklagt wurde. Er habe inzwischen zwei Wohnungen extra für seine Mitarbeiter angemietet, sagte ein Firmenchef. Der eine stamme aus Ungarn, der andere aus Kroatien und so hätten sie zumindest für die erste Zeit nach dem Zuzug eine erschwingliche Bleibe.

Andere wiederum betonten, dass auch ein höheres Gehalt oft nichts bringt, weil die Arbeitszeit nicht attraktiv ist. So wollten zum Beispiel vor allem junge Leute nicht am Wochenende arbeiten, lautete eine Erfahrung. Ein weiterer Firmeninhaber berichtet, er rette sich mit dem Angebot des Dualen Studiums, also die Kombination von Ausbildung und Universitätslehre. "Akademiker kriegt man leichter", lautet seine Erfahrung. Ein Vertreter eines Immobilienbüros wusste zu berichten, dass er "jeden zweiten Tag ein Grundstück" angeboten bekomme, gezahlt würden immer noch "Höchstpreise". Allerdings bräuchten die Kunden "immer länger, bis sie die Finanzierung beieinander haben". Dies liege aber auch an den vielen neuen Regularien für die Geldinstitute, erklärte ein Bankenchef. "Wir dokumentieren uns zu Tode."

Die gute Ausgangslage für die Unternehmen und Betriebe untermauerte IHK-Chefvolkswirt Robert Obermeier. Im IHK-Bereich Bayern und Region München sei der Konjunkturindex "noch nie so gut wie jetzt" gewesen. Seit fünf, sechs Jahren gehe es permanent bergauf, auch mit den Investitionsplänen. Allerdings rücke die Sorge wegen fehlender Flächen für Betriebserweiterungen verstärkt in den Fokus.

Ein neuer Stolperstein wartet ab August 2018 auf die Unternehmer: Die EU-Datenschutz-Grundverordnung, mit der europaweit Datenverarbeitung geregelt werden soll. "Das wird uns alle einholen", prophezeite Otto Heinz. Niemand wisse im Moment, wie sich die Verordnung auswirken werde. Die IHK werde versuchen, durch Seminare und Veranstaltungen die Mitglieder zu informieren.

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