Hohenlinden:Viel erlebt und viel geschafft

Rudolf Schierl Hohenlinden

Auf Rudolf Schierls Initiative entstand unter anderem der Waldlehrpfad im Ebersberger Forst.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Rudolf Schierl feiert seinen 95. Geburtstag

Von Philipp Schmitt, Hohenlinden

Auf ein erfülltes Leben kann der frühere Hohenlindenere Zweite Bürgermeister Rudolf Schierl zurück blicken, der am heutigen Mittwoch 95. Geburtstag feiert: "Rudolf Schierl hat für die Gemeinde viel geleistet und sich in vielen Bereichen engagiert", sagt Bürgermeister Ludwig Maurer über den Jubilar, dessen Name zu Ehren seiner vielen Verdienste bereits 2002 auf der Ehrentafel im Rathausfoyer eingraviert und verewigt wurde.

Der in Pomeisl im Sudentenland als sechstes von sieben Kindern geborene Jubilar hat "viel erlebt", wie er der SZ sagte. Seine Biografie ist außergewöhnlich: Sein Vater betreute als Förster das gräfliche Revier Pomeisl/Holeditz, wo der Junior 1938 als Karlsbader Gymnasiast ein Förster-Praktikum absolvierte. Ruhige und schöne Jahre folgten aber erst später, denn 1941, während des Krieges, musste der damals 18-Jährige in den Böhmerwald, nach Ostpreußen und Russland, wo er verwundet wurde. Am 9. Mai 1945 kam der damals 22-Jährige erst in amerikanische und dann in russische Gefangenschaft in Frankfurt an der Oder. Als er hörte, dass er nach Sibirien gebracht werden solle, wagte Schierl mutig die riskante Flucht. Doch beim Versuch zu den Eltern zu reisen wurde er an der tschechischen Grenze erwischt und ins Lager Brüx gebracht, wo er im Hydrierwerk schwer schuften musste, bis am 10. Januar 1946 mit einem Freund die zweite abenteuerliche Flucht in die Freiheit über das Erzgebirge glückte. Über Sachsen und Thüringen kam er nach Bayern: "Das war eine prägende Zeit, ich habe damals unglaubliche Sachen erlebt".

Es folgte von Juni 1946 an mit der Ausbildung bei der Staatsforstverwaltung im Forstrevier Otterfing des Forstamtes Sauerlach und der Forstschule in Lohr ein ruhigeres Leben. Am 22. November 1947 fand die Hochzeit mit Ehefrau Anni (Saareiter) statt - 2007 wurde Diamantene Hochzeit gefeiert. 1956 folgte der Wechsel zum Ebersberger Forstamt ins Forstrevier "Sauschütte", wo die Familie 30 Jahre mitten im Ebersberger Forst wohnte und das Revier bis Ende 1985 betreute. 1963 entstanden auf Schierls Initiative der Waldlehrpfad, später die Wildgehege. Nach dem Ruhestand 1986 zog das Ehepaar nach Hohenlinden.

Während der Ära von Bürgermeister Josef Neumeier von 1982 bis 1996 war Schierl 14 Jahre Zweiter Bürgermeister, dem Gemeinderat gehörte er von 1972 bis 1996 an. In seiner Zeit wurden ein Kindergarten und das Feuerwehrhaus gebaut und das Schulhaus erweitert. Den größten Aufreger erlebte er 1978 in der Ära von Ministerpräsident Franz-Josef Strauß (CSU), als Bruno Merk im Kontext mit der Gemeindegebietsreform eine Verwaltungsgemeinschaft mit Forstinning und eventuell Anzing ins Spiel brachte und in Hohenlinden damit auf Widerstand stieß. Der damals CSU-dominierte Gemeinderat sprach sich für die Eigenständigkeit aus - doch die "sturen CSU-Granden in München" ignorierten dies, erinnert sich Schierl. Deshalb fuhr eine Delegation, darunter Schierl, zu Innenminister Merk in München. Als Merk aber nicht einlenkte, sei den CSU-Lokalpolitikern der Kragen geplatzt: "Mehr als 40 Mitglieder traten aus der CSU aus", im Hohenlindener Ortsverband blieben nur sieben Mitglieder. Die Abtrünnigen gründeten 1978 die Überparteiliche Wählergemeinschaft Hohenlinden (ÜWH): "Wir wären sofort wieder in die CSU zurück, wäre Merk nicht so stur geblieben", sagt Schierl, der sich auch kulturell als Gründungsmitglied des historischen Vereins "Hohenlinden 2000" mit dem im Jahr 2000 organisierten Open-Air-Freiluft-Spektakel "200 Jahre nach der Schlacht von 1800" ein Namen gemacht. Heute hat er zwei Söhne, fünf Enkelkindern und vier Urenkel.

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