Forstinning:Kein Rückgang des Verkehrs

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Niedrige Messwerte der Berliner Behörde zeigen ein falsches Bild

Von Korbinian Eisenberger, Forstinning

Im Wirrwarr um die neueste Verkehrsmessung für Forstinning hat das staatliche Bauamt nun eine detaillierte Erklärung abgegeben. Auf SZ-Anfrage teilte der zuständige Straßenplaner Bernhard Bauer am Dienstag mit, dass die Zahlen des Bundesverkehrsministeriums aus seiner Sicht keine tauglichen Vergleichswerte enthalten. "Der scheinbare Rückgang der Verkehrsbelastung beruht darauf, dass 2010 und 2015 unterschiedliche Querschnitte erhoben und ausgewertet wurden", so Bauer.

Aus kürzlich veröffentlichten Messwerten des Verkehrsministeriums ließ sich für die Ortsdurchfahrten Moos und Schwaberwegen ein deutlicher Rückgang des Verkehrs lesen. 2010 hatte das Berliner Ministerium noch 13 196 Fahrzeuge gezählt, die neueste Erhebung aus dem Jahr 2015 ergab nun die Zahl 9921, was einem Rückgang von 25 Prozent gleichkäme. Bauers Analyse ergab, "dass der Verkehr nicht abgenommen hat". Im Gegenteil: Das Verkehrsgutachten seiner eigenen Behörde im Jahr 2015 dokumentiere, dass der Verkehr gegenüber den Vorjahren zugenommen habe. "Die Notwendigkeit der Ortsumfahrung Schwaberwegen wird durch die Ergebnisse der Straßenverkehrszählung 2015 weiterhin gestärkt", so Bauer in seinem Schreiben.

Man muss nun vorsichtig sein, weil Bauers Behörde eigene Interesse verfolgt. Bekanntermaßen ist das Rosenheimer Bauamt dafür verantwortlich, dass die Umgehungsstraße durch den Ebersberger Forst überhaupt erst geplant wurde: Das Bauamt des Freistaats stufte das Forstinninger Projekt in die höchste Dringlichkeit ein, nur so konnte es dazu kommen, dass Forstinnings Gemeinderat das umstrittene Projekt im Sommer 2016 absegnete.

Der bisherige Verkehrsanstieg und die Prognose der Baubehörde, dass es bis 2030 immer schlimmer werden soll, ist dabei das Kernargument für die Umfahrung, insofern ist es plausibel, dass Bauer hier eine umfassende Erläuterung abgibt. Daraus geht hervor, dass das Bundesverkehrsministerium bei seiner jüngst veröffentlichten Zählung die Zählstelle um 390 Meter nach Süden verrückt hat, wodurch all die Autos, die von da an aus Seitenstraßen kommen und zur Autobahn fahren - oder von der Autobahn vorher in eine Seitenstraße abbiegen, aus der Zählung fallen.

Und so ergibt sich dieses Bild: Das Bundesverkehrsministerium zählt vor sieben Jahren 13 196 Fahrzeuge an der Anschlussstelle zur A 94. An gleicher Stelle zählte die Behörde des Freistaats vier Jahre später 13 600 Fahrzeuge, es sind also offenbar etwas mehr geworden. Da die Rosenheimer detaillierter und umfangreicher messen, ergibt sich zudem, dass es am Ortsausgang Richtung Ebersberger Forst nur noch 10 400 Fahrzeuge sind. Wie viele Fahrzeuge "durch den Ort" fahren, lässt sich wegen den vielen Abzweigungen in Ortschaften aber nicht mit einer einzigen Zahl aussagen. Die Messung des Ministeriums war demnach auch nicht falsch, aber beschreibt aber nur einen kleinen Abschnitt zu einer ganz bestimmten Tageszeit - es gibt also für diesen Ausschnitt keinen Durchschnittswert.

Ob die Umfahrung die richtige Lösung ist, ist damit sicherlich nicht entschieden, es werden stets gute Argumente genannt, die dagegen sprechen, eine tausend Meter lange Schneise durch ein Waldgebiet mit seltenen Bäumen zu schlagen. Kommt die Umfahrung so, wie sie geplant ist, wäre es nach 200 Jahren das erste Mal, dass wieder Bäume für eine Straße weichen müssten. Vielen Grundbesitzern am Waldrand fürchten um die Idylle in ihren Vorgärten. Anwohner der Hauptstraße wiederum wollen dem Verkehrschaos entgehen. Noch sind viele Fragen offen, auch wie das Ganze ausgeht.

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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