Logistikhalle für Erding:Die Skepsis überwiegt

Logistikhalle für Erding: Erding ersticke schon jetzt im Verkehr, das sagt der Grünen-Stadtrat Günther Kuhn.

Erding ersticke schon jetzt im Verkehr, das sagt der Grünen-Stadtrat Günther Kuhn.

(Foto: Peter Bauersachs)

Die VIB Vermögen AG präsentiert erstmals ihre Pläne für eine 80 000 Quadratmeter große Logistikhalle. Viele Stadträte haben vor allem die heimische Wirtschaft im Blick. Und sie machen sich auch Sorgen

Von Antonia Steiger, Erding

Mit großer Skepsis, teilweise auch mit Ablehnung haben die Erdinger Stadträte am Dienstag auf die Ausführungen von Martin Pfandzelter reagiert, dem Vorstandsvorsitzender der VIB Vermögen AG. Er präsentierte mit der Stadtverwaltung die Pläne für ein Gewerbegebiet im Westen Erdings an der Ecke Dachauer und Sigwolfstraße. Dort sollen Erdinger Betriebe Platz finden für Erweiterungen, dort soll auch ein Recyclinghof entstehen: Dagegen hat keiner etwas. Daneben aber plant die VIB Vermögen eine 80 000 Quadratmeter große Halle für Leichtindustrie und Logistik. Am meisten schreckt die Stadtpolitik die Aussicht auf noch mehr Verkehr. Fragen stellten sich aber auch nach der Rekrutierung von Arbeitskräften in einer Region, in der Vollbeschäftigung herrscht, und nach der Art der Nutzung der Halle.

Wieder fiel der Name BMW als mögliche Nutzerin der Halle. Pfandzelter hatte schon vor zwei Wochen vor Erdinger Unternehmern gesagt, dass BMW nach Flächen für Logistik und Vorfertigung suche. Bestätigt hatte der Automobilkonzern diese Kontakte zu VIB jedoch nicht. Pfandzelter fügte im Stadtrat an, dass neben Erding auch Freising und Neufahrn im Gespräch seien. Aus dem Freisinger Rathaus war zu erfahren, dass es Nachfragen für eine Fläche gebe, für die sich das Unternehmen Transgourmet interessiert hatte. Es war aber abgesprungen, weil der Widerstand in der Bevölkerung ein Gelingen des Projektes unwahrscheinlich gemacht hatte. Es gebe vier Interessenten, bestätigte OB Tobias Eschenbacher auf Nachfrage der SZ. Wer diese Interessenten sind, sagte er nicht.

Die Erdinger Stadträte treibt die Angst um, dass eines Tages in der Halle ein Logistiker einzieht, der keine hochwertigen Arbeitsplätze anbietet, dafür aber mit seinen Autos die Straßen verstopft und zudem keine Gewerbesteuer in Erding zahlt. Die noch zu klärende Frage ist, ob so etwas mit dem Bebauungsplan zu verhindern ist. Pfandzelter sagte, es gebe ein Lärmschutzgutachten, demzufolge dort durchschnittlich nur 28 Lastwagen pro Stunde zusätzlich fahren dürften. Deswegen habe die Hochfrequenzlogistik kein Interesse. "Mein Herz hängt auch nicht an BMW", fügte er an. Er zeigte sich überzeugt davon, dass auch andere Firmen großes Interesse hätten. "Diese Flächen werden im Umland von München gesucht."

Zu der Frage der Nutzung kommt die Frage, ob die Straßen den Verkehr aufnehmen können. Dass die Flughafentangente Ost schon jetzt überlastet sei, darauf wiesen etliche Redner hin. Dass Erding schon jetzt im Verkehr ersticke, sagte Günther Kuhn von den Grünen. Laut einem Gutachten des Professors Harald Kurzak würden die bestehenden Straßen und auch die Kreisverkehre die zusätzliche Belastung jedoch verkraften, es bräuchte lediglich eine zusätzliche Spur an einem Kreisverkehr für die abfahrenden Lastwagen.

Jeder im Stadtrat wünscht sich, dass auf diesem Gelände das heimische Gewerbe zum Zug kommt. Bei einer unverbindlichen Abfrage vor zwei Wochen stellte sich heraus, dass es einen Bedarf von 40 000 Quadratmeter gebe, möglicherweise auch mehr. Vorgesehen sind jedoch nur 20 000 Quadratmeter. Vier Autohäuser haben Interesse angemeldet, das entspräche nicht dem ursprünglichen Konzept, sagte Pfandzelter. Ob der Gewerbehof größer werden könne, blieb unklar. Das hänge von der "Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojektes" ab. Derzeit sei man bei einem Preis von 295 Euro pro Quadratmeter für die Erdinger Gewerbetreibende. Die VIB Vermögen gebe die Flächen zum Selbstkostenpreis ab, sagte Pfandzelter.

Unterschiedliche Sichtweisen gibt es auch auf den geplanten 6000 Quadratmeter großen Recyclinghof und die 60 000 Quadratmeter Grünflächen. Das "Geschenk des Recyclinghofes" dürfe man nicht kleinreden, sagte Burkhard Köppen (CSU). Petra Bauernfeind (FW) befand, dies sei ein normaler Vorgang im Rahmen der Abschöpfung. Als Naherholungsgebiet, wie es Pfandzelter gesagt hatte, könne sie die Grünflächen nicht einstufen. Laut Pfandzelter wurde das Grün zusammen mit Anton Euringer geplant, dem früheren Leiter der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt. Bis zu 100 Meter breit könnte der Streifen sein.

Das Bauamt hatte selbst in einem Film die Lage der Baukörper für Halle und Gewerbehof dargestellt. VIB hatte wohl auch einen Film fabriziert, in dem aber vor lauter Bäumen nichts von der Halle zu sehen gewesen wäre, wie Stadtbaumeister Sebastian Henrich erklärte. Wer sich an der Wuchtigkeit der Halle störte, wie Hubert Niestroy (SPD), dem hielt Henrich entgegen, dass mit einer größeren Halle Fläche gespart werden würde und dass eine große Halle auch nachhaltiger wäre, weil sie im Inneren flexibler zu nutzen sei.

Es bleibt noch viel Klärungsbedarf. Gotz machte klar, dass der Stadtrat das Tempo vorgebe. Das war ein Signal an Pfandzelter, der gesagt hatte, dass er unter Zeitdruck stehe. Keiner werde eine "Kröte schlucken", um den erwünschten Gewerbehof zu bekommen. Es gehe darum, dass am Ende eine Planung stehe, zu der jedermann "guten Gewissens" seine Zustimmung geben könne. Entschieden wurde dieses Mal nichts.

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