Kritiker halten dem Verlag vor, Ängste zu schüren:Keine einfache Gratwanderung

Kritiker halten dem Verlag vor, Ängste zu schüren: Gut besucht war die Veranstaltung von Erich von Däniken in der Stadthalle, die der Kopp-Verlag organisiert hatte.

Gut besucht war die Veranstaltung von Erich von Däniken in der Stadthalle, die der Kopp-Verlag organisiert hatte.

(Foto: Renate Schmidt)

Erich von Däniken hält einen Vortrag in der Erdinger Stadthalle.

Von Mathias Weber, Erding

Es ist nicht leicht, Erich von Däniken zu folgen. Der Mann versteckt sich hinter dem Pult auf der Bühne, ab und zu wird ein neues Bild auf der Leinwand eingespielt, manchmal ein Zitat, manchmal ein kurzes Video. Dänikens Vortrag, den er am vergangenen Dienstag im großen Saal der Erdinger Stadthalle gehalten hat, ist konfus. Er wechselt von einer historischen Begebenheit zur nächsten, von Portugal der 1910er-Jahre bis in die USA der 1960er. Mit den Geschichten, die er den gut 200 Besuchern vorträgt, will er überzeugen, wie er es schon sein ganzen Leben lang macht. Däniken will die Menschen davon überzeugen, dass es Außerirdische gibt, dass sie uns besucht haben und dass durch eine weltweite Verschwörung diese Informationen geheim gehalten werden sollen. Sein Vortrag heißt "War alles ganz anders?" und passt nicht so recht in das Portfolio der Stadthalle - wegen des Veranstalters.

Denn Dänikens Bücher, in denen der Autor seine - je nach Sichtweise unterhaltsamen oder eben verqueren - Theorien darlegt, erscheinen im Kopp-Verlag. Dieser Verlag aus dem baden-württembergischen Rottenburg am Neckar war auch der Veranstalter des Vortrags am Dienstag. Der Verlag ist nicht unumstritten, im Gegenteil. Dort werden Bücher mit abseitigen Themen verlegt: Verschwörungstheorien, Esoterik, Spiritualität. Kritiker halten dem Verlag auch vor, Ängste zu schüren: "Albtraum Zuwanderung" heißt ein Buch, "Europa vor dem Crash" oder "Kein Schwarz, kein Rot, kein Gold - Armut für alle im lustigen Migrantenstadl" - in Pediga-Kreisen werden die Bücher des Verlages gern gelesen. Auch Däniken hat sich in seinem Vortrag der typischen Kopp-Sprache bedient: Gleich am Anfang sprach Däniken von "Tabuthemen", die es gäbe, von "Mainstream-Medien" und von den Bürgern als "nützlichen Idioten, die missbraucht wurden" - bei der Alien-Verschwörung.

Auf den umstrittenen Veranstalter angesprochen, reagiert Jutta Kistner, die Geschäftsführerin der Stadthalle, mit Unverständnis. Denn, so sagt Kistner, die Stadthalle sei durch die Satzung dazu verpflichtet, "diskriminierungsfrei" zu vermieten. Auch auf Nachfrage bestätigt Kistner, dass niemandem die Vermietung der Stadthalle verwehrt werden darf - sollten die Rahmenbedingungen stimmen, also die Veranstaltungsräume zur gewünschten Zeit verfügbar sein und der Veranstalter die geforderte Miete bezahlen können. Inhaltlich habe Kistner dann keine Möglichkeit, auf eine Veranstaltung einzuwirken. Sie erinnert sich sogar an einen Fall, bei dem ein bestimmtes Thema im Vorfeld angesprochen wurde, am Ende aber dann krude Thesen auf der Bühne verbreitet wurden. "Ich kann die Veranstaltungen nicht auf Herz und Nieren prüfen", sagt sie. Grundsätzlich könnten Kistner oder die Stadt zwar einem Interessenten die Buchung verweigern; auf dem Rechtsweg könne man sich allerdings einklagen, sagt Kister. Passiert ist das zum Beispiel in Bamberg, wo die NPD sich in die dortige Stadthalle erfolgreich eingeklagt hatte. Am Ende bekam Bamberg allerdings doch vor dem Verwaltungsgerichtshof recht: Weil gleichzeitig die Symphoniker dort auftraten und der Aufwand für eine räumliche Trennung nicht zumutbar gewesen wäre. Jutta Kistner spricht von einer Gratwanderung, die für kommunale Unternehmen nicht immer einfach sei.

Die Stadthalle hat den Auftritt Dänikens - wie es üblich ist - auch auf ihrer Internetseite beworben. Der Pressetext des Verlages wurde kopiert, inklusive einiger wörtlichen Zitate Dänikens, in denen er von einer "Tabu-Zeit" und einer "Verschweiger-Presse" spricht. Zudem hat es die Stadthalle dem Veranstalter ermöglicht, großflächig das Logo des Verlages und einen Link auf dessen Homepage einzubinden. Kein ungewöhnlicher Vorgang, sagt Jutta Kistner, viele Veranstalter würden sich so eine Einbindung wünschen, die Stadthalle käme dem dann nach. Der Pressetext wurde offenbar nicht vor Veröffentlichung redigiert, wozu Kistner auch keine Veranlassung sieht: "Das wäre Zensur", sagt sie und verweist auf das Impressum der Stadthallen-Homepage. Dort heißt es, die Stadthalle übernehme "keinerlei Gewähr für die (...) Qualität der bereitgestellten Informationen." Bei anderen - aber nicht allen - Veranstaltungshäusern ist das offenbar anders, wie eine Internetsuche zeigt. Bisweilen wird Dänikens Pressetext gekürzt - oder gleich umgeschrieben.

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