Landwirtschaft im Wandel:Verdrängungswettbewerb in der Bullenmast

Nasenring eines Zuchtbullens Berlin Deutschland Nose ring of a breeding bull Berlin Deutschland

Ein Landwirt aus der Gemeinde Eitting möchte seine Bullenzucht vergrößern. Zusätzlich zu seinen jetzt 130 Tieren plant er einen Stall für 250 weitere männliche Rinder. Den Antrag auf Vorbescheid hat der Eittinger Gemeinderat bei einer Gegenstimme vor kurzem befürwortet.

(Foto: Thomas Trutschel/Imago)

In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl der Betriebe im Landkreis Erding um 47 Prozent zurückgegangen.

Von Regina Bluhme, Erding/Eitting

130 Mastbullen hat Johann Huber aus Reisen, Gemeinde Eitting, im Stall stehen. Jetzt will er ein Gebäude für 250 weitere Tiere errichten. "Ich muss vergrößern, sonst kann mein Betrieb nicht überleben", sagt der Landwirt. Die Zahl der Bullenzüchter hat sich im Landkreis in den vergangenen 20 Jahren nahezu halbiert. Dafür hat die durchschnittliche Anzahl der Tiere pro Betrieb zugenommen. Für den Neubau hat Johann Huber kürzlich den Vorbescheid im Gemeinderat eingereicht und dafür Grünes Licht erhalten.

Bis 2009 hatte Johann Huber, dessen Urgroßvater schon den Hof in Reisen bewirtschaftet hat, Milchvieh im Stall stehen. Dann war Schluss, "es ging nicht mehr", sagt Huber. Seither betreibt er auf dem Hofgelände die Bullenzucht. Dazu hat er vor einigen Jahren noch einen Baggerbetrieb im Nebenerwerb eröffnet. Noch vor etwa 15 Jahren gab es zehn landwirtschaftliche Betriebe in Reisen, berichtet er. 2008 habe er noch mit acht Milchbauern aus der Ortschaft gegen die Preispolitik demonstriert. "Und jetzt bin ich der einzige Bauer mit Viehbestand im Ort", berichtet Johann Huber.

Martin Mayr vom Fachzentrum Rindermast im Landwirtschaftsamt Erding hat die Zahlen, was Betriebe mit männlichen Rindern im Alter zwischen sechs Monaten und zwei Jahren betrifft, "das ist klassische Alter in der Rinderzucht": 1996 gab es im Landkreis Erding 1213 Betriebe mit insgesamt 35 145 männlichen Rindern. Im Durchschnitt standen 28,97 Tiere pro Betrieb im Stall, hat das Landwirtschaftsamt ausgerechnet. 2016 (die Auswertung für 2017 liegt laut Mayr noch nicht vor) waren es dann nur noch 576 Betriebe mit 21 678 Tieren und im Durchschnitt 37,64 Bullen pro Betrieb. Das bedeutet einen Rückgang der Betriebe um gut 47 Prozent, also fast die Hälfte.

Dafür haben sich die Betriebe, die geblieben sind, vergrößert. 202 Bullenzüchter mit über 50 Tieren gab es im Jahr 1996 im Landkreis, 2016 waren es noch 127, dafür ist die Zahl der Betriebe mit über 150 Tieren angewachsen. 1996 gab es 15, 20 Jahre später waren es 28. Martin Mayr weiß mittlerweile auch von zwei Höfen im Landkreis, die mehr als 400 Tiere haben.

"Es stimmt schon, dass man heute eine bestimmte Größe braucht, um bestehen zu können", sagt Mayr. Der Trend sei ja allgegenwärtig in der Landwirtschaft. Bei der Bullenmast ist seiner Ansicht nach aber nicht der Fleischpreis das größte Problem. "Der Preis ist im Moment sogar wieder ganz ordentlich", sagt Norma Widmann, Leiterin des Erdinger Fachzentrums Rindermast. Vier Euro gebe es derzeit fürs Kilo. "Der Preis ist immer schwankend, zur Zeit ist er sogar relativ gut", bestätigt Johann Huber. Die Rechnung der Züchter gehe wegen "der Lebenshaltungskosten und dem Gesamtaufwand" immer weniger auf, sagt Martin Mayr. Gerade im Landkreis Erding stockten daher viele Landwirte ihr Einkommen auf, durch Vermietungen oder Park-and-Ride-Angeboten für die Fluggäste vom Münchner Airport.

Gelder für Stallbauten gebe es in beschränkten Umfang, berichtet Martin Mayr. Investitionszuschüsse von 25 Prozent würden auf die Nettokosten gewährt. Maximal würden 100 000 Euro gezahlt. Im Moment stünden die Mittel aber nur eingeschränkt zur Verfügung. Von der EU wiederum gebe es keine Extragelder für Stallbauten, gefördert werden generell landwirtschaftlich genutzte Flächen, zur Zeit seien das um die 270 Euro pro Hektar.

Nach Zuschüssen habe er sich noch gar nicht erkundigt, "so weit ist die Planung ja noch gar nicht", erklärt Johann Huber. Er habe grundsätzlich erst einmal wissen wollen, ob das Vorhaben eine Chance im Gemeinderat habe. Für ihn selbst stelle die Investition schon "ein brutales Risiko" dar, sagt er. 250 Kälber zum Preis von jeweils circa 900 Euro müsse er kaufen, rechnet er vor "und die müssen Sie erst mal ein Jahr füttern und dann sehen Sie erst, was an Einnahmen hereinkommt."

Geplant ist der Mastbullenstall auf 80 mal 13 Metern. Das Gebäude hat auf der Hofstelle keinen Platz mehr, deshalb soll es auf einem weiteren Grundstück der Familie errichtet werden. Dort steht bereits eine Maschinenhalle. Eittings Bürgermeister Georg Wiester (WG Gemeindefriede) erklärte im Gemeinderat, dass es von Seiten der Bauverwaltung grundsätzlich nichts auszusetzen gebe. Einer der Eittinger Räte allerdings kritisierte den seiner Ansicht nach zu geringen Abstand zur benachbarten Wohnbebauung. Huber sollte daher den geplanten Stall an einer weiter entfernten Stelle auf dem Grundstück planen. Huber hielt dagegen: An der vorgesehenen Stelle befinde sich bereits die nötige Infrastruktur, zum Beispiel ein Wasseranschluss. So könne er sich weitere kostspielige Investitionen sparen.

Mit einer Gegenstimme gab der Gemeinderat Grünes Licht für die Pläne von Johann Huber. Allerdings wird im Beschluss das Landratsamt ausdrücklich gebeten, "die Auswirkungen der Emissionen auf die umliegende Bebauung zu prüfen", wie es Bürgermeister Wiester formulierte.

Wegen der Emissionen habe er sich bereits beim Landratsamt erkundigt, sagt Johann Huber. Dort sei ihm signalisiert worden, dass das Vorhaben kein Problem darstelle und die Abstände durchaus ausreichend seien. Beim Thema Geruchsbelästigung zum Beispiel sieht Landwirt Huber kein Problem: "Im Vergleich zu Schweinen oder Hühnern riechen die Bullen fast nicht."

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