Flughafen München:Angst vor einer Lohnspirale nach unten

Prima Jobmaschine oder Einfallstor für Dumpinglöhne? Die Freisinger SPD fürchtet am Flughafen letzteres - daran ändert auch die Einschätzung von Experten nichts.

Alexandra Vettori

Ist der Airport eine prima Jobmaschine oder doch eher Einfallstor für Dumpinglöhne? Dieser Frage ging die SPD am Samstag auf den Grund. Rund 40 Ortsvorsitzende, Gemeinderäte und Kreisräte aus der Flughafenregion hatten sich dazu auf Initiative des SPD-Bundestagsabgeordneten und stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden, Ewald Schurer, in Freising eingefunden - und sich Fachleute dazu eingeladen. Einfach zu beantworten ist die Frage nicht, das wurde rasch klar, nicht nur, weil kaum Daten zum Lohnsektor vorliegen.

B.U.N.D gegen Flughafenerweiterung

Die Löhne für Flughafen-Mitarbeiter bleiben am Boden, befürchtet die SPD Freising.

(Foto: ddp)

19.000 Arbeitsplätze gibt es am Flughafen, nicht nur bei der Flughafen München Gesellschaft (FMG), sondern auch bei weiteren 550 Firmen. Während in den Anfangsjahren die Begeisterung über die Jobmaschine Flughafen überwog, der bis heute unzweifelhaft seinen Beitrag zu den niedrigen Arbeitslosenraten im Erdinger und Freisinger Land leistet, wächst längst die Skepsis.

Denn die zunehmende Verlagerung von Bodenverkehrsdiensten, Sicherheitswesen oder Check-in auf Subunternehmer führt dazu, dass immer mehr Arbeitnehmer auf Mindestlohnniveau krebsen, eine weltweite Tendenz. Die Dumpinglöhne, die teils auch in München gezahlt werden, muten hier aber umso unmoralischer an, als sich die FMG als öffentliches Unternehmen im Besitz von Bund, Land und Stadt München befindet.

Rudolf Strehle von der FMG brach freilich eine Lanze für seinen Arbeitgeber. Die FMG sei zwar in öffentlicher Hand, allerdings würden die Anteilseigner erwarten, dass nicht nur die Darlehen zurück-, sondern auch Zinsen gezahlt werden. "Zwei Drittel der Darlehen, rund 800 Millionen Euro, sind schon zurückgezahlt. Die knapp 500 Millionen Euro, die noch bei der FMG sind, werden verzinst zurückgezahlt, erwirtschaftet aus den Gewinnen der FMG", erklärte Strehle.

Mit den wenigen Daten, die zum Lohnniveau in der Flughafenregion zu bekommen sind, wartete Robert Winkler auf, der Geschäftsführer der Arge Freising, bestehend aus Arbeitsagentur und ehemaligem Freisinger Landkreis-Sozialamt. Sein Urteil über den Flughafen fiel positiv aus: "Die Rechnung in Richtung Arbeitsmarkt geht auf." Mit 1336 Bedarfsgemeinschaften oder 2213 Personen im Landkreis Freising habe man die geringste Rate an ALG II-Beziehern weit und breit.

Der Blick auf die Zahl der sogenannten Aufstocker oder Ergänzer ermöglicht zumindest begrenzte Rückschlüsse auf das Lohnniveau: Aufstocker heißen Menschen, die Arbeitslosengeld I erhalten, allerdings so wenig, dass sie zusätzlich Hilfe zum Leben brauchen.

Ergänzer dagegen sind erwerbstätig, verdienen aber so wenig, dass sie Geld vom Staat dazu bekommen. Derzeit gibt es im Landkreis Freising 386 Ergänzer und 43 Aufstocker. Auch hier müsse man genau hinsehen, mahnte Winkler: Von den 386 Ergänzern, den potentiellen Dumping-Lohn-Opfern also, arbeiten nur 102 in Vollzeit, 284 aber Teilzeit.

Im Landkreis Erding, wusste der dortige SPD-Stadtrat Willy Scheib, seien die Zahlen mit rund 500 Ergänzern ähnlich. Das alles, merkte SPD-Bundestagsabgeordneter Klaus Bartl kritisch an, dürfe aber nicht allzu positiv gewertet werden: "Es dauert, bis sich die Liberalisierung auswirkt, aber dann erfasst sie immer weitere Bereiche. Die Statistiken geben das noch nicht her, aber die Tendenzen sind da."

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