Ungewolltes Arrangement:Widerspenstig

Die Mehrheit des Dorfener Stadtrats lehnt die unausweichliche Verkupplung mit der Gemeinde Taufkirchen zum Doppelmittelzentrum weiterhin ab. Die ersten Annäherungsversuche der Bürgermeister sind vorerst gestoppt

Von Florian Tempel, Dorfen

Zwangsheiraten sind verboten. Die Stadt Dorfen und die Gemeinde Taufkirchen sollen jedoch auf Anordnung von ganz oben einen Bund fürs Leben eingehen - obwohl beide Kommunen gar nicht wollen, sondern Singles bleiben möchten. Doch die bayerische Staatsregierung lässt nicht locker. Dorfen und Taufkirchen sollen ein gemeinsames Mittelzentrum werden, egal ob sie sich für einander geschaffen fühlen oder nicht. Wobei: Die Taufkirchener scheinen sich mit der arrangierten Partnerschaft allmählich abfinden zu können. Ist vielleicht doch nicht so schlecht, sich an die Nachbarn zu binden. Nur die Dorfener bleiben hart und wollen nicht einmal darüber reden. Der Stadtrat hat das mit 13 zu sechs Stimmen noch einmal bekräftigt: "Die Stadt lehnt die Bildung eines Doppelzentrums mit der Gemeinde Taufkirchen weiterhin ab. Die Frage von Verhandlungen stellt sich somit nicht."

Was bisher geschah: Bei der Neuauflage des Landesentwicklungsprogramms (LEP) wurden vom bayerischen Finanz- und Heimatministerium die "zentralen Orte" neu festgelegt. Das passte nicht allen. Während Dorfen zum regulären Mittelzentrum erhoben wurde, sollte Taufkirchen ein popeliges Grundzentrum bleiben. Die Taufkirchener erhoben Einspruch. Mit dem zweifelhaften Erfolg, dass man im Söder-Ministerium Taufkirchen einfach als Doppelpartner an Dorfen verkuppelte.

Uebergabe Liegenschaft an der Karl-Heilmeier-Strasse

Gegen die Verkupplung: Der Dorfener Heinz Grundner.

(Foto: Stephan Görlich)

Der Stadtrat lehnte dieses ungewollte Arrangement im November 2016 mit einer Stimme Mehrheit ab. Die Taufkirchener beschlossen kurz darauf, von der Dorfener Ablehnung etwas beleidigt, dass sie auch kein Doppel-Mittelzentrum wollten.

Beide Beschlüsse interessierten in München niemanden. In einer Zusammenfassung für den Dorfener Stadtrat steht: "Im Frühjahr 2017 wurde festgestellt, dass die von den beiden kommunalen Gremien gefassten Entscheidungen zur Bildung eines gemeinsamen Mittelzentrums keine Berücksichtigung fanden." Bürgermeister Grundner wandte sich in den folgenden Wochen hilfesuchend an die Minister Markus Söder, Marcel Huber und Ulrike Scharf (alle CSU) und den Wirtschaftsausschuss des Landtags - alles war vergeblich. Die Stadt Dorfen beauftragte sogar eine Anwältin. Die fand zwar im Sinne der Stadt heraus, wie schlecht und schädlich eine Zwangsehe mit Taufkirchen sein könnte. Das bestärkte die Mehrheit der Stadträte in ihrer Haltung, sich von jeder Art von Intimität mit der Nachbargemeinde fern zu halten. Doch außerhalb von Dorfen hinterließ auch das keinen Eindruck.

Ganz im Gegensatz zu einem Schreiben von Söders Staatssekretär Albert Füracker (CSU). Da stand drin, dass Taufkirchen alleine ganz sicher kein Mittelzentrum werden könne. Bürgermeister Franz Hofstetter (CSU) ging deshalb in sich und nahm sich ein Herz. Er griff zum Hörer und rief bei Grundner an. Der gestand ihm, dass auch er bereit sei für ein erstes Rendezvous, er müsse vorher aber noch seinen Stadtrat um Erlaubnis fragen. Vor einem Monat hat Hofstetter seinen Schmusekurs in einem Brief dokumentiert. Neben der getippten Anrede "sehr geehrter Herr Kollege" hat er handschriftlich "lieber Heinz" angefügt. "Wir freuen uns", schreibt Hof-stetter, offenbar im Namen der Taufkirchener, "dass Sie persönlich der Aufnahme von Verhandlungen grundsätzlich aufgeschlossen gegenüberstehen."

Ungewolltes Arrangement: Er und sein Taufkirchener Kollege Franz Hofstetter dürfen offiziell nicht mehr über die Zukunft reden.

Er und sein Taufkirchener Kollege Franz Hofstetter dürfen offiziell nicht mehr über die Zukunft reden.

(Foto: Renate Schmidt)

In der Stadtratssitzung versuchte Grundner, die bereits eingeleitete Annäherung zu relativieren. Eigentlich sei er ja auch gegen das Doppelmittelzentrum. Aber erneut brüsk "die Tür zuzuschlagen" sei "kein gut nachbarschaftliches Verhältnis". Und wenn der Landtag demnächst das LEP endgültig beschließe, "können wir uns auf den Kopf stellen und mit den Ohren wackeln, das bringt alles nichts". Deshalb empfahl Grundner dem Stadtrat, einen windelweichen Beschluss zu fassen. Ungefähr so: Wir wollen auf keinen Fall, aber wenn es sein muss, ist es auch recht.

So ein lasches Statement fanden jedoch nur sechs CSU-Mitglieder gut. Alle anderen Stadträte waren der Ansicht, man sollte "klipp und klar" und "ohne Hintertürchen" die eigene Meinung zum Ausdruck bringen.

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