Haindling kommt:"Bairisch bleibt meine Musik immer"

Haindling kommt: Haindling ist aus der bayerischen Musikszene nicht wegzudenken. Der 71-Jährige hat sich und seine Band nach seinem Geburtsort in Niederbayern benannt.

Haindling ist aus der bayerischen Musikszene nicht wegzudenken. Der 71-Jährige hat sich und seine Band nach seinem Geburtsort in Niederbayern benannt.

(Foto: Denise Höfle)

Hans-Jürgen Buchner ist Haindling: Seit den 80er-Jahren macht er mit seiner Band Musik, Ende Juni kommt er in die Erdinger Stadthalle. Ein Gespräch über Heimat, Individualität und seinen größten Hit

Interview von Stefanie Pichlmair, Erding

Das Notenlesen hat Hans-Jürgen Buchner längst verlernt. Doch das kümmert ihn wenig, er pfeift seine Haindling-Melodien einfach in ein Aufnahmegerät - genauso wie er auf Mode und Trends pfeift. Die Erdinger SZ hat mit Haindling gesprochen - einem Künstler, der sich selbst treu bleibt.

Am 29. Juni treten Sie mit Ihrer Band Haindling und Ihrem Programm "Achtung, Achtung!" in der Erdinger Stadthalle auf. Ist das einfach nur ein X-beliebiger Auftrittsort oder haben Sie auch eine persönliche Verbindung zum Landkreis?

Hans-Jürgen Buchner: Erding bedeutet für mich Heimat. Wenn ich zum Beispiel aus den USA heimkomme und am Flughafen im Erdinger Moos lande, fühle ich mich dort schon zu Hause.

Obwohl Sie Niederbayer sind?

Ganz Bayern ist für mich Heimat.

Sie singen ausschließlich Bairisch. Was wäre an Ihren Texten anders, wenn sie hochdeutsch wären?

Meine Texte würden auf Hochdeutsch nicht mehr so schön klingen, Bairisch ist ja eine sehr musikalische Sprache. Außerdem ist das Hochdeutsche nicht so komplex wie das Bairische, es hat weniger Zwischentöne. Vieles, was auf Hochdeutsch gesungen wird, klingt auf Bairisch schnell peinlich. Gut, über den Inhalt von "Heit gibt's a Rehragout, a Rehragout, a Rehragout aufd Nacht" muss man zwar auch nicht lange nachdenken. Aber generell muss man im Bairischen viel mehr drauf achten, dass die Texte authentisch sind.

Was wäre denn ein authentischer bairischer Satz?

Ach, ein Satz alleine ist zu wenig. Es geht ja eher um das Baierische an sich. Dass man Lederhosen aus Überzeugung und nicht aus Modegründen trägt. Oder wenn mir jemand sagt, er käme aus München und ich mir denke: Wäre schön, wenn man das auch hören könnte. Geschmacklosigkeit kann man halt nicht aufhalten.

Es heißt oft, dass man Musik von Haindling nach nur zwei Takten erkennt. Was glauben Sie macht den Wiedererkennungswert Ihrer Musik aus?

Ich spiele alle meine Lieder selbst ein, jedes einzelne Instrument. Die Trompete spiele ich auf meine eigene Art, genauso Saxofon oder Klavier. Das hört man einfach. Und dazu kommt noch meine Stimme und der bairische Text.

Sie sagen, Sie machen keine bairische Musik, sondern Musik aus Bayern. Wo ist der Unterschied?

Bairische Musik ist traditionell und folgt bestimmten musikalischen Regeln. Musik aus Bayern ist frei in der Gestaltung und nur geografisch bairisch, sie kann auch auf Englisch sein. Wobei, vielleicht mache ich eher Musik mit bairischem Gesang. Stilmäßig gibt es für mich zwar keine Grenzen, wenn mir ein Tango gefällt, wird's ein Tango, wenn ich Lust auf Walzer habe, eben das. Aber Bairisch bleibt meine Musik immer, wegen der Sprache.

Mittlerweile besitzen Sie, wie man liest, Instrumente auf einer Fläche von mehr als 150 Quadratmetern, unter Anderem Tibetanische Tempeltrompeten. Woher haben Sie die?

Manche Instrumente haben ihren Weg selbst zu mir gefunden. Die Tempeltrompeten hat mir ein befreundeter Entwicklungshelfer mitgebracht, er war in Tibet vor Ort. Er hat mich gefragt, ob ich welche möchte. Ich habe ja gesagt und jetzt sind sie hier.

Sie sagen über sich selbst, dass Sie kein Musiker sind, der ständig über Liebe singt. Stattdessen schrieben Sie ein Lied über einen verpackten Sandkuchen. Dass Sie nicht nur über Liebe singen wollen, ist verständlich. Aber warum muss es ausgerechnet Plastikverpackung sein?

Diesen Kuchen gab es im Flugzeug auf einer China-Rückreise. Die Zutatenliste war so klein gedruckt, dass ich sie nicht lesen konnte. Das hat mich geärgert und ich habe den Kuchen mitgenommen und daheim mit der Lupe untersucht. Es waren nur Chemikalien drin, Konservierungsstoffe, Farbstoffe und solches Gift. Dazu musste ich einfach mal was sagen, solche Zustände müssen sich ändern. Ich bin schließlich kein Volksfestmusikant, der nur vom schönen Leben singt.

Sie wollen, dass sich etwas ändert? Dann hätten Sie Politiker werden sollen.

Nein, dazu habe ich nicht die Nerven. Da sitzt man im Landtag rum und bekommt Geld dafür, dass man so abstimmt, wie es die Partei wünscht. Da singe ich lieber vor 1500 Leuten, die froh sind, dass sich jemand eigene Gedanken zu einem Thema macht.

Apropos eigene Gedanken: Sie haben einmal kritisiert, dass in Castingshows nur fremde Stile nachgesungen werden. Was bedeutet Individualität für Sie?

Grundsätzlich bedeutet es, einen persönlichen Stil zu haben und diesen unabhängig von Mode oder Trends zu leben. Als ich mit der Musik angefangen hatte und in Punkhose und Leopardenjackerl aufgetreten bin, haben die Leute gesagt: Hans, du spinnst. Ich bin trotzdem weiter so rumgelaufen. Individuell sein heißt, machen, was einem selber gefällt und sich nicht anbiedern. Das gilt auch für die Musik. Ich hatte nie das Ziel, berühmt zu werden oder viel Geld zu verdienen. Ich wollte einfach nur Musik hören, die mir gefällt.

Sie treten kommende Woche auch im Gasteig auf, Haindling trifft dort auf Carmina Burana. Wo ist die Schnittstelle von Haindling zu Carl Orffs Werk?

Es war die Idee des Dirigenten. Carl Orff schrieb ja auch "Die Bernauerin", ein Stück über die Baderstochter Agnes Bernauer, die auf Befehl des Landesfürsten in der Donau ertränkt wurde. Zum einen habe ich selbst über die Donau schon einige Lieder geschrieben und zum anderen kam Agnes Bernauer aus Straubing - wie ich.

"Lang scho nimmer gsehn": Spielen Sie das wirklich bei jedem Auftritt?

Ja.

Können Sie es überhaupt noch hören?

Es ist sogar mein liebster Teil bei jedem Konzert. Wir spielen es immer zum Schluss, das ganze Publikum steht auf und singt mit. Das ist auch für uns als Band immer ein besonderer Moment und wir freuen uns jedes Mal darauf.

Haindling kommt am Mittwoch, 29. Juni, in die Erdinger Stadthalle. Beginn ist um 20 Uhr, Einlass eine Stunde zuvor. Karten kosten zwischen 47 und 39 Euro und sind über stadthalle-erding.de, telefonisch über 08122/99 07 12 oder per E-Mail unter ticket@stadthalle-erding.de zu beziehen.

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