Freising:Jesuskind im Karton

Mit der gelungenen Sonderausstellung "Zwischenspiel" zeigt das Freisinger Diözesanmuseum, wie es inhaltlich arbeitet - obwohl es bis auf weiteres wegen der umfassenden Sanierung geschlossen ist

Von Christoph Dorner, Freising

Das Jesuskind liegt in der Krippe. Die liegt in einem braunen Karton. Die Fotografie aus der Ausstellung "Hinter den Kulissen" irritiert den Betrachter. Dabei führt sie vor Augen, dass die Jahrhunderte alte Statue vom Jesuskind sorgsam eingelagert werden muss, wenn sie nicht ausgestellt werden kann.

Die Fotoserie von Thomas Dashuber und Michael Wesely zeigt, wie minutiös ein Museum trotzdem arbeitet, obwohl es nicht geöffnet ist. Ein Los, welches das Diözesanmuseum seit seiner plötzlichen Schließung im Juli 2013 wegen Mängeln beim Brandschutz zu gut kennt - und nun zu der gelungenen, viertägigen Sonderausstellung "Zwischenspiel" inspiriert hat, die noch bis Sonntag geöffnet ist. Das Diözesanmuseum ist allein wegen seines Sujets ein Haus der Geschichte, die man nicht einfach abstellen kann wie den Strom. Dem trägt die Ausstellung mit ihrem werkstattähnlichen Charakter Rechnung, der gleichzeitig ein Aufbruchsignal aussenden soll.

Vieles sei improvisiert, sagt Museumsleiter Christoph Kürzeder. Mit den Holzkisten in der "Rokoko-Lounge" wurden zuletzt Ausstellungsstücke nach München transportiert. Nun sind sie zu minimalistischen Sitzmöbeln umfunktioniert. Im Obergeschoss sind auch einige Exponate der Ausstellung "Von Jägern und Sammlern" in vitrinenartigen Transportkisten ausgestellt. Die Botschaft: Ein kirchliches Museum ist ein Gebilde, das derzeit nicht nur 40 000 historische Objekte vor dem Verfall bewahrt, sondern in Bewegung sein will. Im Nebenraum gewährt Restauratorin Regina Bauer-Empl einen Einblick in ihre Arbeit. Sie hat eine Altartafel mit einer unkenntlichen Heiligenfigur auf einen Tisch gelegt, deren Farbschichten per Mikroskop untersucht werden können. Normalerweise arbeitet Bauer-Empl in einer Werkstatt am Domberg behutsam daran, die Substanz solcher Tafeln zu erhalten.

Im Erdgeschoss stellen auch die Museumspädagogen in einem Raum ihre Arbeit vor. Sie gießen mit Kindergruppen Stuck, ummanteln Isarkiesel mit Blattgold und üben mit Gänsefeder und Rußtinte alte Schriften. Allein im Mai hätten rund 500 Kommunionkinder aus dem Bistum an diesen Workshops in der Werkstatt auf dem Domberg teilgenommen, sagt Museumspädagoge Benedikt Lutzenberger.

Die Ausstellung "Im Kraut" dokumentiert das Leben im Freisinger Knabenseminar, das von 1828 bis 1972 von 5495 Buben durchlaufen wurde, über 1800 wurden später Priester. Sie mussten laut Hausordnung um fünf Uhr aufstehen und durften nur einmal im Monat Besuch der Eltern empfangen. Glaubt man den Fotos der sparsam kuratierten Ausstellung, dann hatten die Knaben aber auch ihren Spaß.

Am Donnerstag drängen sich bereits Luftballons mit Postkarten an der Holzdecke des Gebäudes. Darauf haben Besucher geschrieben, was sie sich vom Diözesanmuseum im Zuge der Sanierung wünschen. Das Feedback werde gesammelt, sagt Kürzeder. Es soll in die Neukonzeption des Hauses während der Sanierung einfließen.

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