Landgericht Landshut:Mildes Urteil für Autoschieber-Quartett

Kriminalitätsstatistik Bayern 2015

Mehrjährige Haftstrafen müssen zwei der vier Angeklagten absitzen, die das Landshuter Landgericht jetzt verurteilt hat.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Der Kopf der Bande erhält vier Jahre und vier Monate Gefängnis, die beiden Frauen, eine 38-jährige Moosburgerin und eine 41-jährige Dachauerin, kommen als "Strohfrauen" mit Bewährungsstrafen davon

Von Alexander Kappen, Landshut/Moosburg

Durch die "hervorragende Ermittlungsarbeit" der niederbayerischen Polizei sei die Beweislage eigentlich klar gewesen, meinte der Vorsitzende Richter, Ralph Reiter. Den vier Angeklagten, denen vorgeworfen wurde, über ein verbrecherisches Netzwerk aus Frankreich diverse in mehreren europäischen Ländern gestohlene oder unterschlagene Fahrzeuge mit gefälschten Papieren in Deutschland verkauft zu haben, hätte man seiner Ansicht nach die Taten auch so nachweisen können. Allerdings wäre dafür eine sehr langwierige Beweisaufnahme am Landshuter Landgericht nötig gewesen. Durch das umfassende Geständnis des Quartetts, zu dem auch eine 38-jährige Moosburgerin gehört, blieb allen Beteiligten ein ausufernder Prozess mit vielen Verhandlungstagen erspart. Deshalb kamen die Angeklagten nach einer Verständigung mit relativ moderaten Haft- und Bewährungsstrafen davon.

Ein 45-jähriger Landshuter, der als Kopf der Gruppe galt, muss wegen banden- und gewerbsmäßiger Hehlerei, Betrugs und Urkundenfälschung für vier Jahre und vier Monate ins Gefängnis. Ein 50-jähriger Mainburger, der die Fahrzeuge aus dem Ausland überführte, wurde zu drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die beiden mehrfach vorbestraften Angeklagten standen aufgrund früherer Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe dazu unter offener Bewährung, als sie die Autos in den Jahren 2015 und 2016 verschoben.

Die 38-jährige Moosburgerin sowie eine 41-jährige Angeklagte aus Dachau kamen wegen bandenmäßiger Urkundenfälschung mit Bewährungsstrafen von einem und eineinhalb Jahren davon. Sie hatten fingierte Kaufverträge für die Autos unterschrieben, beziehungsweise die Fahrzeuge als "Strohfrauen" auf sich zugelassen. Der Moosburgerin kam laut Richter zu Gute, dass sie nur in einen Fall involviert war. Der Dachauerin attestierte das Gericht eine gehörige Portion Unbedarftheit und Naivität. Die 41-jährige Analphabetin stammt aus Osteuropa und hat ihren eigenen Angaben zu Folge in ihrer Heimat nie eine Schule besucht. Dennoch war sie in der Vergangenheit als Betreiberin eines Cafés, einer Spielothek und eines Döner-Ladens eingetragen, auch hier offenbar als "Strohfrau". Laut ihres Verteidigers hat die Frau mehr als 100 000 Euro Schulden und bereits Privatinsolvenz angemeldet. Er bezeichnete seine Mandantin als "nicht schreiben und lesen könnendes Werkzeug, das ausgenutzt wurde" bei den Autoschiebereien. Die Dachauerin war die Verlobte des 45-jährigen Bandenchefs, der zeitgleich offenbar im Ausland mit einer anderen Frau verheiratet war. Auch die 38-jährige Moosburgerin war mit dem 45-Jährigen liiert und hat sich deshalb "zu so einem Mist hinreißen lassen", so ihr Verteidiger. Sie habe nichts an den Autogeschäften verdient, sondern im Gegenteil dem 45-Jährigen auch noch 15 000 Euro geliehen, die sie nicht wiederbekommen habe.

Insgesamt waren von der Polizei 13 hochwertige, gestohlene Fahrzeuge ermittelt worden, die von den Tätern zumeist auf andere Fahrzeugidentifikationsnummern "umfrisiert" und mit verfälschten oder total gefälschten Fahrzeugpapieren weiterverkauft wurden. Der Staatsanwalt sprach von einem "echten, organisierten, internationalen Verbrechen", der Richter von einem "hoch professionellen und organisierten Netzwerk". Unter Vorlage gefälschter Zulassungspapiere und Kaufverträge wurden die gestohlenen Autos in Deutschland zugelassen "und somit wie Geld reingewaschen", sagte der Richter. Auch wenn die Anwälte der beiden Frauen versucht hätten, "das zu bagatellisieren, war ihnen schon bewusst, auf was sie sich einließen".

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