Kommentar:Jede Gemeinde schaut nur auf sich

Wenn es um die Herausforderungen des Wachstums in der Region geht, schaut jede Gemeinde nur auf sich. Das muss aufhören.

Von Isabel Meixner

Jedes Jahr könnte zweimal ein Ort der Größe von Poing entstehen - und das würde gerade so ausreichen, die Wohnungsnot in und um München nicht noch weiter zu verschlechtern. In der Realität sieht es freilich nicht so aus, dass sich Kommunen derart baufreudig zeigen, im Gegenteil: Viele Gemeinden wollen bestenfalls ihre Baulücken in den Ortskernen nachverdichten und vor allem keine neuen Baugebiete im Außenbereich ausweisen. So verständlich die grundsätzliche Regelung ist, die Planungshoheit bei den Kommunen anzusiedeln, so sehr zeigt sich, dass sie aus einer Zeit stammt, in der die Kirchturmpolitik das Maß aller Dinge war. Angesichts der Herausforderungen, denen sich der gesamte Großraum München dem Zuzug Tausender gegenüber sieht, wirkt sie schlicht und ergreifend realitätsfern. Diese Herausforderungen nämlich sind nur gemeinsam zu stemmen. Selbst wenn ein Ort oder gar ein ganzer Landkreis beschließt, nicht wachsen zu wollen: Auch er merkt den zunehmenden Siedlungsdruck, etwa in Form von Staus oder überfüllten Naherholungsgebieten an sonnigen Wochenenden.

Es ist ja nicht mit dem Wohnungsbau getan: Mehr Menschen bedeutet mehr Straßen, mehr Verbindungen im öffentliche Nahverkehr, mehr Kindergärten und Schulen, mehr Bedarf an Sport- und Freizeitangebot. Das will natürlich finanziert werden, etwa durch die Gewerbesteuer. So wichtig es wäre, dass die Gemeinden zusammenarbeiten, gemeinsam zum Beispiel Gewerbegebiete erschließen: Letztlich wird jede Gemeinde nur auf ihren Vorteil schauen. Und wo die Folgekosten nicht zu überblicken sind, die Finger davon lassen.

Was das Thema Wachstum im Großraum München besonders schwer macht: In einigen Stadt- und Gemeinderäten sitzen in der Regel Menschen, die Wohnungsknappheit nur vom Hörensagen kennen; die ihre Wohnungen und Häuser schon sicher haben; die in ihren Orten aufgewachsen sind oder dort schon lange leben; die den Anspruch haben, dass ihre Gemeinde so heimelig bleibt, wie sie ist, und mit dem Zuzug deswegen gar nichts zu tun haben zu wollen. Es wird jedoch höchste Zeit, dass die Kommunen über die Grenze ihrer Planungshoheit hinausdenken und sich Konzepte einfallen lassen, wie sie gemeinsam Zuzug ermöglichen können, ohne sich gegenseitig im Regen stehen zu lassen.

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