Kunstverein Erding:Wehmut zum Abschied

Kunstverein Erding: Sechs Jahre lang nutzte der Kunstverein Erding Räume im Schönen Turm an der Landshuter Straße.

Sechs Jahre lang nutzte der Kunstverein Erding Räume im Schönen Turm an der Landshuter Straße.

(Foto: Bauersachs)

Die Künstler suchen neue Räume für Ausstellungen, Workshops und Veranstaltungen. Nach sechs Jahren müssen sie wegen des fehlenden Brandschutzes den Schönen Turm verlassen

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Der Kunstverein Erding ist nach sechs Jahren aus dem Schönen Turm an der Landshuter Straße ausgezogen. Vor zwei Wochen haben Mitglieder letzte Teile des Inventars aus den Räumen im zweiten Stock getragen. Lediglich den Schaukasten im Durchgang auf Seite des Heilig-Geist-Hofs nutzt der Verein weiterhin. Die Ursache für den Auszug: Im Mai dieses Jahres war der Mietvertrag mit der Stadt Erding ausgelaufen. Eine Verlängerung sei aus Gründen des Brandschutzes und der Bauaufsicht aber nicht möglich gewesen, sagt der dritte Vorsitzende, Jürgen Naglik. Man hätte bereits seit einem halben Jahr gewusst, dass der Verein den Turm verlassen müsse. Seitdem suchen die Kunstinteressierten in der Kreisstadt neue Räume für Ausstellungen, Workshops und andere Veranstaltungen - bisher ohne Erfolg. Bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist, treffen sie sich einmal im Monat im Jugend- und Kulturhaus Sonic.

Mit dem Einzug in den Schönen Turm 2009 hatte der Kunstverein zum ersten Mal seit seiner Gründung in den 1980er-Jahren einen eigenen Versammlungs- und Arbeitsort. Die Stadt Erding förderte das Vorhaben, indem sie ihm das Wahrzeichen mietfrei überlassen habe, sagt Jürgen Naglik. Circa drei Monate renovierten die Künstler den zweiten Stock. Im Oktober 2009 wurde schließlich die erste Ausstellung mit Werken von Mitgliedern eröffnet. Stets versammelte man sich im kleinen Kreis, denn da es wegen der einzigen Treppe auch nur einen Fluchtweg gab, durften sich nicht mehr als zwanzig Menschen gleichzeitig im Turm aufhalten. "Es war eine sehr fruchtbare Zeit mit kleinen Veranstaltungen und Treffen", sagt der Vereinsvorsitzende Dirk Auf dem Hövel. "Ich blicke etwas wehmütig auf den Auszug, aber die Stadt hat uns ja nicht einfach rausgeworfen."

Naglik weist daraufhin, dass den Mitgliedern dennoch von Anfang an "bewusst" gewesen sei, dass das Quartier in dem denkmalgeschützten Bau zwar "reizvoll", aber "nur ein Provisorium" sein könne: "Es ist ein altes Gebäude, das gewisse Eigenheiten aufweist." Vernissagen waren wegen fehlender Fluchtwege nicht erlaubt, und die Nutzung der Ateliers schien während der Wintermonate unmöglich, weil man sie nicht adäquat beheizen konnte. Als vor zwei Jahren eine Frau ihre Wohnung im Turm aus gesundheitlichen Gründen verlassen hatte, überlegte der Verein, ob und wie er die frei gewordenen Räume im ersten Stock mitbenutzen könnte. Die Stadt sei für entsprechende Pläne offen gewesen, sagt Naglik. Aber bereits damals habe festgestanden, dass eine Erweiterung der Räume mit schwer zu erfüllenden Auflagen beim Brand- und Denkmalschutz verbunden gewesen wäre. Auch der Ausbau der Heizung hätte "wie ein ungelegtes Ei" im Raum gestanden. "Wir haben zwischen Kosten, Vernunft und Machbarkeit abgewogen und uns dagegen entschieden", sagt Naglik.

Die Suche nach einem neuen Lokal habe "noch nichts Konkretes" hervorgebracht, sagt Auf dem Hövel. Man führe derzeit verschiedene Gespräche, und auch die Stadt unterstütze den Verein. Ein mögliches Objekt ist das Haus Am Rätschenbach 12. Im Protokoll der Jahresversammlung des Vereins vom März dieses Jahres heißt es dazu: "Wir haben uns (...) schriftlich um die Nutzung der obersten Etage beworben." Auf dem Hövel bestätigt auf Nachfrage der Erdinger SZ: "Wir würden uns das wünschen, aber es steht nichts fest." Naglik erklärt die Voraussetzungen für neue Räume: "Wir brauchen einen Platz zum Zeigen, Anschauen und Arbeiten mit anderen Leuten, der sich mit wenig Aufwand herrichten lässt, und wo man auch etwas stehen lassen kann." In der Übergangszeit kann der Verein einen Raum im Sonic nutzen. Aus der Kooperation ist zudem ein neues Projekt entstanden: Während der Sommerferien bietet die Künstlerin Barbara Nickel samstags einen kostenlosen Bastel-Workshop für (Flüchtlings-)Kinder an. Zusätzliche Unterstützung kommt vom Landkreis Erding, der dem Kunstverein ein Speicher im Bauernhausmuseum zur Verfügung stellt. Am Freitag eröffnet der Kunstverein seine Jahresausstellung zum Thema Netzwerke im Frauenkircherl. Beginn der Vernissage ist um 19 Uhr.

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