Lengdorf:In vier Wochen ist Baubeginn für die A 94

Lengdorf: "A 94 nie!": Die Kurzformel des jahrzehntelangen Widerstands ist nur noch eine trostlose Erinnerung.

"A 94 nie!": Die Kurzformel des jahrzehntelangen Widerstands ist nur noch eine trostlose Erinnerung.

(Foto: Renate Schmidt)

In Lengdorf gibt es bei einer Info-Veranstaltung nur vage Erklärungen. Aber so viel ist klar: Die 33 Kilometer zwischen den Autobahnenden bei Pastetten und Heldenstein werden für knapp vier Jahre zu einer einzigen Großbaustelle

Von Florian Tempel, Lengdorf

Der große Saal im Obergeschoss des Gasthauses Menzinger war brechend voll. Mehr als 500 Männer und Frauen aus dem Isental waren am Mittwochabend gekommen. Es ging um die A 94. Die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) staunte und freute sich: "Ich bin überwältigt von der regen Teilnahme." Und der Präsident der Autobahndirektion Südbayern, Wolfgang Wüst, sagte, er habe schon viel erlebt, aber so viel "Zuspruch" noch nicht. Wüst war sicher nie dabei, wenn früher die Aktionsgemeinschaft gegen die Isentalautobahn in den dann nicht selten ebenso vollen Streibl-Saal in Dorfen eingeladen hatte. Wer seinerzeit kam, dem ging es tatsächlich um Zuspruch: für den Widerstand gegen die A 94. Nicht so wie jetzt, da die Isentalautobahn gebaut wird und der CSU-Kreisverband zu einem "Informationsabend" eingeladen hatte.

Die vielleicht zentrale Information kam vom Projektleiter des Autobahnbaus, Nikolaus Arndt: "Wir werden uns von Beginn weg auf der ganzen Strecke bewegen." Das heißt: Die 33 Kilometer zwischen den beiden derzeitigen Autobahnenden bei Pastetten und Heldenstein werden für knapp vier Jahre zu einer einzigen, riesigen Großbaustelle. Die Arbeiter seien bereits unterwegs, sagte Arndt, um auf der Trasse Bäume und Büsche zu roden, wo das noch nicht geschehen sei, und die letzten Wurzelstöcke aus dem Boden zu reißen. In vier Wochen werde man dann damit beginnen, auf dem Streckenverlauf Baustraßen anzulegen und noch einige Behelfsbrücken zu errichten. Ist das geschafft, sollen im April die Arbeiten für die vier Großbrücken über die Isen bei Lengdorf und östlich von Dorfen über die Goldach, die Ornach und den Rimbach starten. Im Mai und Juni werde "großflächig" der Humus aus der Trasse abgetragen. Im Juli gehe es dann richtig los, sagte Arndt, mit den ganz großen Lastwagen und Kippern, die Millionen Kubikmeter Erde abtransportieren werden.

Arndt ist Angestellter der Firma Berger Bau. Das Passauer Unternehmen hat zusammen mit der zum niederländischen Royal BAM Group gehörenden Unternehmen Wayss & Freytag sowie dem französischen Konzern Eiffage ein internationales Konsortium gebildet. Für den Bau der Isentalautobahn und Betrieb von insgesamt 77 Kilometern A 94 bis zum Jahr 2046 erhält das Firmenkonsortium als Auftragsnehmer des Projekts in Öffentlich-Privater-Partnerschaft (ÖPP) insgesamt 1,1 Milliarden Euro vom Bund.

Wie hoch die reinen Baukosten für die Isentalautobahn sind, wollte der Präsident der Autobahndirektion nicht sagen. Das seien interne Aspekte des Vertrags mit der Isentalautobahn GmbH & Co. KG, sagte Wüst. Er könne aber versichern, dass es ein guter Deal sei: "Wir hätten den Vertrag nicht schließen können, wenn wir die Wirtschaftlichkeit nicht hätten nachweisen können." Auch zu den aus dem Saalpublikum gestellten Fragen, wie hoch das Eigenkapital der Projektgesellschaft sei und wer hafte - die GmbH oder ihre Gesellschafter -, gab es keine Antworten. Auch das seien Betriebsgeheimnisse. Wüst sagte, man habe mit ÖPP-Projekten beim Autobahnbau jedoch nur gute Erfahrungen gemacht. Bislang sei stets "zügig, pünktlich und mit hoher Qualität gebaut" worden.

Projektleiter Arndt versicherte, dass die Bauarbeiten nicht rund um die Uhr laufen würden: "Wir gehen davon aus, dass sich unsere Arbeiten in den normalen Zeiten bewegen. Sonntagsarbeit ist nicht vorgesehen und ich kann nicht erkennen, dass wir in die Nacharbeit müssten."

Auf die Frage aus dem Publikum, ob der langfristige Lärmschutz der Anwohner durch höhere Schutzwälle und Wände verbessert werden könnte, antwortete Wüst nicht gerade vielversprechend: "Der Lärmschutz ist letztendlich das größte Problem. Er wird so, wie es rechtlich notwendig und wirtschaftlich vertretbar ist. Der Gesetzgeber mutet Ihnen gewisse Grenzwerte zu."

Mehrere Besucher der Veranstaltung nutzten die Gelegenheit, um sich über ihrer Ansicht nach "lächerliche und beschämende" Entschädigungszahlungen für ihre Grund- und Waldstücke, die sie für den Autobahnbau abtreten mussten, zu beschweren. Auch für sie hatte Wüst keinen Trost: "Das Thema Festlegung von Grundstückspreisen ist mit das schwierigste." Man sei an "Regeln gebunden" und könne keine Wunschpreise zahlen. Das Problem sei, dass in den vergangenen Jahren in der Region "der Markt ein bisschen explodiert ist." Während es einen Quadratmeter Acker vor drei Jahren für vier, fünf Euro gab, kostet er mittlerweile dreimal so viel.

Zur Frage, ob der weiche Untergrund im Isental sich womöglich als ein gravierendes Problem herausstellen könnte, gab Wüst - ganz Ingenieur - eine eindeutige Antwort: Egal wie der Boden sei, "technisch ist das kein Problem."

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