Noch immer sitzt bei den Eltern der Schock über die angekündigte Schließung der Dschungel-Gruppe im "Hand in Hand"-Kindergarten zum 1. April tief. Der Träger, der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO), hatte den Schritt am Mittwoch mit akutem Personalmangel begründet. Qualifizierte Mitarbeiter hätten sich trotz aller Bemühungen nicht finden können, sagt die AWO. Doch was dem Verband in den vergangenen Monaten nicht gelungen ist, haben die Eltern in wenigen Stunden geschafft: Auf Initiative des Elternbeirats forschten Väter und Mütter im Bekannten- und Verwandtenkreis nach, und bis Donnerstag Nachmittag hatten tatsächlich drei Fachkräfte Interesse an dem Job angemeldet.
Zu dem Schock kommt jetzt Wut hinzu, berichtet Elternbeiratsvorsitzender Christoph Lotter. Von Seiten der Elternschaft werde der AWO schlechtes Personalmanagement vorgehalten. Doch AWO-Vorstandsvorsitzende Karin Seibt zeigte sich am Donnerstag vor allem voller Hoffnung: Sie sei jederzeit zu einem Vorstellungsgespräch mit den drei Kandidaten bereit. Wenn es passe, könne es womöglich mit der Dschungelgruppe weitergehen.
Seibt sieht beim Kreisverband keinerlei Versäumnis: "Wir haben beständig und auch überregional inseriert, auch online und in Arbeitsamtportalen", betont sie, das könne sie auch per Beleg beweisen. Heute, Freitag, laufe sogar ein Radiospot der AWO bei Arabella. Und sie bleibt dabei: Das Problem liege an den Beschäftigungsverboten für Schwangere, erschwert durch krankheitsbedingte Ausfälle oder Kündigungen. "Diesmal hat es uns aufgrund einer Schwangerschaft kurzfristig erwischt. Wir konnten den Betreuungsschlüssel einfach nicht mehr erfüllen." Qualifiziertes Personal sei nun einmal Mangelware, das sei nicht nur das Problem der AWO, so Seibt. Fest steht, dass die acht Vorschulkinder der Dschungelgruppe auf jeden Fall im Kinderhaus bleiben können. Die restlichen 17 Buben und Mädchen, darunter auch Kinder von Alleinerziehenden, stehen dagegen momentan von 1. April an ohne Betreuung da. Für kommenden Dienstag, 6. März, hat die AWO einen Infoabend für alle Eltern der Dschungelgruppe angesetzt. Mit dabei ist auch Bartholomäus Aiglstorfer, Leiter des Kulturamts im Rathaus Erding. Dass die Stadt als Sachaufwandsträger bei der Suche nach einer Lösung helfe, "das finden wir sehr gut, und da wollen wir die Stadt auch unterstützen, wo wir können", betont Lotter. Allerdings werde das wohl bedeuten, dass die 17 Kinder extern verteilt werden müssten, für die Kleinen sei das "sicher eine Herausforderung". Womöglich könnten aber tatsächlich die Interessenten, die sich jetzt gefunden haben, auch die Schließung der Gruppe verhindern. Wie Lotter versichert, handelt es sich bei allen um qualifizierte Fachkräfte.
Dass die Eltern in so kurzer Zeit so erfolgreich Personal akquirieren konnten, hat für Freude, aber auch für Ärger gesorgt: Von Seiten der Elternschaft werde nicht nur das Management, sondern auch die Kommunikation des Kreisverbands kritisiert, sagt Lotter. Das Engagement der Eltern geht aber noch weiter. Einige Mütter und Väter seien bereit, ihre gebuchten Stunden zu reduzieren, "um so positiv auf den Betreuungsschlüssel einzuwirken", heißt es in dem offenen Brief.
Im Gespräch mit der SZ fordert Lotter im Namen der Elternschaft "ein Umdenken innerhalb des AWO-Kreisverbands". Das betreffe sowohl die Personalpolitik generell als auch den Umgang mit Eltern und Mitarbeitern - "gerade in einer Branche mit Personalmangel und in einer Region mit so hohen Lebenshaltungskosten wie in Erding". Der Vorstand wird sich am Infoabend mit Sicherheit einigen unangenehmen Fragen stellen müssen. Eine davon steht im offenen Brief: Was denn unternommen worden sei, um die AWO als Arbeitgeber attraktiv zu machen? Das ist für Karin Seibt allerdings keine Frage, denn ihrer Ansicht nach ist die AWO "für Mitarbeiter sehr attraktiv".