Heimische Unternehmen:Das Ausland rückt in den Fokus

Erdinger Weißbräu, Himolla, Gewo und Spetec: Für viele Firmen aus dem Landkreis wird der Export immer wichtiger. Bier aus Erding gibt es schon in 100 Ländern

Von Regina Bluhme, Erding

Erst kürzlich hat Ulrich Reineke, Exportmanager bei der Firma Himolla aus Taufkirchen, ein Seminar besucht. Das Thema: erfolgreicher Vertrieb in den USA. Die Firma liefert in mehr als fünfzig Länder, Amerika ist vor zwei Jahren hinzugekommen. Generell befinden sich die Exporte im Landkreis im Aufwind, teilte kürzlich die IHK für München und Oberbayern mit. Die Industriebetriebe im Landkreis Erding erzielten demnach im vergangenen Jahr 30,1 Prozent ihrer Umsätze im Ausland. Das sind drei Prozent mehr als 2015. Im Vergleich zur gesamtbayerischen Quote von 52,3 Prozent ist allerdings noch reichlich Luft nach oben.

Insgesamt lieferten die Industriebetriebe aus dem Landkreis im vergangenen Jahr Waren im Wert von 288 Millionen Euro ins Ausland, schreibt die IHK. Das sei ein deutliches Plus von 18,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Immer mehr Unternehmen der Region erkennen die Bedeutung des Exports und wagen sich ins Ausland", sagt Otto Heinz, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Regionalausschusses Erding-Freising. International herrsche eine starke Nachfrage nach deutschen Produkten.

"Qualität made in Germany ist ein großer Pluspunkt", weiß Exportmanager Ulrich Reineke. "Unsere Auslandsexporte sind in den letzten Jahren gestiegen." Der Bereich solle weiter ausgebaut werden, "die Exportabteilung haben wir bereits personell aufgestockt." Der Kernbereich des Geschäfts liege in Deutschland und den angrenzenden europäischen Ländern, so Reineke. Die Sessel werden aber immerhin in mehr als fünfzig Länder geliefert, auch nach Asien und den Mittleren Osten. Im Ausland präsent ist auch die Gewo Feinmechanik GmbH aus Hörlkofen. "Unsere Exportquoten gehen nach oben", berichtet Geschäftsführer Andreas Woitzik. Neunzig Prozent der komplexen Zulieferteile gehen zunächst zu deutschen Niederlassungen und werden von diesen dann für ihre Produktionen genutzt, auch in aller Welt. Als Beispiel nennt Woitzik die Firma Zeiss, die mit Gewo-Komponenten im englischen Cambridge produziert. Und so rückt der Brexit plötzlich nahe an den Landkreis heran. Woitzik bleibt hier gelassen: "Wir warten jetzt erst mal ab."

Heimische Unternehmen: In 100 Ländern der Welt kann man Weißbier aus Erding trinken. Der Exportanteil des Unternehmens liegt eigenen Angaben zufolge bei einem Fünftel.

In 100 Ländern der Welt kann man Weißbier aus Erding trinken. Der Exportanteil des Unternehmens liegt eigenen Angaben zufolge bei einem Fünftel.

(Foto: Peter Bauersachs)

Fabian Holzner, einer der Geschäftsführer der Spetec Gesellschaft für Labor- und Reinraumtechnik in Erding, zählt unter anderem die Länder China, Singapur und Malaysia zu den Kunden. Die Exporte lägen seit Jahren auf hohem Niveau, berichtet er. Für sein Unternehmen sei der Besuch internationaler Fachmessen wichtig. Der persönliche Kontakt spiele ebenfalls eine große Rolle. Deshalb sei er immer wieder vor Ort, auch in China. "Und natürlich informiert man sich da vorab über die Gepflogenheiten in dem Land." Bisher habe es immer gut geklappt, fügt er hinzu.

In rekordverdächtigen 100 Ländern ist die Privatbrauerei Erdinger Weißbräu vertreten, teilt Waltraud Kaiser, Exportdirektorin der Brauerei, mit. Der Exportanteil des Weißbräus liege bei 20 Prozent. "Das Auslandsgeschäft hat sich zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor entwickelt, das zum positiven Gesamtergebnis des Unternehmens beiträgt", sagt sie. Die größten Exportmärkte liegen laut Kaiser nach wie vor in Europa, ein Erdinger gibt es mittlerweile aber auf allen Kontinenten zu kaufen. Die Brauerei müsse ständig mit neuen Herausforderungen in den diversen Exportmärkten zurechtkommen, fügt die Exportdirektorin hinzu. Sei es die Russlandkrise oder der wirtschaftliche Einbruch in Brasilien oder der Tod des thailändischen Königs in Japan. Schwierig sei der Markt in Lateinamerika. Fast alle Länder dort seien sehr bürokratisch und protektionistisch. "So gut wie keine Möglichkeit haben wir derzeit in Venezuela. Nach Argentinien können wir erst seit dem Regierungswechsel im Jahr 2016 wieder liefern. Problematisch gestalten sich auch die arabischen Länder", berichtet Kaiser.

Mit einer Exportquote von 30,1 Prozent fürs Jahr 2016 hat der Landkreis Erding insgesamt noch Luft nach oben. In ganz Bayern liegt laut IHK die Exportquote des verarbeitenden Gewerbes bei 52,3 Prozent, in Oberbayern bei 57,1 Prozent. Bayerische Exportschlager sind laut IHK weiterhin "Fahrzeuge, Maschinen und elektrotechnische Erzeugnisse". Wichtigste Exportmärkte für Bayern sind die USA, China und Großbritannien. Die meisten Exporte, nämlich 57 Prozent, gehen immer noch in Länder der Europäischen Union.

Heimische Unternehmen: Otto Heinz tritt für noch mehr Export ein.

Otto Heinz tritt für noch mehr Export ein.

(Foto: Renate Schmidt)

Otto Heinz betont, dass die Wirtschaft auf freien Handel nicht verzichten könne. Der IHK-Vizepräsident will noch mehr kleine bis mittlere Unternehmen im Landkreis Erding dazu bringen, sich nach neuen Märkten im Ausland umzusehen. Außenhandelskammern gibt es in 90 Ländern, teilt die Geschäftsstelle mit. "Sie helfen bei der Kontaktaufnahme und beim Netzwerken." Die IHK biete Seminare für einen erfolgreichen Vertreib im Ausland an und unterstütze mittelständische Unternehmen bei der Marktanalysen, dem Marketing oder auf Fachmessen, fügt der Moosburger Unternehmer hinzu.

Heinz verweist auf den Exportpreis Bayern 2017, der heuer zum elften Mal vergeben wird. Gekürt werden Firmen, die auf der Suche nach ausländischen Märkten eine besonders spannende Entwicklung hinter sich haben oder mit einer herausragenden Webseite für sich werben. "Vielleicht sagt sich der eine oder andere: Das traue ich mir auch zu", hofft Heinz. Gerade für Erdinger Mittelständler biete die Nähe zum Flughafen einen Vorteil. Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern können sich noch bis Montag 31. Juli, für den Exportpreis Bayern 2017 bewerben. Der Wettbewerb wird von den bayerischen IHKs und Handwerkskammern unter Federführung des Wirtschaftsministeriums organisiert.

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