Flughafen:Unnötige Härte

Bundespolizist wird vom Vorwurf der "Körperverletzung im Amt" freigesprochen - weil das Opfer nach dem Kick mit dem Knie keine Schmerzen hatte. Gemeldet hatte den Vorfall ein junger Kollege.

Florian Tempel

Ein 46 Jahre alter Beamter der Bundespolizei am Flughafen München ist vom Amtsgericht Erding vom Vorwurf der "Körperverletzung im Amt" freigesprochen worden. Dem 46-Jährigen war zur Last gelegt worden, im Januar einen Passagier, der wegen einer Schlägerei in der Kabine von einem Flug ausgeschlossen worden war, mit einem Knie-Kick in den Bauch traktiert zu haben. Ein Kollege des Angeklagten, ein 21-jähriger Polizeianwärter, hatte den Vorfall gemeldet. Richter Andreas Wassermann stellte in seinem Urteil fest, dass der unschöne Vorfall keine Körperverletzung war: Der Fluggast war, wie er in einer Vernehmung am Tag danach selbst beteuerte, weder verletzt worden noch habe er Schmerzen ertragen müssen. Richter Wassermann sagte allerdings auch, der Polizeibeamte sei ohne Rechtfertigung grob geworden. Den Passagier derart zu behandeln, "war nicht notwendig". Über die Konsequenzen seines Fehlverhaltens sei jedoch nicht von ihm als Strafrichter, sondern in einem bereits eingeleiteten Disziplinarverfahren zu entscheiden.

Polizei Symbolbilder

Auf der Anklagebank saß dieses Mal ein Polizist.

(Foto: dpa)

Nach einem mehrstündigen Prozess stellte sich für den Richter der Vorfall so dar: Am Nachmittag des 13. Januar wurde die Polizei in eine abflugbereite Maschine gerufen. Ein Fluggast hatte sich einen handgreifliche Auseinandersetzung mit zwei anderen Passagieren geleistet. Der Angeklagte legte dem Mann in der Kabine Handschellen an und führte ihn aus dem Flugzeug. Im sogenannten Finger tastete er ihn nach Reisedokumenten ab. Dabei beleidigte ihn der Mann, wie bereits zuvor schon im Flugzeug, als Arschloch. Der Polizeibeamte sagte darauf zu zwei Kollegen, die ihm zur Seite standen, jetzt sollten mal besser alle wegschauen. Im nächsten Augenblick sackte der mit den Händen auf dem Rücken gefesselte Passagier mit einem Aufstöhnen nach vorne und ging auf seinen Knien zu Boden.

Für den 21 Jahre alten Polizeianwärter, der die ganze Zeit hinter dem Passagier stand und ihn an einem Arm festhielt, war das ein "erschütternder" Vorgang. Er ging dazwischen, "damit nicht noch mehr passierte" und schrie seinen mehr als doppelt so alten Kollegen an, "so geht das nicht". Ein 35-jähriger Polizist, der mit dem Polizeianwärter während dessen fünfwöchigem Praktikum am Flughafen als sogenannter Bärenführer unterwegs war, sagte vor Gericht, der Vorfall sei auch für ihn ein "schwerwiegendes Dienstvergehen" und "aufwühlendes Erlebnis" gewesen. Auf dem Weg zur Wache, wo der Passagier in eine Arrestzelle kam, sprach der 21-Jährige den Angeklagte mehrmals an. Der wollte jedoch nicht mit ihm reden, sondern forderte ihn auf, über den Vorfall zu schweigen. Der Polizeianwärter entschloss sich jedoch nach Rücksprache mit seinem Bärenführer die Sache zu melden. Der Dienstgruppenleiter reagierte sofort und suspendierte nach Rücksprache mit seinen Vorgesetzten den Angeklagten. Der 46-Jährige musste seine Waffe abgeben, durfte nicht mehr auf Streife gehen und wurde nur noch in den Innendienst in der Einsatzzentrale eingesetzt.

Im Prozess sagte der Angeklagte nichts und ließ über seiner Verteidigerin Anja Sturm ausrichten, er habe dem Passagier nichts getan. Jener habe sich vielmehr fallen lassen.

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