"Es ist eine Katastrophe":König der Landstraße hat Imageproblem

Stau auf der A8 nach Lastwagenunfall auf der A7

Volle Straßen und Staus verschärfen oft den Termindruck, den Lastwagenfahrer haben.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Viel Stress, mäßiges Gehalt und unter der Woche nie zuhause. Selbst übertarifliche Bezahlung zieht da nicht immer. Den Speditionen im Landkreis gehen die Lastwagenfahrer aus. Ausländische Kräfte können nur bedingt einspringen

Von Regina Bluhme, Erding

Könige der Landstraße? Das war einmal. Lastwagenfahrer will heute so gut wie niemand mehr werden. Für die Speditionen wird es immer schwieriger, geeignete Mitarbeiter zu gewinnen. Der Beruf des Brummifahrers leidet unter einem schlechten Image: Viel Stress, mäßiges Gehalt und unter der Woche nie zuhause. Selbst übertarifliche Bezahlung zieht da nicht immer. Unternehmen aus dem Landkreis behelfen sich inzwischen mit Mitarbeitern aus Osteuropa und hoffen, so über die Runden zu kommen. Es gibt allerdings auch hier eine Hürde und das ist die deutsche Sprache.

"Wir suchen händeringend Fahrer", sagt Michael Dobias, Geschäftsführer der MDT Transportlogistik GmbH mit Sitz am Flughafen. Das Familienunternehmen hat sich auf Luftfracht spezialisiert. Von den circa 20 Lastwagen stehen derzeit drei still - es fehlen die Fahrer. "Es ist eine Katastrophe", erklärt Dobias. "Der Mangel an Fahrern ist so groß wie nie", berichtet Anton Hirtreiter von der Gewerkschaft Verdi. Die Lage werde sich noch verschärfen, ähnlich wie in vielen anderen Berufszweigen gingen momentan viele erfahrene Fahrer in Rente, erklärt sein Kollege Hans-Peter Konrad, Verdi-Landesfachgruppenleiter Spedition und Logistik in Bayern. Und der Nachwuchs bleibe aus. "Der Beruf ist nicht unbedingt der attraktivste", sagt Konrad.

Natürlich spielt auch das Gehalt ein Rolle. Und da hört für Verdi-Mann Hans-Peter Konrad jede romantische Vorstellung vom König der Straße auf. Laut Tarifvertrag liegt nach der Ausbildung der Monatslohn zwischen 2 190 und 2 240 Euro. Auch wenn da noch Schichtzulage oder Spesen hinzukommen: "Viele in der Region sagen sich: Da gehe ich lieber als Leiharbeiter zu BMW", sagt Konrad.

Schon seit Jahren sind Lkw-Fahrer Mangelware. "Es wird nicht leichter", berichtet Uta Wegmann, Personalreferentin des Speditionsunternehmens Bachmaier aus Taufkirchen, das einen Fuhrpark von circa 30 Transporter besitzt. Wegmann weiß, dass gerade die Arbeitszeiten für viele "unkommod sind": Die ganze Woche unterwegs, dazu der Stress im Straßenverkehr und das Problem, für vorgeschriebene Ruhezeiten an einer Raststelle einen Parkplatz zu finden. Hinzu komme der Zeitdruck, denn die Ware müsse möglichst zeitnah geliefert werden. Dazu noch Baustellen und Staus auf den Autobahnen - "da müssen Sie Nerven wie Drahtseil haben", sagt Uta Wegmann.

"Der Mitarbeitermarkt wird für uns immer schwieriger", berichtet auch Wolfgang Kammhuber, Geschäftsführer der Himolla Logistik. Das Unternehmen mit Sitz in Taufkirchen hat eine Flotte von circa 40 eigenen Lkw. Seiner Ansicht nach hatte auch die Abschaffung der Wehrpflicht gravierende Auswirkungen auf den Beruf. "Früher hat die Bundeswehr Leute am Lkw ausgebildet - und zwar doppelt und dreifach so viele wie sie brauchten. Die standen dann dem Markt zur Verfügung", berichtet Kammhuber. Heute müssten die Fahrer ihren Führerschein selbst bezahlen, aktuell kämen schnell ein paar tausend Euro zusammen. "Das überlegt sich jeder zweimal."

Früher habe man mit dem Pkw-Führerschein gleichzeitig die Fahrerlaubnis für einen Lkw bis zu 7,5 Tonnen erhalten, berichtet Michael Dobias. Seit diese Regelung weggefallen sei, habe sich die Lage verschlechtert. Quereinsteiger aus anderen Berufen hätten damals als Lkw-Fahrer angeheuert, "das ist heute nicht mehr der Fall". Nun versuche er, seine bewährten Fahrer unter allen Umständen zu halten, zuweilen über eine Gehaltserhöhung. Langjährigen Mitarbeitern, die bislang auf 7,5 Tonnern fuhren, zahle die Firma auch schon mal den Führerschein für die großen Trucks.

Die Spedition Bachmaier zahle übertariflich, berichtet Uta Wegmann. Offensichtlich nutzt das nur bedingt auf dem komplett leer gefegten Arbeitsmarkt. Das Unternehmen käme ohne ihre angestellten Fahrer aus Tschechien nicht über die Runden. "Wir sind mit unseren tschechischen Mitarbeitern zufrieden", fügt Wegmann hinzu. Überraschend viele könnten sich auf Deutsch verständigen und lernten auch bereitwillig die Sprache. Ab und zu funktioniere es aber auch nicht und es gebe auch Kunden, die ausdrücklich einen deutschen Fahrer verlangten.

Auch bei Himolla sitzen einige Mitarbeiter aus Tschechien hinterm am Lkw-Steuer. Bei der Suche werde mit Sicherheit der osteuropäische Raum miteinbezogen werden, so drückt es Kammhuber aus. Die Suche bleibt aber eingeschränkt. "Wir können nur Leute mit Deutschkenntnissen einstellen."

Einig sind sich die befragten Speditionen auch, dass sie bei der Mitarbeitersuche nicht auf die Arbeitsagentur zu setzen brauchen. "Wenn sich heute ein guter Lkw-Fahrer arbeitslos meldet, dann stimmt was nicht" weiß Uta Wegmann. Da sagt auch Wolfgang Kammhuber: "Der Markt ist komplett abgegrast. Die Guten sind alle vergeben."

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