Jubiläum:Nur lobende Worte für die "Kasperl"

Die Kreisgruppe Erding des Bundes für Umwelt und Naturschutz wird 40 Jahre alt. Die Mitglieder haben in der Zeit einiges bewirkt, wie beispielsweise die Pflege des Naturschutzgebiets Gfällach, aber auch Schlappen einstecken müssen, wie beim Bau der A 94 im Isental

Von Regina Bluhme, Erding

Sie wurden als "Spinner" oder "Kasperl" verlacht: Wer sich im Landkreis Erding anfangs im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) engagierte, der bekam so einiges zu hören. Aber das ist lange her. Zum 40-jährigen Bestehen der Kreisgruppe Erding findet die bayerische Umweltministerin und Erdinger CSU-Landtagsabgeordnete Ulrike Scharf in der Festschrift nur lobende Worte, und beim öffentlichen Festakt am Freitag, 28. Oktober, im Museum Erding sprechen der Oberbürgermeister Max Gotz und der stellvertretende Landrat Jakob Schwimmer. Vor dem Fest wird am Freitag im Stadtwald Erding aber erst einmal eine Linde gepflanzt.

Die Linde ist das Symbol des BUND, genau genommen handelt es um eine "Wildform der Winterlinde", sagt Gabriele Betzmeir. Die Ärztin aus Erding ist seit 2007 Kreisvorsitzende. 1989 ist sie der Ortsgruppe Wörth beigetreten. "Anlass war das Reaktorunglück in Tschernobyl", sagt sie. Damals sei ihre Tochter zwei Jahre alt gewesen, und sie habe sich Sorgen gemacht, "wie wir uns künftig gesund ernähren können". Darum gehe es ihr heute noch: "Um den Schutz unserer Lebensgrundlage, den Natur- und Umweltschutz." Das Engagement dafür sei nicht immer leicht gewesen. "Anfangs wurden wir von einigen nicht richtig ernst genommen, spöttisch Spinner oder Gutmenschen genannt", sagt sie. Als erstmals das Thema Mülltrennung aufgebracht wurde, habe ein Gegenargument gelautet, "dass es nie eine Mülltrennung geben wird, weil man niemanden einen Arbeitsplatz in der Sparte zumuten könne".

Auch Diethelm Henrici, der Erdinger Kreisvorsitzende von 1987 bis 1995, kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als die Naturschützer im Landkreis Erding als "Hamperer" oder "Kasperl" bezeichnet worden sind. "Heute schreibt sich jede politische Gruppierung den Umweltschutz auf ihre Fahnen", erklärt Henrici. Das Bewusstsein habe sich verändert, stimmt ihm Gabriele Betzmeir zu. Zum Beispiel werde auch im Landkreis der "Straßenbauwahn" von vielen mittlerweile kritisch gesehen. Und auch die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf von der CSU spart in der Festschrift zum Jubiläum nicht mit Lob. Sie dankt den Mitgliedern für ihr "langjähriges, nachhaltiges Engagement zur Erhaltung der Schönheit und Vielfalt unseres bayerischen Naturerbes".

Jubiläum: Manchmal muss man richtig hinlangen, zum Beispiel bei Pflegemaßnahmen im Naturschutzgebiet Viehlassmoos.

Manchmal muss man richtig hinlangen, zum Beispiel bei Pflegemaßnahmen im Naturschutzgebiet Viehlassmoos.

(Foto: Renate Schmidt)

Dabei musste der BUND im Kampf für das Naturerbe auch manche Schlappe einstecken. Als größte Niederlage bezeichnet Kreisvorsitzende Betzmeir den verlorenen Kampf gegen den Bau der A 94 im Isental. Die Bagger sind inzwischen angerollt. "Wir dachten, wir schaffen es. Leider ist es schief gegangen mit all den traurigen Folgen für die Umwelt."

Gerade im Landkreis Erding gebe es viel zu tun, betont Manfred Drobny, hauptamtlicher Geschäftsführer der Kreisgruppen Erding und Freising. "Wir liegen im Ballungsraum München. Zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen und die Intensivierung der Landwirtschaft belasten die Umwelt und gehen auf Kosten des Naturschutzes", erklärt Drobny. Dann wäre da auch noch der Kampf gegen den Bau der dritten Startbahn im Erdinger Moos. Ein Etappensieg sei errungen worden, freut sich Gabriele Betzmeir und verweist auf den Bürgerentscheid der Stadt München, der bisher eine dritte Bahn verhindert.

Im Landkreis Erding hat die Kreisgruppe im Laufe der Jahre einiges bewirkt, wie Gabriele Betzmeir aufzählt. Da ist zum Beispiel die Pflege des Naturschutzgebiets Gfällach, eines der ältesten seiner Art in Bayern. Im Einsatz ist die Kreisgruppe auch in den Naturschutzgebieten Viehlassmoos oder Notzinger Moos. Immer wieder wurden Biotope angelegt. Das Titelblatt der Festschrift ziert zum Beispiel eine Wiese in Ottenhofen, auf der wilde Blumen und alte Obstorten gepflanzt wurden.

Die Kreisgruppe Erding ist laut Manfred Drobny seit ihrer Gründung kontinuierlich gewachsen. "Derzeit zählen wir 3038 Köpfe", sagt er. Darunter seien auch einige Familienmitgliedschaften. Um den Nachwuchs müsse der Verein aber kämpfen, "wie alle anderen Vereine auch". Allerdings habe sich herausgestellt, sagt Drobny, dass sich viele Interessenten gerne für ein einzelnes Projekt engagierten. Und solche gibt es genügend im Bereich Naturschutz. Sehr gut klappe auch die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen und Gruppen, wie Drobny betont. So sei die Kreisgruppe gut vernetzt mit dem Alpenkranzl, mit Tagwerk und verschiedenen Bürgerinitiativen.

Jubiläum: Umweltministerin Ulrike Scharf lässt sich von Naturschützer Anton Euringer die im Moor wachsenden Gräser erklären.

Umweltministerin Ulrike Scharf lässt sich von Naturschützer Anton Euringer die im Moor wachsenden Gräser erklären.

(Foto: Renate Schmidt)

Insgesamt hat die Kreisgruppe acht Ortsgruppen in Erding, Bockhorn, Dorfen, Lengdorf, Oberding, Ottenhofen, Taufkirchen und Wörth. Außerdem gibt es drei Kindergruppen in Oberding, Erding und Wörth. Der Verein organisiert Exkursionen, Infoabende und umweltpädagogische Projekte. Zum Naturschutz gehört auch der Einsatz für Fledermäuse. Ein neueres Schutzprojekt gilt den Gelbbauchunken. Ein weiteres Engagement geht weit über die Landkreisgrenzen hinaus: Die Kreisgruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Gefahren der Freihandelsabkommen TTIP und Ceta aufzuklären.

Der Festakt für das 40-jährige Bestehen der BUND-Kreisgruppe beginnt am Freitag, 28. Oktober, um 19.30 Uhr im Museum Erding. Zugleich wird dort eine Ausstellung über die Kreisgruppe eröffnet. Den Festvortrag hält Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern. Die Veranstaltung ist öffentlich. Einlass ist um 18.30 Uhr. Zuvor wird um 17.30 Uhr eine Linde im Stadtwald nordwestlich des Wildgeheges gepflanzt.

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