Körperverletzung:26-Jähriger kommt noch mal mit Geldstrafe davon

Nach Jahren mit etlichen Straftaten und erheblichen psychischen Problemen scheint sich der Angeklagte gefangen zu haben

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Eine Geldstrafe statt eine Freiheitsstrafe auf Bewährung, wie sie die Staatsanwältin forderte, verhängte Richterin Sabine Schmaunz gegen einen 26-jährigen Angeklagten. Sie folgte damit dem Verteidiger des wegen Körperverletzung Angeklagten. Der hatte - gestützt auf die Aussagen eines Sachverständigen - plausibel darlegen können, warum es im Juli 2015 am Bahnhof Altenerding zu den Faustschlägen gegen einen heute 27-Jährigen gekommen ist und warum der Angeklagte inzwischen eine bessere Sozialprognose hat als früher. Denn das Vorstrafenregister des heute 26-Jährigen ist lang und beginnt schon 2006 - als er damals 16 Jahre alt war und noch in Berlin war. Und mit 14 bereits auf der Straße lebte.

Die Einträge in das Bundeszentralregister listeten unter anderem im Laufe der Jahre bis 2011 gemeinschaftlichen Diebstahl, Raub, Erpressung, Fahren ohne Führerschein, Sachbeschädigung, versuchte Nötigung, Beleidigung, vorsätzliches Führen einer Waffe ohne Erlaubnis, Betrug, Widerstand gegen Polizeibeamte, Körperverletzung und unerlaubten Besitz von Betäubungsmittel auf. Danach war er rund drei Jahre in der geschlossenen Psychiatrie und muss seitdem zu regelmäßigen Therapiesitzungen in die Forensischen Ambulanz München. Zudem muss er wegen seiner früheren Probleme mit Alkohol und Drogen alle zwei Wochen Urin abgeben.

Der Vorfall im Juli, so der Sachverständige, passe in das Bild und der Angeklagte räumte über seinen Verteidiger auch alles ein. Warum er damals ohne konkreten Grund auf den 27-Jährigen eingeschlagen hat, gab er nicht an. Der Gutachter führte es auf dessen "erheblichen Persönlichkeitsdefizite" zurück. Er habe schon als Kind Gewalterlebnisse in seinem Elternhaus erleben müssen, zudem habe es sexuellen Missbrauch gegeben. Die Schule habe er mit 14 Jahren verlassen und er habe auf der Straße dann gelebt, in einer "haltlosen Lebenssituation". Er habe sich immer schwer getan Regeln und Grenzen zu akzeptieren und leide unter schweren Stimmungsschwankungen. Die massive Störung seiner Persönlichkeit zeige sich auch in Wutausbrüchen und impulsiven Verhalten.

Laut den Aussagen vor Gericht hatte der 26-Jährige an dem Tag gegen 4.45 Uhr mit seiner Freundin am Auto einen Streit als der Geschädigte mit seiner Freundin und deren jüngeren Bruder vorbei kam. Beim Vorbeigehen soll der Angeklagte "Guck nicht so blöd" zu ihm gesagt haben und dies zweimal wiederholt haben. Der Geschädigte sagte, er habe ihm dann gesagt, er soll sich um "seinen Scheiß" kümmern und sei weitergegangen. Als er sich dann umgedreht habe, habe ihm der Angeklagte mit der rechte Faust einen Schlag auf das Auge verpasst wobei die Brille zerbrochen sein. Es folgten weitere Schläge und eine Rangelei am Boden, ehe beide getrennt werden konnten. Die Bilanz im Krankenhaus: Hämatome, Prellungen am Kopf und Körper, Schürfwunden und eine bleibende Narbe am Kopf durch den Sturz zu Boden. Doch seitdem ist der Angeklagte nicht mehr negativ in Erscheinung getreten. Er hat seit eineinhalb Jahren eine geregelte Arbeit, ist mit seiner Freundin in eine größere Wohnung gezogen. Die Termine mit seinem Bewährungshelfer nimmt er regelmäßig wahr. Nur die Therapietermine in der Forensischen Ambulanz sind etwas unregelmäßiger. Was in diesem Fall aber vor allem zu seinen Gunsten gesprochen hat: er hat, trotz nur einem Nettogehalt von rund 1100 Euro, dem Geschädigten in kurzer Zeit rund 2800 Euro an Schmerzensgeld, Anwaltskosten und Auslagen bezahlt. Zudem hat er sich vorher schriftlich und am Gerichtstag bei dem Geschädigten persönlich entschuldigt. "Für mich ist die Sache damit erledigt. Da ist inzwischen Grad darüber gewachen", sagte der 27-Jährige vor Gericht.

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