Ehe für alle:"Es signalisiert Normalität"

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Vom 1. Oktober an ist die Ehe für alle möglich, nicht mehr nur für Heteros. Der SPD-Kreisvorsitzende Martin Kern sieht die gesetzliche Gleichstellung als befreienden Moment

Regina Bluhme

Lange hat sich Martin Kern für die "Ehe für alle" eingesetzt und dann ging alles so schnell, dass er überrascht und erleichtert zugleich war: Vom 1. Oktober an können auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe schließen. Bislang war am Standesamt nur eine eingetragene Partnerschaft möglich. Martin Kern, SPD-Kreisvorsitzender aus Buch, ist seit drei Jahren mit seinem Mann verpartnert. Über eine Eheschließung hat das Paar bereits gesprochen. Noch will der 33-Jährige die angekündigte Klage der CSU gegen das Gesetz abwarten. Ein Gespräch über gesellschaftliche Normen und den Unterschied zwischen Partner und Ehemann.

SZ: Herr Kern, nach dem jahrelangem Hin und Her ist es jetzt doch recht schnell gegangen mit der "Ehe für alle", finden Sie nicht?

Martin Kern: Vor zwei oder drei Jahren hat mich ein Passant an einem Infostand angesprochen und gesagt, dass das Thema ohnehin bald erledigt sein wird. Das habe ich mir damals ehrlich gesagt nicht vorstellen können. Dass es so schnell geht, kam für mich schon überraschend. Und ich fühle auch eine gewisse Befreiung.

Inwiefern?

Zum Beispiel kenne ich niemanden, der sagt: Ich bin verpartnert. Ich sage immer, wenn ich gefragt werde, dass ich verheiratet bin und zwar mit meinem Mann. Durch die neue Möglichkeit bekommt das Ganze etwas mehr Alltägliches, es signalisiert Normalität. Der Wunsch, sich ein Leben lang aneinander zu binden, hängt doch nicht vom Geschlecht ab.

Seit wann leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft?

Seit Juli 2014. Im August darauf haben wir hier in Buch am Buchrain dann mit Freunden, Familie und Nachbarn gefeiert. Das war sehr schön. Vor dem Essen habe ich auch eine kurze Tischrede gehalten, bei der ich unseren Eltern für ihren Rückhalt gedankt habe. Denn das, was zwischen mir und meinem Mann ist, ist kein anderes Gefühl als bei heterosexuellen Paaren. Nämlich etwas Normales. Das war ein sehr emotionaler Moment. Und ich habe mir gewünscht, dass unsere Gäste das auch nach außen tragen.

Werden Sie nun, da es gesetzlich möglich ist, auch die Ehe schließen?

Mein Mann und ich haben darüber gesprochen, kurz nachdem die Abstimmung für das Gesetz vorüber war. Wir wollen den Schritt gehen, aber die CSU hat angekündigt, dagegen zu klagen. Wenn das Gesetz Bestand hat, werden wir das machen.

Was ist für Sie der größte Unterschied zwischen Partnerschaft und Ehe?

Der ausschlaggebende Punkt ist, dass homosexuelle Paare jetzt Kinder adoptieren dürfen. Vorher hatten sie keine Chance.

Sie sind immer sehr offen mit Ihrer Homosexualität umgegangen - auch im Bürgermeisterwahlkampf vor drei Jahren.

Wann immer die Frage darauf kommt, antworte ich ehrlich und direkt. Ich finde das ist der beste Weg. Klar passiert es dann, dass das Gegenüber zwei, drei Sekunden nachgrübelt und die Gedanken neu sortiert. Aber ich habe noch nie negative Reaktionen bekommen. Am liebsten wird doch über was getratscht, was geheim ist.

Der Landkreis gilt in weiten Teilen als recht ländlich. In einer Großstadt ist es doch leichter, sich zu outen.

Der größte Knackpunkt beim Outen ist die Frage: Wie bringe ich es meinem Umfeld, der Familie, bei, dass ich nicht der gesellschaftlichen Norm entspreche? Zwei Dinge finde ich wichtig: Im Endeffekt muss jeder seinen eigenen Weg gehen und man darf sich nicht dauerhaft verstecken. Gerade Jugendliche tun sich da oft sehr, sehr schwer. Deswegen bedauere ich es immer noch, das der Kreistag damals den Antrag von Grünen und SPD abgelehnt hat, im Landkreis eine Beratungsstelle für die Jugendlichen einzurichten.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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