"Es ist ein Spiel mit dem Risiko":Geringe Schäden durch Wetterkapriolen

Die vielen Schauer haben Getreide und Gras gutgetan. Frostprobleme durch Kälteeinbrüche nur auf Äckern, auf denen zu früh Mais, Sommergerste oder Zuckerrüben ausgesät wurden

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Der April hat sich in diesem Jahr als Janusgesicht gezeigt: Einem sehr warmen, trockenen Start folgte nach Monatsmitte ein fast schon spätwinterlich kalter Witterungsabschnitt mit Schnee und Spätfrösten, aber auch zum Schluss zu viel Regen. Während aber vor allem die Obstbauern zum Beispiel am Bodensee unter dem kältesten April seit 16 Jahren litten, sind die Landwirte im Landkreis Erding recht gut durch den Monat gekommen. Nur wer sich vielleicht von der ersten warmen Periode verleiten hat lassen, schon Mais, Sommergerste oder Zuckerrüben auszusäen, der könnte Probleme bekommen haben, sagt Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands Erding. Denn dann haben die ersten zarten Pflänzchen oft schon den Boden durchstoßen. Die Nachtfröste und der Schnee haben ihnen dann geschadet.

"Es ist ein Spiel mit dem Risiko": Auf rund 1500 Hektar wird im Landkreis Erding - hier bei Burgrain - der Winterraps angebaut. Genutzt werden die Samen vor allem zur Gewinnung von Rapsöl. Jeder Hektar davon liefert elf Monate nach der Aussaat von lediglich 2,5 Kilogramm Saatgut bei der Ernte im Juli bis zu 5000 Kilogramm Saat.

Auf rund 1500 Hektar wird im Landkreis Erding - hier bei Burgrain - der Winterraps angebaut. Genutzt werden die Samen vor allem zur Gewinnung von Rapsöl. Jeder Hektar davon liefert elf Monate nach der Aussaat von lediglich 2,5 Kilogramm Saatgut bei der Ernte im Juli bis zu 5000 Kilogramm Saat.

(Foto: Renate Schmidt)

"Die ersten 14 Tage im April haben sehr positiv angefangen, mit teils sehr hohen Temperaturen, was zu einem früheren Vegetationsbeginn geführt hat - und nicht nur vielleicht Landwirte, sondern auch Hobbygärtner dazu verführt hat, die Saat oder Jungpflänzchen ins Freie zu setzen", sagt Stock. Die Erfahrung zeige aber, dass man im April immer mit Kälteeinbrüchen rechnen müsse. "Es ist halt ein Spiel mit dem Risiko, wenn man früher aussät. Geht es gut, kann man mit früheren Erträgen rechnen." Wenn nicht, müsse man erneut die Saat ausbringen. Auf jeden Fall gut sei der leichte, andauernde Regen im April für den Wald gewesen. Es zeige sich, dass die Natur in der Lage sei, über das Jahr hinweg immer wieder Wetterkapriolen auszugleichen. Und die, so der Geschäftsführer, würden immer häufiger. "Die Wetterextreme haben zugenommnen", sagt auch Bauernkreisobmann Jakob Maier. "Das mag oft nur so ein Gefühl sein, aber die Wetteraufzeichnungen beim Bauerverband zeigen das auch." Vor allem werde es immer früher wärmer, sagt Maier. Die Vegetation sei mittlerweile rund zwei Wochen im Frühjahr früher dran. Das zeige sich auch daran, dass Mais und Kartoffen früher auf die Felder kommen. "Früher hat vor Mitte April keiner daran gedacht, den Mais auszubringen. Ähnlich ist es bei den Kartoffeln. Heute werden die schon im März gesetzt."

"Es ist ein Spiel mit dem Risiko": Die Zukunft des Bauernstandes ist die größte Sorge von Jakob Maier. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes will die kleineren Familienbetriebe erhalten oder den Strukturwandel zumindest verlangsamen.

Die Zukunft des Bauernstandes ist die größte Sorge von Jakob Maier. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes will die kleineren Familienbetriebe erhalten oder den Strukturwandel zumindest verlangsamen.

(Foto: Renate Schmidt)

Dafür ist der Kreisobmann froh über den Regen: "Der Winter war schon seht trocken, das sah man beim Gras und Getreide. Die erste Monatshälfte verlief laut Meteorologen sehr mild mit einigen fast frühsommerlichen Tagen. Trotz des oft wechselhaften Wetters mit vielen Schauern war der April aber im Landesmittel mit rund 40 Liter Niederschlag pro Quadratmeter relativ trocken. Dabei waren die regionalen Unterschiede groß: Während im Süden teilweise mehr als 200 Liter zusammenkamen, gab es in Teilen von Rheinland-Pfalz und im Saarland im ganzen Monat kaum einen Tropfen Regen. Und das ist mittlerweile eines der großen Probleme laut Jakob Maier: die Extreme. "Vor allem die Starkregen nehmen zu. Entweder ist es zu trocken oder es regnet in kürzester Zeit zu viel."

Die Kälte im April machte nicht nur den jungen Pflänzchen Probleme, auch die Bienen flogen weniger aus, da sie erst bei rund zehn Grad Celsius aus dem Stock fliegen. Der Deutsche Imkerbund geht sogar von hohen Völkerverlusten bei den heimischen Honigbienen aus, da die lange kühle Witterung den Nektareintrag sehr bescheiden ausfallen haben lassen. Aber gerade jetzt im Frühjahr spielten Honigbienen für die Landwirtschaft und den Obstbau eine immens wichtige Rolle. Fehlen Honigbienen, so werden Raps und Obstkulturen unzureichend bestäubt. Die werde sich sowohl auf die Quantität als auch Qualität der Erträge auswirken. Zum anderen könnten die hohen Verluste Einfluss auf die Frühjahrsernte beim Honig haben. Und das spürt dann der Verbraucher, der deutschen Honig kaufen will.

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