Landkreis:Probleme beim Brandschutz

Neuer Tunnel am Luise-Kiesselbach-Platz in München, 2015

Die Qualität der Brandschutznachweise sinkt, so das Landratsamt. "Sie war teilweise schon immer grottenschlecht", findet Kreisbrandrat Willi Vogl.

(Foto: Catherina Hess)

Landratsamt moniert, dass oftmals bereits bei der Planung die Pflichten von den Architekten und Bauherren nur mangelhaft wahrgenommen werden

Von Thomas Daller, Landkreis

Beim Brandschutz häufen sich die Probleme, und damit ist nicht der Berliner Flughafen gemeint, sondern Bauprojekte im Landkreis Erding. Bereits bei der Planung durch Architekten werden die entsprechenden Pflichten oftmals nur mangelhaft wahrgenommen oder nicht berücksichtigt. Die häufigsten Probleme gibt es mit der Löschwasserversorgung und der Rettungszufahrt. Sie könnten besser gelöst werden, wenn die Bauherren sich frühzeitig mit der Bauaufsichtsbehörde in Verbindung setzen würden, wo man sie beraten würde.

Auf dieses Thema hat das Landratsamt bei der Jahrespressekonferenz hingewiesen. Man habe festgestellt, dass die "Qualität zahlreicher Brandschutznachweise weiter sinkt". Fragen, die beim Brandschutznachweis "zwingend zu klären" wären, würden von den Bauherren nicht berücksichtigt. Die Koordinierungspflichten zwischen den verschiedenen Fachplanungen und den Architekten würden oft nur "mangelhaft wahrgenommen".

Ein drastisches Urteil, das jedoch von den Feuerwehren bestätigt wird. Ein typisches Beispiel seien Biogasanlagen, bei denen im Bauantrag angegeben werde, die Wasserversorgung im Brandfall sei über das öffentliche Hydrantennetz gedeckt. Dabei sei der nächste Hydrant einen Kilometer von der Biogasanlage entfernt und verfüge nur über eine 80er-Leitung. Das sei nicht ausreichend; für den Ernstfall müsse ein Löschteich angelegt werden.

Kreisbrandmeister Richard Obermaier, zuständig für den Bereich der großen Stützpunktfeuerwehr Taufkirchen und hauptberuflich Brandschutzexperte, weist auf den hohen Stellenwert des Brandschutzes aus gesetzlicher Sicht hin: Mehr als 60 Prozent der bayerischen Bauordnung befasse sich mit dem Brandschutz. Es gebe Architekten, die hinsichtlich dieser Fülle von Verordnungen "schlecht aufgestellt" seien. Insbesondere, weil diese Gesetze und Verordnungen auch immer wieder geändert würden, blieben manche nicht auf dem Laufenden. Es gebe jedoch auch Bauherren, die ihre Brandschutzauflagen nicht erfüllen würden, weil sie "beratungsresistent" seien. "Dann ist die Gemeinde gefordert, eine Feuerbeschau zu veranlassen", sagte Obermaier. Die Gemeinden würden dann Fristen setzen und wenn diese nicht eingehalten würden, greife man zu rechtlichen Schritten.

Neben dem baulichen Brandschutz würden oftmals auch die Brandschutzauflagen im Alltag nicht eingehalten. Das sieht man insbesondere bei der Großen Kreisstadt Erding so, die neben dem Landratsamt über eine eigene Bauaufsichtsbehörde verfügt. Besonders häufig komme es vor, dass Fluchtwege und Brandschutztüren nicht ordnungsgemäß funktionieren würden. Laut Christian Wanninger, Pressesprecher der Erdinger Stadtverwaltung, kommt es nicht nur vor, dass selbstschließende Brandschutztüren mit Keilen offen gehalten werden. Manchmal werde sogar am Schloss gefeilt, weil der Mechanismus den Nutzern lästig sei.

Es sind jedoch nicht nur solche mutwilligen Eingriffe, die riskant sind, oftmals ist es einfach nur Gedankenlosigkeit. Obermaier ist beispielsweise bei einer Weihnachtsfeier in einem Altenpflegeheim aufgefallen, dass der Fluchtweg mit viel weihnachtlicher Dekoration geschmückt gewesen sei, die leicht entflammbar sei. "Die Leute können bei einem Brand nicht einfach aufstehen und davonlaufen. Da denkt keiner dran."

Für Kreisbrandrat Willi Vogl sind die Klagen des Landratsamtes über mangelhaften baulichen Brandschutz nichts Neues: "Die Qualität war teilweise immer schon grottenschlecht." Er habe schon viele Pläne gesehen, in denen die Brandschutzmaßnahmen lediglich hineinkopiert worden seien. "Wir haben mal eine Schule im Landkreis Erding gebaut, erinnerte sich Vogl, "da sind in den Plänen Feuerwehren aufgeführt worden, von denen ich noch nie etwas gehört hatte." Bei den sogenannten Nachweiserstellern, die die Fragen zum Brandschutz klären müssten, handele es sich oft um Firmen, die nicht im Landkreis ansässig seien. "Da bekommen wir oft Post beispielsweise aus Nordrhein-Westfalen", sagte Vogl. "Die waren dann sicher nicht einmal vor Ort." Auch bei den Architekten, die sich mit Brandschutz befassen, gebe es gute und solche, "die auf das Pferd aufgesprungen" seien und weniger Ahnung hätten. Generell lasse sich das Problem jedoch nicht eingrenzen. Bei manchen sei die Löschwassereinrichtung mangelhaft, bei anderen die Fluchtwege oder die Aufstellung der Feuerlöscher. "Da gibt es viele Dinge", so Vogl, "und bei jedem ist es was anderes."

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