Gute Idee:Bibel der Mathe-Nachhilfe

Andreas Schneider

Andreas Schneider vergleicht Erklärungen in Mathebüchern und im Internet, bis er die schlüssigsten Herangehensweisen erläutert.

(Foto: privat)

Ein 25-jähriger Erdinger, der nach Spanien ausgewandert ist, hat die meistfrequentierte kostenlose Online-Lernplattform für Mathematik entwickelt. Ein vorbildliches soziales Projekt

Von Thomas Daller, Erding

Mit einer Million Seitenaufrufe pro Monat hat sich Mathebibel.de zur größten kostenlosen Mathematik-Lernplattform im deutschsprachigen Raum entwickelt. Die Seite richtet sich an Schüler, Studenten und Lehrer und bietet mehr als 400 Erklärungen zu allen Themengebieten der Mathematik. Mathebibel.de ist ein Ein-Mann-Projekt von Andreas Schneider. Der 25-Jährige ist in Erding aufgewachsen und hier zur Schule gegangen. 2013 ist er zusammen mit seinen Eltern nach Spanien ausgewandert.

Klassische Nachhilfe ist nicht billig, das kann sich nicht jeder leisten. Auch die immer beliebter werdenden Online-Nachhilfen haben oft einen Abo-Bereich, der nur über eine kostenpflichtige Registrierung erreichbar ist. Schneider bietet seine Mathe-Nachhilfe im Internet hingegen völlig kostenlos an, weil er darin einen Beitrag zur Chancengleichheit sieht. Seine Server- und Lizenzkosten finanziert er über Werbung, Geld will er nicht damit verdienen.

In den 400 Erklärungen zu allen Themenbereichen der Mathematik steckt viel Arbeit. "Ich bin kein Mathegenie", sagt Schneider, "ich habe das nicht alles im Kopf." Er nennt seinen Arbeitsstil "journalistisch": Zu jedem Thema schlägt er in Stapeln von Mathematikbüchern nach, wie es dort erklärt wird und sieht sich bei anderen Lernplattformen um, wie deren Herangehensweise ist. Sobald ihm klar ist, welche Erklärungen sich schlüssig und einleuchtend zusammenfügen, macht er sich ans Werk. Er hebt farbig hervor, was wichtig ist, erläutert schrittweise die Gedankengänge und setzt bei Bedarf auch Videos ein. Dabei kommt ihm zugute, dass er bereits von 2010 bis 2011 den Youtube-Kanal "NachhilfeTV" betrieben hat, der immer noch bis zu 50 000 Mal pro Monat angeklickt wird. Aus den Erfahrungen, die er mit dem Projekt NachhilfeTV gesammelt hat, entwickelte er die Idee zu Mathebibel.de. Diese Plattform biete didaktisch mehr Möglichkeiten als Videos, die er aber gerne ergänzend einsetzt. Außerdem spare er Zeit, weil die Produktion von Videos sehr aufwendig sei. Im Schnitt rechnet er mit etwa sechs Stunden pro Beitrag, es können aber auch mal zwei Wochen sein. So lange hat es beispielsweise gedauert, den Beitrag über Hauptachsentransformation zu verfassen. "Genau zu diesem Thema habe ich am Gymnasium in Erding mal eine Facharbeit verfasst. Aber für diesen Beitrag habe ich noch mal bei Null begonnen, alles verbessert und auf den neuesten Stand gebracht."

Mehrmals pro Monat veröffentlicht er neue Inhalte und überarbeitet alte. Und weil auch viele Lehrer auf Mathebibel.de zugreifen, bekommt er auch von ihnen Anregungen: "Da könnte man noch einen Absatz ergänzen." Schneider sieht sich selbst weder als der beste Mathelehrer, noch als jemand, der den Schulbuchautoren überlegen sei. Im Mathematikunterricht komme man aus Zeitgründen manchmal nicht dazu, ein Thema weiter zu vertiefen und die Schulbuchverlage könnten auch nicht jedem mathematischen Thema zehn Seiten mit Erklärungen widmen. Schneider: "Im Schulbuch kann man das nicht machen, im Internet schon."

Schneider pflegt die Internetplattform neben seinem Studium in Malaga. Er will in Spanien bleiben, trotz der wirtschaftlichen Situation: "Wer gut ausgebildet ist, findet auch hier einen Job." Mittelfristig träumt er davon, seine Plattform ins Englische und Spanische zu übersetzen. Aber dafür bräuchte er einen mathematisch gut bewanderten Dolmetscher - und die sind sehr teuer. Eine mehrsprachige Plattform fände er schon deshalb gut, weil er dabei auch an Kinder von Flüchtlingen denkt, die sich nur selten eine klassische Nachhilfe leisten können. Sein soziales Projekt hat auch Eingang in das "Web-Adressbuch für Deutschland 2016" gefunden, das im Oktober 2015 erscheint.

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