Erding/Freising:Gutes Gefühl

Erding/Freising: Landrat Bayerstorfer sieht das Treffen "rundum positiv".

Landrat Bayerstorfer sieht das Treffen "rundum positiv".

(Foto: Renate Schmidt)

Erdinger und Freisinger Politiker zeigen sich nach dem Gespräch mit Horst Seehofer über den geplanten Flughafenausbau zufrieden. Ob sie ihn mit ihren Argumenten überzeugt haben, wissen sie aber noch nicht

Von Kerstin Vogel, Peter Becker, Gudrun Regelein und Florian Tempel, Erding/Freising

Als Horst Seehofer (CSU) im August dieses Jahres ankündigte, nach den Sommerferien einen "ergebnisoffenen" Dialog um den Ausbau des Münchner Flughafens beginnen zu wollen, äußerten viele Startbahngegner in der betroffenen Region offen Zweifel an den lauteren Absichten des Ministerpräsidenten. Seit Beginn der Gesprächsrunde aber ist die Skepsis einer gewissen Hoffnung gewichen; der Hoffnung, dass sich Seehofer möglicherweise doch überzeugen lässt und das Ausbauprojekt wenn schon nicht beerdigt, dann doch für einige Jahre in der Schublade verschwinden lässt. Unisono berichteten die aus der Staatskanzlei zurückkehrenden Gesprächsteilnehmer von einer offenen Atmosphäre und dem Eindruck, dass sich der Regierungschef tatsächlich mit ihren Argumenten auseinandersetzen wird.

"Für mich war das Gespräch rundum positiv", sagt der Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) nach dem Treffen, "und ich hoffe, dass es auch erfolgreich war". Seine Zuversicht schöpft er aus zwei Aspekten: Zum einen ist er natürlich überzeugt, dass die von ihm und anderen führenden Kommunalpolitikern aus der Flughafenregion vorgetragenen Argumenten gegen eine dritte Start- und Landebahn stichhaltig sind. Zum anderen sei es "Tatsache, dass der Ministerpräsident sich sehr offen gezeigt hat". Seehofer sei "unglaublich interessiert" gewesen, die Sicht der Regionsvertreter zu hören. Der Ministerpräsident habe darüber hinaus auch von sich aus "Dinge in Frage gestellt", die von der Flughafen München Gesellschaft (FMG) als Belege für eine angebliche Notwendigkeit einer dritten Start- und Landebahn vorgebracht worden sind.

Bayerstorfer sagt, er habe Seehofer "die Betroffenheit der Bürger erklärt" und noch einmal deutlich gemacht, "dass wir davon ausgehen, dass der Bedarf für eine dritte Startbahn derzeit nicht gegeben ist". Es gebe auch so "noch viel Potenzial" am Münchner Flughafen. Zudem sei "die Infrastruktur selbst für das bisherige Zwei-Bahnen-System nicht ausreichend". Ohne eine bessere Straßen- und Schienenanbindung sei gar nicht an den Bau einer dritten Startbahn zu denken. Wie sich Seehofer entscheiden wird, wagt Bayerstorfer nicht vorherzusagen. Er erwarte jedoch nicht, dass er die Sache auf die lange Bank schieben werde, sondern bald "eine Entscheidung treffen wird".

Erdings Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) kam aus der Münchner Staatskanzlei ebenfalls mit dem Eindruck zurück, dass Seehofer sich noch nicht festgelegt hat. Er sei auf jeden Fall davon überzeugt, dass der Ministerpräsident die Argumenten aus der Region "sehr ernst nimmt". Gotz berichtete, dass Seehofer sich sehr für einen Aspekt interessiert habe, den er vorgetragen habe: Mit dem Bau einer dritten Startbahn sei ein "Wachstumssprung" zu erwarten, den die Stadt und der Landkreis Erding nicht verkraften könnten. Es gebe eh schon einen "Arbeitskräftemangel" in der Region und der Zuzugsdruck sei auch so schon enorm. "Wir sind keine Wachstumsgegner", sagt Gotz, aber das Wachstum müsse "verträglich" bleiben und dürfe nicht "künstlich" angeheizt werden. Seehofer habe daraufhin genau wissen wollen, wie die Situation in der Stadt sei und welche Möglichkeiten und Planungen es für weiteren Wohnungsbau gebe.

Der Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher sagt, er sei "beeindruckt von dem Gespräch und habe ein gutes Gefühl". Er war gut ausgerüstet mit Karten- und Zahlenmaterial nach München gefahren und fest entschlossen, den Freisinger Standpunkt zu verdeutlichen. Wie der aussieht, hatte er am Vorabend bei einer Bürgerversammlung in Attaching noch einmal formuliert. "In unserer Vorstellung gibt es die Startbahn nicht und auch keinen Kompromiss. Es gibt keine Alternative zur Beerdigung des Projekts", sagte er kämpferisch und versprach, dem Ministerpräsidenten am nächsten Tag darzulegen, was für eine Katastrophe der Flughafenausbau für Attaching bedeuten würde - aber eben auch für die übrige Stadt Freising. Ob er Seehofer überzeugt habe, könne er nicht einschätzen, sagt Eschenbacher nach dem Gespräch in der Staatskanzlei: "Es ist schwer zu sagen, wie er sich entscheiden wird." Auf jeden Fall aber werde der Ministerpräsident sehr genau abwägen, so Eschenbachers Eindruck: "Wir haben intensiv und objektiv diskutiert, ihm die gesamten Schwierigkeiten - von Verkehr bis Siedlungsdruck - aufgezeigt und er hat sehr differenziert nachgefragt."

"Ich habe das Gefühl, dass es ein gutes Gespräch war", schildert der Freisinger Landrat Josef Hauner (CSU) seinen Eindruck. Seehofer verfüge über eine große Detailkenntnis. Hauner geht davon aus, dass Seehofer schon im Oktober oder November einen Vorschlag unterbreiten werde. Im ersten Halbjahr 2016 wolle er die Angelegenheit wohl zu Ende bringen. Hauner nahm auch Bezug auf den Bürgerentscheid in München, an dessen Ergebnis wohl nicht so schnell zu rütteln sein wird. "Ein Moratorium" zum Bau der dritten Startbahn, "war nicht im Gespräch".

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