Gestiftet wurde es von Markus Funke:Erinnerung an den Nazi-Terror

Gestiftet wurde es von Markus Funke: Pfarrer Otto Steinberger und seine evangelische Kollegin Anna Hertl haben das Mahnmal eingeweiht, das an das KZ-Außenlager in Neufahrn erinnern soll. 500 Gefangene wurden hier von den Nazis fest gehalten.

Pfarrer Otto Steinberger und seine evangelische Kollegin Anna Hertl haben das Mahnmal eingeweiht, das an das KZ-Außenlager in Neufahrn erinnern soll. 500 Gefangene wurden hier von den Nazis fest gehalten.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Geschichtsverein hat am ehemaligen KZ-Außenlager in Neufahrn ein Mahnmal aufgestellt, bezahlt hat es ein Gemeinderat. Jetzt ist es eingeweiht worden, genau an dem Jahrestag, als US-Soldaten die 500 Gefangenen befreiten

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Otto Steinberger war Drittklässler, als die Nazis am südlichen Rand von Neufahrn, ganz in der Nähe des elterlichen Bauernhofs, ein KZ-Außenlager einrichteten und 500 Häftlinge in die Baracken sperrten. Der Bub war neugierig und schlich sich an den Stacheldrahtzaun. Dort sah er ein Windspiel, das ein Häftling aus Holz gebastelt hatte. Für ein großes Stück Brot könne er es haben, sagte der Mann. Der kleine Otto ist heimgelaufen, hat sich von seiner Mutter Brot geben lassen und es gegen das Spielzeug eingetauscht.

Später wurde Zeitzeuge Otto Steinberger Pfarrer, und in dieser Funktion hat er nun bei einer Gedenkfeier zusammen mit seiner evangelischen Kollegin Anna Hertl das vom Heimat- und Geschichtsverein initiierte Mahnmal geweiht, das an das Außenlager und dessen Standort erinnert. Die 2,20 Meter hohe Beton-Stele steht an der Dietersheimer Straße, neben dem Gebäude des Wasser-Zweckverbandes, und hat die Form eines gleichschenkligen Dreiecks. Sie symbolisiert so die Häftlingswinkel, welche die Gefangenen zur Kennzeichnung der Inhaftierungsgrundes an ihrer Kleidung tragen mussten. Markus Funke, Gemeinderat und Vorstandsmitglied des Heimatvereins, hat das Mahnmal gestiftet. Auf der Frontseite wurde eine Luftaufnahme von 20. April 1945 angebracht. Deutlich sind die 18 Baracken zu erkennen. Neben den Wohnbaracken gab es auch ein Krankenrevier, eine Wasch- und eine Küchenbaracke.

Etwa 1,5 Kilometer südlich des Lagers sollten die Häftlinge für die Nazis eine Start- und Landebahn für Nachtjäger errichten. Der Historiker und frühere BR-Journalist Ernest Lang, Vorsitzender des Heimatvereins, hat sich intensiv mit diesem eher unbekannten Kapitel der Ortsgeschichte auseinander gesetzt. Die Häftlinge stammten aus ganz Europa, erzählt er. Politisch und rassisch Verfolgte seien ebenso dabei gewesen, wie Juden, Homosexuelle und Kriminelle. In alten Unterlagen hat Lang auch die Aussage von Johann Munk gefunden, der im März 1943 als "Zigeuner" inhaftiert und in verschiedenen Konzentrationslagern war. Von Dachau wurde er nach Neufahrn gebracht. "Die SS-Leute waren ein oder zwei Tage vor Ankunft der US-Truppen verschwunden", erzählte er später, die "OT-Leute sind bei uns geblieben und sind von den Amerikanern in Gefangenschaft genommen worden." OT war die Bezeichnung für die Organisation Todt, den paramilitärischen "Baukonzern" der Nationalsozialisten, der vor allem Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge als Arbeitskräfte einsetzte, wie Lang erklärt. Vom Engagement der Bürger für die Errichtung des Mahnmals zeigte sich Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, beeindruckt. Der Stiftung sei es ein Anliegen, dass auch Außenlager nicht in Vergessenheit gerieten, betonte er, doch sie könne nicht in allen Orten selbst aktiv werden. "Nur eine aktive Bürgerschaft bewahrt uns vor dem Vergessen", so Freller. Er wies auch ausdrücklich darauf hin, dass Erinnerungsorte zugleich Lernorte sein sollten - gerade in Zeiten, in denen Terror und Menschenrechtsverbrechen wieder zunehmen. Die Bedeutung von "Erinnerungskultur" im Ort hob Bürgermeister Franz Heilmeier hervor. An die Besucher der Gedenkfeier appellierte er, sich nationalistischer Strömungen entgegen zustellen und für Friede und Freiheit einzutreten.

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