Mai-Kundgebung:"Die Bedingungen passen nicht"

DGB fordert in Freising höhere Löhne und Renten

Von Gudrun Regelein, Freising

Der 1. Mai habe nicht nur im Terminkalender der Gewerkschaftler, sondern auch in dem der Politiker einen festen Platz, sagte Landrat Josef Hauner bei der Mai-Kundgebung des Freisinger Ortsvereins des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im Lindenkeller. Er biete ein Forum, sich mit den Arbeits- und Lebensbedingungen zu beschäftigen und die Problemfelder aufzuzeigen. Und davon gibt es viele: Im Landkreis seien das neben dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum und einer wachsenden Zahl an älteren Menschen, die einerseits zwar erfreulich sei, andererseits aber auch Probleme mit sich bringe, die "Bewältigung des Themas Asyl".

Die Versorgung der vielen Flüchtlinge sei gelungen, nun gehe es darum, diejenigen, die bleiben, zu integrieren. "Bei dieser Aufgabe müssen wir mit Augenmaß vorgehen. Die angestammte Bevölkerung, die auch Probleme hat, darf nicht das Gefühl haben, dass wir uns nur um diesen Personenkreis kümmern", betonte der Landrat.

Der DGB-Kreisvorsitzende Guido Hoyer ging vor allem auf die wachsende Altersarmut ein, die er als "riesigen Skandal" bezeichnete, der nicht hinnehmbar sei - die gesetzliche Rente müsse für ein Leben in Würde ausreichen. Aber auch der Mindestlohn gehört für Hoyer auf den Prüfstand. Die Arbeitslosenquote im Landkreis sei zwar relativ niedrig, aber die Rahmenbedingungen - die hohen Lebenskosten und Mietpreise - passten nicht, betonte auch Bürgermeisterin und Grünen-Stadträtin Eva Bönig. "Ein Mindestlohn von 8,84 Euro langt nicht für eine gleichberechtigte Teilhabe im Landkreis", sagte die Politikerin. Das diesjährige Motto des 1. Mai, "Wir sind viele. Wir sind eins", spreche jeden an. "Es bedeutet, dass wir uns nicht auseinander dividieren lassen dürfen", betonte Bönig unter dem Beifall der etwa 60 anwesenden Gewerkschaftler. Der Hauptredner der DGB-Kundgebung, Conrad Schuhler, Leiter des Münchner Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung, wies im Lindenkeller darauf hin, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland noch nie zuvor so groß gewesen sei. Wenigen Superreichen stehe eine wachsende Zahl an armen Bundesbürgern gegenüber: Inzwischen sei bereits fast jeder Sechste in Deutschland arm. Ein Grund dafür sei die wachsende Zahl an "atypisch Beschäftigten", also Menschen in Teilzeitjobs oder mit befristeten Arbeitsverträgen. Das seien bereits 43 Prozent der etwa 40 Millionen Arbeitnehmer, nur etwa 55 Prozent arbeiteten Vollzeit. "Stolz über das Erreichte ist nicht angebracht, sondern Zorn und Wut. Und die feste Entschlossenheit, diesen Zustand zu verändern", sagte er kämpferisch.

Eine "ehrliche" Lohnerhöhung von fünf bis sieben Prozent sei notwendig, um Teilhabe zu ermöglichen. "Die müssen wir nicht nur fordern, sondern durchsetzen", betonte Schuhler. Der Hinweis des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, hart arbeitende Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und für einen gerechten Lohn sorgen zu müssen, sei zwar richtig. "Aber die SPD hat in den vergangenen Jahren ihren Teil dazu beigetragen, dass die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland größer wurde." Auch auf die Rente, für ihn eines der zentralen Themen, kam Schuhler zu sprechen: "Alles was sicher ist, ist, dass die Altersarmut wächst."

Wie wichtig es gerade am 1. Mai, dem Tag der Solidarität, sei, sich zu positionieren, betonte Guido Hoyer. Er rief dazu auf, sich bei der Demonstration gegen die NPD-Veranstaltung zu beteiligen. "Unsere Freiheit ist ein Gut, das wir verteidigen müssen", sagte Eva Bönig. Die Gewerkschaftler protestierten anschließend mit etwa 80 anderen am Kriegerdenkmal, wo sich gegen 13 Uhr etwa 15 NPD-Aktivisten versammelt hatten.

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