Hochwasser:Altenerding wird zum Problemfall

Hochwasser: Hochwasser in Altenerding

Hochwasser in Altenerding

(Foto: Renate Schmidt)

Nach den Überflutungen im Landkreis Erding ziehen die Behörden eine erste Bilanz: Was lief gut, was lief schlecht? Grüne und Bund Naturschutz fordern für die Zukunft einen stärkeren ökologischen Hochwasserschutz

Von Anselm Schindler und Mathias Weber

Zwei Wochen nach dem verheerenden Hochwasser, das im Landkreis zu Katastrophenalarm und Evakuierungen geführt hat, sondieren die Verantwortlichen die Schäden und schauen aber bereits auch auf die Folgen. Aus dem Münchner Wasserwirtschaftsamt, das für den Landkreis Erding zuständig ist, heißt es, erste Priorität hätte nun die Reparatur der Schäden an Dämmen und anderen Wasserbauwerken. Josef Höschl, vom Wasserwirtschaftsamt ist sich der Schäden, den die Flut hinterlassen hat, bewusst. Allerdings sagt er: "Im Großen und Ganzen haben die Stände dem entsprochen, was man erwartet hat." Höschl gibt sich vorsichtig zufrieden mit den bisher getroffenen Maßnahmen. Nur an wenigen Orten, etwa am Semptpark in Altenerding, habe er nicht mit diesen Wasserständen gerechnet.

In vielen Teilen des Landkreises haben technischer Hochwasserschutz - ein Ausbau der Dämme etwa oder ein Hochwasserrückhaltebecken - das Schlimmste verhindert. An der Sempt in Altenerding aber, eine Gegend, die es am Schlimmsten getroffen hat, sind die Anwohner verbittert. Sie bemängeln fehlende Initiativen beim Hochwasserschutz und falsches Management während der Katastrophe. So seien etwa die Wehre entlang der Sempt zu schnell geöffnet worden, Brücken seien zu niedrig gebaut worden und hielten so Wasser zurück, insgesamt werde zu viel Wasser aus den Neubaugebieten in die Sempt eingeleitet. Sie fragen sich: War das Hochwasser auch hausgemacht? Abteilungsleiter Höschl möchte diese Vorwürfe nicht gelten lassen.

Verbesserungen schaffen

Die Wehre - von privaten Unternehmern wie auch das Stadtwehr der Kommune, seien automatisiert und stünden miteinander in Kontakt, sie hätten einwandfrei funktioniert. Allerding gibt Höschl auch zu, dass der Hochwasserschutz in Altenerding an seine Grenzen stößt. Der Stadtteil ist beliebt, immer mehr wird dort gebaut. Wo also solle man noch Deiche oder Rückhaltebecken bauen? "In Teilbereichen allerdings kann man Verbesserungen schaffen, bei Brücken oder Wehranlagen zum Beispiel." Im Sempttal südlich von Erding gebe es noch Flächen, die als Hochwasserflächen verwendet werden könnten. In der Altenerdinger Austraße, die es schwer getroffen hat, war das Problem nicht nur der Hochwasserschutz: Östlich von Erding führe ein zu kleiner Graben den Hügel entlang, der teilweise kanalisiert sei, so Höschl. Er hat viel Wasser in die darunter liegenden Wohngebiete geführt. Man macht sich nun Gedanken, was dort baulich passieren müsse. "Wir sind in Gesprächen mit der Stadt", sagt Höschl.

Dass das Hochwasser zum Teil selbst verschuldet ist, befürchten auch Parteien und Interessensverbände in Erding. Der Bund Naturschutz und auch die Grünen fordern als Konsequenz aus der Flut einen ökologischeren Hochwasserschutz und weniger technische Maßnahmen. Es funktioniere nicht, "der Natur ein Schnippchen zu schlagen. Die holt sich den Raum, den sie benötigt", sagt die Sprecherin des Grünen-Kreisverbandes Erding, Helga Stieglmeier. Deshalb habe es auch keinen Sinn, die Dämme immer höher zu bauen. Die Erdinger Grünen sind zwar nicht prinzipiell gegen technischen Hochwasserschutz, er sei aber teilweise kontraproduktiv und nur als Ergänzung zu ökologischen Maßnahmen sinnvoll. Vielmehr muss Stieglmeier zufolge dafür gesorgt werden, "dass die Flüsse wieder in die Breite gehen können". Früher hätten dies die Auen gewährleistet, diese seien aber heute zumeist verschwunden oder zugebaut.

Effektiver Schutz

Ähnlich äußert sich auch der Bund Naturschutz. Im Einzelfall seien technische Mittel zum Hochwasserschutz zwar nötig, diese würden aber nur die Symptome für Überschwemmungen angehen, nicht aber deren Ursachen, sagt Gabriele Betzmeir, erste Vorsitzende des Bund Naturschutz in Erding. Zielführender als höhere Dämme seien daher Rückverlegungen von Deichen, wie es auch an der Isar geschah. Dort sei das diesjährige Hochwasser weniger verheerend gewesen als noch 2005 - in der jüngeren Vergangenheit hat man dem Fluss mehr Spielraum gegeben. Betzmeir sagt, der Bund Naturschutz fordere seit Jahren "Breitwasser statt Hochwasser". Die Freigabe der Auen für das Wasser "bieten zusätzlich vielen gefährdeten Tierarten Schutz", sagt sie. Dass es einen Zusammenhang zwischen der "naturnahen Gewässerentwicklung" und effektivem Schutz vor Hochwasser gibt, das schließt auch Höschl vom Wasserwirtschaftsamt nicht aus. Ist das Beispiel Isar ein Beweis für die Effizienz des ökologischen Hochwasserschutzes? Die Befürworter fühlen sich durch das Beispiel und die Schäden im Landkreis bestärkt.

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