Kripo Erding:Vier "Reichsbürger" bei Razzia in Oberbayern festgenommen

SEK-Einsatz gegen Reichsbürger

Polizisten beim Einsatz in Pliening im Landkreis Ebersberg. In einem Haus in dem Ort hat zuvor ein SEK-Einsatz gegen einen Reichsbürger stattgefunden.

(Foto: Matthias Balk/dpa)
  • In Erding und Ebersberg hat die Polizei am Dienstag vier sogenannte "Reichsbürger" festgenommen.
  • Der Einsatz war Teil einer groß angelegten Razzia in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gegen insgesamt 16 Personen.
  • Es geht um banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung und Amtsanmaßung.
  • Ein Haus in Pliening im Landkreis Ebersberg wurde als Zentrale eines selbsternannten "Bundesstaats Bayern" ausgemacht.

Von Veronika Wulf, Eitting/Pliening

Die Kriminalpolizei Erding hat am Dienstag das Haus zweier sogenannter Reichsbürger in Eitting durchsucht. Eine 66-jährige Frau und ein 56-jähriger Mann wurden vorläufig fest genommen. Der Einsatz war Teil einer groß angelegten Razzia in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die federführend von der Kripo Erding geleitet wurde. Auch in Pliening im Landkreis Ebersberg nahm die Polizei eine 48 Jahre alte Frau und einen 50-jährigen Mann vorläufig fest. Die Ermittlungen richten sich gegen insgesamt 16 Personen.

Es geht in erster Linie um banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung und Amtsanmaßung. Die Beschuldigten beschäftigten seit geraumer Zeit Ämter und öffentliche Stellen mit Widersprüchen zu Pfändungs- oder Bußgeldbescheiden, heißt es in der Pressemitteilung der Polizei, außerdem hätten sie erpresserische Forderungen gegen Behörden erhoben und ihnen gedroht.

Die Staatsanwaltschaft München II hat laut Auskunft der Polizei bereits vor einigen Wochen ein Ermittlungsverfahren gegen die 16 Reichsbürger eröffnet, sagt Hans-Peter Kammerer, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Da ein Haus in Pliening als Zentrale ihres selbsternannten "Bundesstaats Bayern" ausgemacht werden konnte, wurde im September 2016 die Kriminalpolizei Erding mit den Ermittlungen beauftragt und die "Einsatzgruppe Wappen" gegründet.

Nach Kammerers Kenntnis trafen die Beamten bei ihrer Razzia alle 16 Verdächtigen an, gegen die ermittelt wird. Bei dem in Pliening festgenommenen Paar geht die Polizei davon aus, dass es sich um Hauptorganisatoren des "Bundesstaats Bayern" handelt, die vermutlich "Staatsangehörigkeitsausweise", "Führerscheine", "Gewerbescheine" und "amtliche Lichtbildausweise" ausgestellt und gegen Gebühr über ihre Internetseite vertrieben haben. Das in Eitting vorläufig festgenommene Paar betrachtet die Polizei bislang als Nutzer dieser gefälschten Dokumente. In dem durchsuchten Haus in Pliening trafen die Beamten außerdem einen weiteren 50-jährigen Mann an, den sie ebenfalls zu den Reichsbürgern zählen.

Georg Wiester, Bürgermeister von Eitting, war zwar bewusst, dass in seiner Gemeinde Reichsbürger leben. Die Nachricht, dass ihr Haus durchsucht worden ist, überrascht ihn aber: "Sie sind mir noch nie negativ aufgefallen." Der Plieninger Bürgermeister Roland Frick ist gerade im Urlaub. Die Gemeindeverwaltung will sich zur Razzia nicht äußern. Frick hatte bereits öfter mit der selbsternannten Regierung zu tun, weil deren Vertreter ihre Ausweise zurückgeben wollten - Ausweise eines Staates, den sie leugnen.

SEK-Einsatz gegen Reichsbürger

"Zentrale Verwaltung Bundesstaat Bayern, Poststelle zu Landsham" steht auf dem Briefkasten am Haus in Pliening, das von Polizisten durchsucht wurde.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Mit Spezialeinheiten gegen die "Reichsbürger"

Die vorläufig Festgenommenen seien erkennungsdienstlich registriert und vernommen worden - sofern sie bereit waren, auszusagen, sagt Polizeisprecher Kammerer. Anschließend seien sie alle wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Bei der Großrazzia kamen den 40 Erdinger Kripo-Beamten nicht nur Einsatzkräfte der zuständigen Polizeiinspektionen zu Hilfe, sondern auch Spezialeinheiten. Der Mord an einem Polizisten in Georgensgmünd durch einen Reichsbürger im vergangenen Jahr sei mit ein Grund für diese Verstärkung gewesen, so Kammerer: "Außerdem lag die Erkenntnis vor, dass die Tatverdächtigen im Besitz von Waffen sein könnten."

Das Phänomen der Reichsbürger, die die Bundesrepublik und alle ihre Organe nicht anerkennt, tritt immer wieder im Landkreis Erding auf. Wie viele hier leben, kann das Polizeipräsidium nicht sagen. Nach Angaben des Innenministeriums gibt es in ganz Bayern etwa 1700 Reichsbürger. Man komme vor allem bei Kontrollen immer wieder mit Reichsbürgern in Kontakt, sagt Bodo Urban, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Erding. Man merke ihr "Reichsbürgertum" an den Dokumenten, die sie vorlegten. Sie bezeichneten sich auch als "Reichsdeutsche" oder "Germaniten", beriefen sich auf einen "Bundesstaat Bayern" oder eine "Exilregierung des Deutschen Reichs". Der Gruppierung anzugehören, ist nicht strafbar. Problematisch wird es vor allem, wenn Reichsbürger Bußgeldzahlungen verweigerten.

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