Landkreis:Geduld und kleine Schritte

Um Kindern mit einer Diagnose aus dem Autismus-Spektrum den Besuch von Regelschulen zu ermöglichen, erhalten sie eine Schulbegleitung. Derzeit sind es 20 im Landkreis, die Tendenz ist steigend

Von Thomas Daller, Landkreis

Kinder und Jugendliche mit Behinderung sollen auch am Unterricht in Regelschulen teilnehmen können. Bei Kindern mit einer Diagnose aus dem Autismus-Spektrum geht das manchmal nur mit einer Schulbegleitung. Im Landkreis Erding gibt es derzeit 20 Schulbegleitungen; mit steigender Tendenz. Weil es dabei häufig zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen Schule und Jugendhilfe kommt, hat der Fachbereich Jugend und Familie im Landratsamt ein Konzept ausgearbeitet, um damit für klare Verhältnisse zu sorgen.

Das Konzept wurde am Mittwoch im Jugendhilfeausschuss vorgestellt, der es zustimmend zur Kenntnis genommen hat. Die Fallzahlen nehmen in diesem Bereich zu. 2010 waren dafür im Haushalt des Landkreises lediglich 65 000 Euro vorgesehen, 2015 sind es bereits 500 000 Euro und Peter Stadick, Fachbereichsleiter Kinder und Jugendschutz, geht davon aus, dass auch die halbe Million Euro nicht reichen wird. Die Schulbegleitungen sind keine freiwilligen Leistungen des Landkreises, sondern sie beruhen auf der Umsetzung der UN-Behindertenrechts-Konvention. Die Betroffenen haben Anspruch auf Beschulung im Rahmen der Inklusion und grundsätzlich die frei Wahl des Schultyps durch die Sorgeberechtigten.

Dabei ist es gewiss nicht einfach, Unterstützung durch einen Schulbegleiter zu bekommen. Zwingend erforderlich ist die Vorlage eines Kinder- und jugendpsychiatrischen Gutachtens sowie ein ausführlicher Schulbericht. Eine Schulbegleitung wird nur gewährt, wenn es die geeignete Hilfsform ist. Von den 20 Schülern im Landkreis, die von einem Schulbegleiter unterstützt werden, haben 14 eine Diagnose aus dem Autismus-Spektrum, und bei vier Kindern besteht neben anderen Diagnosen der Verdacht auf eine Autismus-Spektrums-Störung (ASS). Als Schulbegleiter sind angelernte Kräfte der Arbeiterwohlfahrt Ebersberg im Einsatz. Sie erhalten dafür in der Regel eine Vergütung von 23 bis 27 Euro pro Stunde. Ausgebildete Sozialpädagogen wären für diese Arbeit zu teuer, sagte Stadick im Jugendhilfeausschuss. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die schulische Inklusion zunehmend umgesetzt wird. Deshalb rechnet Stadick mit einer steigenden Zahl von Anträgen auf Schulbegleitungen.

Das Konzept regelt strittige Punkte sehr deutlich: "Schulbegleiter sind keine Zweitlehrkräfte, Nachhilfelehrer, Hausaufgabenbetreuer oder Assistenten der Lehrkraft bei der Vermittlung der Unterrichtsinhalte", heißt es in dem Schreiben. "Auch die der Schule beziehungsweise der Lehrkraft obliegende Aufsichtspflicht bleibt unberührt."

Schulbegleiter sollen vielmehr bei der Bewältigung von Ängsten helfen und bei emotionalen Problemen. Sie sollen Unterstützung leisten beim Aufbau sozialer Beziehungen in der Klassengemeinschaft. Außerdem sollen sie im Bereich der Kommunikation helfen, vor allem bei Verständnisproblemen. Außerdem sollen sie gezielt die Aufmerksamkeit des Schülers lenken.

"Geduld und kleine Schritte" sind gefordert: "Die Tätigkeit eines Schulbegleiters ist eine Gratwanderung zwischen Abwarten können und Eingreifen, was ein feines Gespür und eine gute Beobachtungsgabe erfordert." Der Schulbegleiter soll im richtigen Moment helfend zur Seite stehen, nicht aber vorschnell eingreifen. Denn das führe zu Passivität und Abhängigkeit. Außerdem soll er eine "professionelle Distanz" zum Schüler wahren. Denn das Ziel der Schulbegleitung müsse es sein, dass sich der Schulbegleiter im Laufe des Fortschritts der Eingliederungshilfe entbehrlich mache. Denn Schulbegleitungen sollen von einem Jahr bis zu mehreren Jahren laufen und nur "im Extremfall über die gesamte Schulzeit", heißt es in dem Konzept.

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