Landkreis Ebersberg:Proteste gegen AfD in Pliening

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Diverse Gruppierungen kritisieren den Auftritt von Martin Hohmann

Wer im Plieninger Bürgerhaus im Landkreis Ebersberg einen Raum mieten will, muss ein Formblatt ausfüllen. So hat das auch der AfD Kreisverband Ebersberg-Erding gemacht. 50 Formulare landeten im Schnitt pro Jahr auf seinem Schreibtisch, sagt Bürgermeister Roland Frick (CSU). Normalerweise werden sie von ihm unterschrieben, doch den Zettel für die AfD habe nicht er selbst unterzeichnet, sondern ein Stellvertreter, Frick war im Urlaub. Dass Martin Hohmann, Ex-Bundestagsabgeordneter und wegen geschichtsrevisionistischer Aussagen aus dem Parlament geflogen, bei der Veranstaltung auftreten werde, davon habe er auch nichts gewusst, ärgert sich Frick. Rechtlich seien seiner Gemeinde die Hände gebunden: In der Gemeindeordnung wird politischen Parteien die Nutzung der Räume im Bürgerhaus gestattet. "Ich mag die nicht", sagt Frick mit Blick auf die AfD, "aber ich muss mich an Recht und Gesetz halten".

Bündnisse und Organisationen aus dem linken Spektrum rufen für Donnerstagabend Abend zu Protesten auf. In der Kritik steht auch der Plieninger Gasthof Forchhammer, der das Catering für die AfD-Veranstaltung stellen wird. "Wer diese frauenfeindliche und rassistische Partei mit auch nur einem Knödel unterstützt, macht sich zum Komplizen", erklärte eine Aktivistin der Demokratischen Jugend Rosenheim. Sie will anonym bleiben. Wirt Martin Forchhammer verteidigte sich bereits vergangene Woche: Bei der AfD handele es sich um eine legale Partei.

In einem Protest-Aufruf forderte die Demokratische Jugend den Gasthof dazu auf, die Gäste nicht zu bewirten. Die Jugendorganisation hatte im November mit einem offenen Brief an die Gastwirte im Raum Ebersberg auf sich aufmerksam gemacht. In dem Schreiben wurden die Wirte aufgefordert, in ihren Räumen keine AfD-Veranstaltungen zuzulassen. Auch andere Initiativen von der Antifa Wasserburg bis zum Jugendzentrum Dorfen veröffentlichten den Protestaufruf. Es wird dazu aufgerufen, sich der Veranstaltung entgegenzustellen: "Seid laut und kreativ!"

Auch einige Plieninger Bürger rufen mit dem Bündnis "Bunt statt Braun" und den "BürgerInnen gegen den Krieg" für 18 Uhr und damit eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung zu einer Kundgebung gegen Rechtsradikalismus auf. "Bunt statt Braun" bezeichnete die Veranstaltung als "neuerliche Provokation vom äußersten rechten Rand". Die Veranstalter der Kundgebung rechnen mit bis zu 100 Protestierenden.

Martin Hohmann machte 2003 - damals saß er für die CDU im Bundestag - Schlagzeilen. In einer Rede zum Tag der deutschen Einheit setzte er die Verbrechen der Nationalsozialisten mit den angeblichen Verbrechen von jüdischen Russen während der Oktoberrevolution gleich und relativierte damit den Holocaust. In seiner Rede bezog er sich auch auf die antisemitischen Hetzschriften des US-Automagnaten Henry Ford. Die CDU warf ihn erst aus der Fraktion, 2004 wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Hohmann fand einige Jahre später eine neue politische Heimat in der AfD. Neben Martin Hohmann wird am Donnerstag auch Brigitte Fischer auf dem Podium des Plieninger Bürgersaals sitzen. Die Baldhamerin ist Direktkandidatin für die Bundestagswahl.

© SZ vom 11.05.2017 / aja, coc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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