Festjahr:Brauchtumspflege an einem geselligen Abend

Der Volkstrachtenverein Wartenberg ist stolze neunzig Jahre alt und steuert mit dem Gauheimatabend am Samstag auf den Höhepunkt des Festjahres hin. Alle wünschen sich, dass möglichst viele Bürger daran teilnehmen

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Neunzig Jahre sind ein stolzes Alter und wer noch frisch genug ist, der darf gerne ausgiebig feiern. Das tut der Volkstrachtenverein Wartenberg auch und zwar schon das ganze Jahr über. Wie kreuzfidel sie sind, wollen die Trachtler am kommenden Samstag bei ihrem Gauheimatabend allen Besuchern im Festzelt auf dem Volksfestplatz beweisen. Sie wollen zeigen, dass Tracht und Brauchtum nichts mit Langweile zu tun haben. Werbung in eigener Sache ist ansonsten bei den Wartenbergern Trachtlern eher selten. "Die Leute sollen ihre Freunde mitbringen oder so dazukommen wie wir zwei halt", sagt Julia Gebhart.

Schriftführerin Julia Gebhart ist relativ spät über den Volkstanz zum Trachtenverein gekommen. Sie sagt von sich, sie tanze gerne. An einem Übungsabend für den alljährlich stattfindenden Volkstanz hat sie bei den Trachtlern mal vorbeigeschaut. Es hat ihr gefallen - "und schon war ich Mitglied." Auch bei dem 2. Vorstand Paul Adelsberger hat die Familie mit dem Engagement bei den Trachtlern nichts zu tun. Wie es der Zufall so will, saß Adelsberger 1979 bei einer Vorbereitungssitzung zur 825-Jahr-Feier der Marktgemeinde mit dem damaligen Vorstand Rupert Egger an einem Tisch und der sagte "Herrschaftszeiten, Du könntest doch auch zum Trachtenverein gehen, Leute können wir immer gebrauchen". Und damit war der Bund geschlossen. Dass der Trachtenverein in der Familie wächst und die Tradition weitergegeben wird, stimmt also nicht? Teils, teils, sagen Adelsberger und Gebhart. Die Eggers sind eine Trachtenfamilie seit Generationen, die Melerowitz' ebenso. Aber gerade in der Tanzgruppe gebe es viele Kinder von Neuzugezogenen, sagt Gebhart.

Wie fast jeden Verein plagen auch den VTV Nachwuchssorgen. Früher waren es schon einmal mehr Mitglieder als die aktuellen 300, wenn man die passiven Mitglieder mitzählt. Aktiv dabei sind 120 Personen, elf Mädchen und fünf Buben sind es momentan im Jugendbereich. Das ist nicht schlecht, aber die Konkurrenz ist stark. Adelsberger sagt, dass sich das Angebot gewaltig gewandelt habe in den vergangenen Jahren - die modernen Showtanz-Gruppen machen den Trachtlern schon zu schaffen. Sie ziehen die jungen Mädchen an und von den Trachtlern ab. Mit Dance United gibt es eine Konkurrenz, die vermeintlich etwas "Cooleres" bietet, sagt Gebhart.

Bei den Showtänzern aber weiß man noch nicht, ob die jemals die 90 Jahre schaffen, auf die die Trachtler stolz verweisen können, auch wenn die runde Zahl eine Menge Arbeit verheißt. Jetzt, da es mit dem Gauheimatabend auf den Höhepunkt der Feierlichkeiten zuläuft, gab es zwei Ausschuss-Sitzungen pro Monat statt einer. Denn so ein großes Treffen will organisiert sein. Erwartet werden im Festzelt allein 500 Trachtler. Diverse Gruppen werden verschiedene Tänze aufführen, dazwischen gibt es aber auch offene Volkstanzrunden, damit die Leute aufstehen können, das ständige Rumsitzen "ist ja auch nichts", sagt Gebhart gemäß dem Motto ein bisschen Bewegung schadet niemanden. Die unvermeidlichen Reden am Anfang sollen kurz gehalten werden. "Ansonsten freuen wir uns darauf, dass das einfach ein schöner, geselliger Abend wird", sagt Gebhart.

Gauheimatabend

Höhepunkt des Festjahres ist der Gauheimatabend am Samstag, 27. Juni. Nach dem Gottesdienst um 17 Uhr in der Pfarrkirche ziehen die Trachtler zum Festzelt auf dem Volksfestplatz, wo auf die Besucher ein Programm mit Musik, Tänzen und Plattlern wartet. Begleitend findet im Foyer des Rathauses die Ausstellung "Wir Wartenberger Trachtler" mit Bildern, Gegenständen aus dem Vereinsleben, Trachten, Trachtenschmuck und vielen Informationen rund um den VTV statt. Aus den Anfangsjahren gibt es wenig Material, aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg ist fast alles verloren gegangen. Gezeigt wird vor allem, was der VTV seit der Wiedergründung des Vereins 1946 auf die Beine gestellt hat. Die Ausstellung dauert bis 27. Juni und ist Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr sowie donnerstags auch von 13 bis 18 Uhr zu besichtigen. wos

Mit der sehnlichste Wunsch der Trachtler ist ein guter Besuch aus der Bevölkerung. Das zu erreichen sei allerdings eher schwierig, befürchtet Gebhart. Mühen hat der VTV keine gescheut. Jeder Haushalt hat schon zum Jahresanfang im Briefkasten eine Festschrift vorgefunden. Verteilt wurde die Broschüre in der Hoffnung, dass sie "nur jeder Zehnte nicht wegwirft", sagt Gebhart, die glaubt, "dass oft eine gewisse Scheu besteht, auf diese Vereinsveranstaltungen zu gehen." Es soll nicht so sein, dass das als reine Trachtlerveranstaltung gesehen wird, sagt Adelsberger. Sein Wunsch: Die ganze Bevölkerung soll teilnehmen. "Es ist ja für jeden etwas geboten."

Mit dem Gauheimatabend ist das Jahr noch nicht vorbei. Der VTV macht zum dritten Mal bei der "Oiden Wiesn" mit. Der Dachverband Isargau musste nicht lange um eine Teilnahme betteln. "Das ist eine Ehre und eine Selbstverständlichkeit, dass wir da gerne auftreten", sagt Gebhart. Auch sonst zieht es die Wartenberger gerne nach München, auch wenn sie heuer beim Oktoberfest-Umzug nicht dabei sind. Dieses Vergnügen gönnen sich die Trachtler nur alle zwei Jahre. Das ist einmal eine finanzielle Frage. Der Hauptgrund aber, sagt Adelsberger, ist der, dass der Zug viel zu groß werden würde, wenn alle Interessenten mitmachten. Einen festen Stammplatz alle zwei Jahre zu haben, ist ja auch schon was. Und die Wartenberger werden gerne gesehen, weil "die Gebirgstrachtler alle die graue Joppe haben", sagt Gebhart. In das Alltagsgrau bringt die VTV-Delegation mit ihrem Schwarz und anderen Farben etwas Abwechslung. Und wenn dann auch noch das Pferdefuhrwerk von Werner Kalinetz mit dabei ist, "dann ist das natürlich ganz toll". Der Prunkwagen fährt grundsätzlich auch bei Leonhardi mit, was immer auch mit einem Riesenaufwand verbunden ist. Der Wagen und seine großen Rösser müssen an den Veranstaltungsort gebracht werden, dann kommt die Prüfung durch den TÜV und, und, und. "Das ist auch so ein Manko, dass die Auflagen immer größer werden", sagt Gebhart, und die Vereinsarbeit allgemein erschwere.

Im normalen Vereinsleben gibt es feste Programmpunkte, die kontinuierlich wiederkehren. Alle zwei bis drei Jahre laden die Trachtler zum Drei-König-Singen, jährlich zum Frühjahrshoagarten, zum Waldfest am Nikolaiberg, zum Volkstanz und sie nehmen natürlich an der Trachtenwallfahrt nach Maria Thalheim teil. Alle zwei Monate veranstalten sie beim Bachmair in Pesenlern einen für alle offenen Volkstanzabend, der im Schnitt von 20 Personen besucht wird.

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