Landkreis:Nach dem Schichtdienst in den Deutschkurs

Pflegekräfte mit einem ausländischen Berufsabschluss müssen für dessen Anerkennung enorm viel leisten

Um den Pflegekräftemangel mit qualifizierten ausländischen Kräften zu beheben, bietet die Volkshochschule seit Ende Oktober einen Deutschkurs B1/B2 für die Pflege an. 14 Teilnehmer mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung in der Pflege, unter anderem aus Kroatien, Afghanistan, Indien oder Spanien, sollen dabei in 200 Unterrichtsstunden von je 45 Minuten das notwendige Sprachniveau B2 erreichen. Wenn sie diese Prüfung bestehen, wird ihr ausländischer Berufsabschluss anerkannt. Das bedeutet, ihr Vorvertrag als Pflegehelfer wird dann in der Regel umgewandelt in einen Fachkräftevertrag mit deutlich besserer Bezahlung.

Aber für die Teilnehmer ist das auch eine sehr hohe Belastung, weil viele während des Kurses bereits als Pflegehilfskraft arbeiten; Vollzeit, Schichtdienst und Überstunden sind dabei nichts Ungewöhnliches. Hinzu kommt dann noch der Deutschkurs an drei Abenden pro Woche mit jeweils vier Unterrichtseinheiten von je 45 Minuten. Das ist nach einem Acht-Stunden-Tag nur mit einer enormen Motivation möglich. Astrid Martin, die bei der Volkshochschule Erding diese Kurse koordiniert, ist beeindruckt davon, mit welch großem Einsatz die Teilnehmer dabei sind. Unentschuldigtes Fehlen komme kaum vor: "Die sind regelmäßig da", sagte Martin. Nur manchmal, beispielsweise bedingt durch einen Schichtwechsel, sei der Kurs nicht vollzählig. Wer deswegen fehle, bringe dann jedoch eine Bescheinigung seines Arbeitgebers.

Aus didaktischer Sicht wäre es eigentlich sinnvoll, wenn sich diese ausländischen Pflegekräfte in den ersten acht bis zehn Monaten nur auf das Erlernen der Sprache konzentrieren könnten, ohne dass sie durch ihre Arbeit einer solchen Doppelbelastung ausgesetzt sind. Das ist allerdings nur ein frommer Wunsch, weil sie ja in dieser Zeit auch für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen. Und auch die Kurse kosten Geld, schließlich muss auch die Volkshochschule ihre Deutschlehrer bezahlen: 712 Euro sind für die 200 Unterrichtseinheiten B1/B2 für die Pflege fällig, hinzu kommt die Prüfungsgebühr in Höhe von 180 Euro. Ein Arbeitgeberanteil ist dabei nicht vorgesehen; sie können sich aus Kulanz an den Kosten beteiligen, verpflichtet sind sie dazu jedoch nicht.

Die Teilnehmer des VHS-Kurses Deutsch für die Pflege in der Volkshochschule stehen noch am Anfang. Sie befinden sich im ersten von vier Modulen, ihre Prüfungen finden im Sommer 2016 statt. Doch je länger sie sich mit Begriffen wie Substantiv, Dativ, Adverb, Deklination und Konjugation beschäftigen, umso stärker wird bei manchen der Frust, weil der zeitliche Aufwand kaum zu schaffen ist. Im Dorfener Zentrum für Integration und Familie (DZIF) hat man damit bereits so seine Erfahrungen gemacht: Dort wurde nach einer Bedarfsanalyse und Rücksprache mit Seniorenwohnheimen Ende Januar 2015 ein Deutschkurs B1/B2 für die Pflege gestartet. Zwölf Teilnehmer waren von Anfang an dabei, aber nur drei davon schätzten am Ende ihre Deutschkenntnisse so gut ein, dass sie sich zur Prüfung anmeldeten. Bestanden hat nur ein einziger. Weil sich für einen weiteren Deutsch-Pflegekurs des DZIF zu wenige Teilnehmer anmeldeten, wurde das Programm nicht fortgesetzt. Wer einen zweiten Anlauf wagen wollte, dem wurde der Kurs an der VHS empfohlen. Die Entscheidung, seine Heimat zu verlassen und trotz aller Sprachprobleme in Deutschland zu arbeiten, ist kein leichter Weg und verdient Respekt.

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