Je zweieinhalb Jahre Gefängnis:Reisende Einbrecher

Eine Bande von vier Südamerikanern fährt im Dezember 2016 mit dem Auto von Paris in den Landkreis, um hier in Wohnhäuser einzusteigen. Einer der vier Männer war erst am Tag zuvor aus Chile eingeflogen

Von Florian Tempel, Erding

Es ist selten genug, dass Einbrecher gefasst werden. Die Aufklärungsquote lag zuletzt bei 15 Prozent. Dass einer Viererbande Mitte Dezember 2016 noch am gleichen Tag, an dem sie in Erding und Taufkirchen in zwei Wohnhäuser eingestiegen waren, das Handwerk gelegt wurde, war also ein herausragender Erfolg für die Polizei. Doch noch etwas war besonders: Die vier Einbrecher im Alter von 20 bis 36 Jahren waren reisende Straftäter. Einer der vier Männer war erst am Tag zuvor aus seiner Heimat Chile nach Paris geflogen. Kaum angekommen, fuhr er zusammen mit den anderen drei Männern - einem chilenischen Landsmann und zwei Kubanern, die schon länger in Frankreich waren - mit einem Auto, dessen rechtmäßiger Eigentümer bis heute nicht ermittelt werden konnte, zum Klauen in den Landkreis Erding. Alle vier wurden nun am Dienstag vom Amtsgericht Erding zu je zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Die Angeklagten begingen im Erding und Taufkirchen zwei Einbrüche am helllichten Tag. Während der eine im Auto abfahrbereit wartete, hebelten die drei anderen pünktlich zur Mittagszeit ein Fenster eines Wohnhauses in Altenerding auf. Im Haus fanden sie 60 Euro Bargeld, eine Lederjacke, einen Ring mit einem Lapislazuli und zwei Armbanduhren. Der Wert ihrer Beute war alles zusammen weniger, als der Sachschaden von 500 Euro, den sie beim Einbrechen anrichteten.

Was sie nicht mitbekamen, war, dass ein aufmerksamer Nachbar ihnen beim Einbruch zuschaute und der Polizei live am Telefon mitteilte, was im Haus nebenan gerade vor sich ging. Leider kam die Polizei trotz dieser Sofortinformationen nicht schnell genug an den Tatort, um die Bande dingfest zu machen. Da nun aber Typ, Farbe und Kennzeichen ihres Fahrzeugs bekannt war, konnte wenigsten umgehend eine Großfahndung nach den Einbrechern ausgerufen werden, die kaum zwei Stunden später zum Erfolg führte.

In der Zwischenzeit waren die Einbrecher aber schnell nach Taufkirchen gefahren und in ein Wohnhaus in einem etwas außerhalb gelegenen Ortsteil eingestiegen. Hier machten sie fette Beute: Eine Münzsammlung, Schmuck und Uhren im Wert von 4000 Euro. Noch schlimmer war der Sachschaden, den sie in diesem Haus hinterließen 5320 Euro. Am Gravierendsten aber waren die psychischen Auswirkungen auf die Bewohnerin des Hauses, die dort alleine wohnt und durch den Einbruch verständlicherweise stark verängstigt wurde.

Nach dem zweiten Einbruch fuhr die Bande wieder Richtung Erding. Nun wurde ihr Auto von auf der Bundesstraße B 388 gesichtet. Wenig später, kurz vor 14 Uhr, stoppten Polizeibeamte die vier Männern bei Schollbach, nahmen alle fest und stellten die noch frische Beute sicher. Am gleichen Abend bekamen die Bestohlenen ihr Eigentum zurück.

Die Schnelligkeit des ersten Einbruchs und die Zielstrebigkeit, unmittelbar danach einen zweiten in Taufkirchen folgen zu lassen, wiesen darauf hin, dass die Wohnhäuser zuvor ausgespäht worden waren. Das bestätigte sich durch Beobachtungen, die eine Moosinningerin und ein Inninger am Tag zuvor gemacht hatten und die sie nach einem Zeugenaufruf in der Presse der Kripo Erding mitteilten. Die Frau hatte drei junge Männer gesehen, wie sie durch den Garten um ein Nachbarhaus schlichen und durch die Fenster guckten, der vierte saß derweil im Auto. Bei dem Inninger hatten die Einbrecher Sturm geklingelt - wohl um zu prüfen, ob jemand zu Hause war - und hatten dann, als er an die Tür kam, die unglaubwürdige Alibifrage gestellt, ob er ihnen den Weg nach München weisen könnte.

Im Prozess am Amtsgericht Erding legten aller Angeklagten Geständnisse ab. Ihre Verteidiger hatten sich zuvor mit dem Staatsanwalt und dem Gericht auf ein Strafmaß zwischen zwei Jahren und einem Monat und zwei Jahren und zehn Monaten geeinigt. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Michael Lefkaditis wählte gewissermaßen die goldene Mitte. Bei ihren letzten Worten baten die Angeklagten nacheinander um Entschuldigung, sagten es täte ihnen sehr leid, was sie getan hätten, und, dass sie schnellst möglich wieder in ihre Heimatländer wollten.

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