112 Fälle:Diebstahlsversuch endet im Gefängnis

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Angeklagter ist nach Meinung des Gerichts Mitglied einer 43-köpfigen Bande, die auf Buntmetalle spezialisiert war

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Für ein Jahr und zehn Monate muss ein 44-jähriger Angeklagter ins Gefängnis. Ein Schöffengericht unter Richter Björn Schindler sah es als erwiesen an, dass er an zwei versuchten schweren Bandendiebstählen Mitte Mai 2016 beteiligt gewesen war. Damit wurde erneut ein Mitglied einer 43-köpfigen rumänischen Bande verurteilt, auf die im Raum Oberbayern 112 Fälle mit insgesamt 2,4 Millionen Euro Schaden zurück zu führen ist. Vor allem hatte es die Bande auf Buntmetalle abgesehen. Bei den zwei Diebstahlsversuchen, die am Amtsgericht Erding verhandelt wurden, handelte es sich um die Fälle 93 und 94. Vor allem belasteten den Angeklagte die Auswertung von Mobilfunkdaten sowie ein bereits verurteiltes Bandenmitglied.

Beide Diebstahlsversuche wurden am selben Abend unternommen. Der erste gegen 21.50 Uhr scheiterte an der Alarmanlage, die unvermittelt los ging. Der Leiter der Ermittlungsgruppe schilderte, dass bereits im April die Firma Ziel der Bande gewesen sei. Damals wurden komplette Autoreifensätze für 108 000 Euro gestohlen. Im Anschluss hatte die Firma erst die Alarmanlage installiert - was die Diebe in Aussicht einer erneut hohen Beute nicht gewusst hatten. Auch im zweiten Fall, knapp zwei Stunden später, wurde ein stiller Alarm ausgelöst. Diesmal sollten aus einem Autohaus Reifensätze gestohlen werden. Die Reifen lagen schon vor der Halle und standen bereit zum Abtransport, als die Diebe offenbar von einem anderen Mitglied der Bande, der draußen Schmiere gestand haben muss, gewarnt wurden, dass Polizeiautos sich nähern.

Nach Aussage eines als Zeugen geladenen Mittäters - der in Handschellen, die an einem Bauchgurt befestigt waren, vorgeführt wurde - war dies der Job des Angeklagten. Vor dessen Aussage hatte der 44-Jährige noch erklärt, dass er nichts zusagen habe, obwohl ihm sein Pflichtverteidiger geraten hatte, vielleicht lieber angesichts neuerer Indizien zu gestehen, um eine Strafmilderung zu bekommen. Die Anwesenheit am zweiten Tatort gab der Angeklagte daraufhin zu, auch, dass er gewusst habe, dass die zwei Mitfahrer im Auto in das Autohaus wegen eines Diebstahls einbrechen wollten. Er selber wollte aber nicht daran beteiligt werden, weshalb er im Fahrzeug geblieben sei und geschlafen habe. Als eine der herbeigeeilten Streifewagenbesatzungen ihn kontrollierten, sei er tatsächlich auf der Rückbank gelegen. Da das Auto aber so gegenüber dem Autohaus geparkt war, dass man in beide Straßenrichtungen beste Sicht hatte, ob Polizei kommt, vermutete der Ermittlungsleiter und auch der vor Ort ermittelnde Beamte, dass das Schlafen nur eine Schutzbehauptung sei.

Umfangreiche Auswertungen der Mobilfunkzellen hatten zudem gezeigt, dass das Handy des Angeklagten zu beiden Zeiten in der jeweiligen Funkzelle eingebucht war. Und es gab noch ein Indiz, dass der 44-Jährige Mitglied der Bande war, wenn auch wohl nur auf der "unteren Arbeitsebene", wie der Kriminalbeamte sagte. Im Fall 79, der schon ein Jahr zuvor war, wurden in einem von der Band für den Transport der Buntmetalle nach Holland DNA-Spuren entdeckt, die dem Angeklagten zugeordnet werden konnten. Der Erlös der Beute wurde zu gleichen Teilen an die jeweils beteiligten Bandenmitglieder verteilt. Das meiste dürfte der Schrotthändler in Holland, der die Metalle aufkaufte und deshalb inzwischen wegen Hehlerei vor Gericht steht, verdient haben, sagte der Leitende Ermittler. "Wenn sie daheim 250 Euro im Monat verdienen können und hier bei einem Diebstahl 400 bekommen können, dann ist das schon was", sagte er.

Für den Staatsanwalt war nach der Beweisaufnahme die Schuld des Angeklagten erwiesen. Da in den Taten erhebliche kriminelle Energie stecke und sie Teil der organisierten Kriminalität sei, komme für ihn nur eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung in Frage, das gebiete "die Verteidigung der Rechtsordnung". Dies sah, im Gegensatz zum Pflichtverteidiger, der vor allem die Beteiligung an der ersten Tat als nicht bewiesen sah, das Schöffengericht auch so. Der Angeklagte habe nur gestanden, was ihm schon bewiesen wurde, zudem sei keine Unrechtseinsicht vorhanden. Auch dass es nur beim Diebstahlsversuch geblieben sei, sei nicht strafmildernd. Ohne Alarmanlagen wäre bestimmt erneut hoher Schaden entstanden.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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