Landwirtschaft in Erding:Der Melkroboter zieht im Kuhstall ein

Melkroboter

Ein Melkroboter sucht mit Laserstrahlen ein Kuheuter ab, ehe der Absaugrüssel ansetzt: Milchbauern haben seit geraumer Zeit stark mit niedrigen Preisen zu kämpfen. Sie sind aber nicht die Einzigen.

(Foto: dpa)

Automatisierte Systeme geben Landwirten mehr zeitliche Flexibilität und schonen zugleich die Gesundheit der Tiere. Doch sie sind teuer und viele Milchbauern fürchten angesichts niedriger Erzeugerpreise um ihr Zukunft

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Die deutsche Milchwirtschaft ist in einer Krise. Seit Jahren. Die Erzeugerpreise sind teilweise so tief gesunken, dass die Landwirte Verluste machen. Fallende Preise und die Frage, ob der Nachwuchs den elterlichen Betrieb fortführen wird, lassen auch im Landkreis Erding die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die Milchvieh halten, von Jahr zu Jahr zurück gehen, wie Petra Praum vom Amt für Landwirtschaft in Erding sagt. Im Jahr 2011 hatten noch 484 Bauern Milch produziert, 2015 waren es nurmehr 440. Gleichzeitig werden die Höfe immer größer. 2011 gab es erst 31 Betrieb, die mehr als 80 Milchkühe hatte, 2015 waren es schon 54. Und der Trend dürfte so weitergehen, wie das Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern (LKV) prognostiziert. Um betriebswirtschaftlicher arbeiten zu können, hält deshalb auch im Kuhstall zunehmend die Digitalisierung Einzug. Auch im Landkreis Erding setzt eine wachsende Zahl von Milchbauern auf Melkroboter. Rund 50 setzen mittlerweile auf automatisierte Melksysteme (AMS). Für viele Milchbauern bedeutet die Digitalisierung einen Gewinn an Lebensqualität. Denn computergesteuerte Melkroboter erleichtern die Arbeit ganz erheblich. Und sie machen auch ein Stück zeitlich unabhängiger. Doch die vollautomatischen Helfer kosten viel Geld - je nach Hersteller etwa 150 000 Euro oder mehr - und etliche Landwirte stehen vor der Wahl, ob sie sich die teure Investition in einen digitalen Kuhstall überhaupt noch leisten können oder wollen, wenn die Preise für Milch immer weiter in den Keller gehen.

Der Melkroboter ersetzt komplett die Handarbeit des Bauern und entlastet ihn damit. Die Kühe gehen allein in den Melkstand, wo sie der Roboter gewissermaßen mit Futter anlockt, das er ihnen serviert. Der Roboterarm setzt dann sensorgesteuert mittels Lichtstrahlen das Melkgeschirr automatisch an und reinigt gleichzeitig die Zitzen. Der Computer misst die Milchleistung der Kühe und stellt fest, wenn etwas nicht stimmt. Er merkt auch, wenn eine Kuh nicht zum Melken erscheint, und schickt eine Meldung zum Bauern.

Andreas Hörmann aus Taufkirchen betreibt einen Familienbetrieb mit 85 Kühen und hat einen Melkroboter. "Aus verschiedenen Gründen", wie er sagt. Zum einen sicher wegen der Arbeitszeitentlastung, zum anderen aber auch, weil er über das Melksystem mehr Informationen über die Gesundheit seiner Tiere erfährt und das Melken mehrmals am Tag ebenfalls für ihre Gesundheit besser sei. Die gewonnene Zeit nutzt er für andere Stalltätigkeiten. "Wir haben das System nicht dafür angeschafft, damit wir weniger Zeit mit den Tieren verbringen, sondern um sich mehr um sie kümmern zu können." Die Tendenz, dass die Betriebe immer mehr Kühe haben, sieht er deshalb kritisch.

Auch Gottfried Widl aus Bockhorn sieht die Zukunft mit gemischten Gefühlen: "Wenn der Preis für Milch weiter so niedrig bleibt, schaut es nicht gut aus. Zurzeit werden gerade so die Kosten gedeckt, aber Geld für notwendige Investitionen bleibt nicht". Er hat seit 2012 einen Melkroboter im Einsatz - für derzeit 60 Kühe. Und das sei genau die richtige Größe für so ein System und einen Familienbetrieb. Für Widl waren ebenfalls wirtschaftliche Gründe weniger ausschlaggebend. Eher die gewonnene Zeit für sich und andere Aufgaben, sowie es bei Andreas Hörmann der Fall ist. Das automatische System sei eben auch für die Kühe besser. Zum Beispiel, weil das System genau erkenne, wann welche Milchdrüse beim Abmelken leer sei und dann dort abschalte, während bei anderen weiter abgepumpt werde. Da sei eine erhebliche Entlastung für die Kuh. Die alten System e würden nämlich trotzdem weiter alle Zitzen belasten.

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