Erding/Ebersberg:Wahlkampffreie Zone

Wer keine Werbung im Briefkasten möchte, erhält keine Prospekte der Parteien

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Prospekte mit den neuesten Angeboten von Discountern, Speisekarten vom Pizzaservice um die Ecke, Werbung für Immobilien und Billigkredite: Wer nicht wünscht, dass so etwas im Briefkasten landet, kann mit einem kleinen Aufkleber Abhilfe schaffen. "Bitte keine Werbung", heißt es darauf beispielsweise. Dieser Briefkasten ist für Wahlwerbung - in der Regel - tabu. Zum großen Bedauern vieler Wahlkampfteams, zum Beispiel bei den Grünen in Ebersberg: "Denn wir glauben, dass viele Menschen, die darauf bedacht sind, nicht mit Papier-kostender Reklame ,vermüllt' zu werden, eigentlich unseren grünen Themen gegenüber aufgeschlossen sind", so Bettina Goldner vom Ortsverband in Ebersberg.

Schon viele Gerichte haben sich damit beschäftigt, ob Wahlwerbung gleichzusetzen ist mit Werbung etwa für Produkte. Und immer wieder lautete das Urteil: grundsätzlich ja. 2001 hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass kein Anlass zu einer unterschiedlichen Behandlung von Konsumwerbung und politischer Werbung bestehe, "da das Ausmaß der Störung und Beeinträchtigung in beiden Fällen das Gleiche ist." Wer sich nicht daran hält, läuft in Gefahr, zivilrechtlich belangt zu werden. Deshalb haben sich auch die Ebersberger Grünen entschieden, ganz korrekt vorzugehen und die Austräger anzuweisen, die Briefkästen mit Anti-Werbungs-Aufkleber nicht zu befüllen.

"Natürlich ist das bedauerlich", sagt Anna-Maria Lanzinger, die Bundestagskandidatin der Grünen, über diese Beschränkung, "andererseits sind die Regeln ja für alle gleich." Sie wolle ohnehin einen Großteil der Prospekte persönlich verteilen, etwa an Bahnhöfen. Auch bei der SPD sieht man keinen rechtlichen Spielraum, um auch diejenigen mit Informationen zu versorgen, die den Aufkleber am Briefkasten haben. "Es gibt eine klare richterliche Auslegung, wir halten uns daran", unterstreicht SPD-Kreisgeschäftsführer Daniel Kalteis. Vielen Menschen sei allerdings nicht bekannt, dass sie mit ihrem Aufkleber auch Informationen zu den Kandidaten ausschließen. "Wir hören dann immer wieder: Warum haben wir von euch nichts bekommen?", erzählt Kalteis.

Von ähnlichen Erfahrungen berichtet Stefanie Ederer, die für die CSU im Wahlkampfteam tätig ist. Auch sie bedauert die strenge Linie: "Die Bürger sollen sich doch informieren können." Tatsächlich, so Ederer, habe man noch nicht abschließend entschieden, wie man die Werbung für den CSU-Kandidaten Andreas Lenz unter die Leute bringen will. Ederer weist auch darauf hin, dass es durchaus Wege gibt, wie die Wahlwerbung trotzdem im Briefkasten landen kann - auf dem Umweg über die Post, dann wird es allerdings teurer.

"Post aktuell" nennt sich heute das, was früher Postwurfsendung genannt wurde, es handelt sich um Briefe, die nicht adressiert sind und an alle Haushalte in einem bestimmten Bereich zugestellt werden. Laut Post-Sprecher Erwin Nier müssen sich zwar auch die Postboten grundsätzlich an die Aufkleber mit dem Werbeverbot halten, doch es gibt Ausnahmen. Kunden können einen Antrag stellen, ihre spezielle Post in jeden Briefkasten zu stecken. Dies sei in manchen Fällen auch gerechtfertigt, erläutert der Post-Sprecher. Der jährliche Müllkalender würde ansonsten auch unter die strenge Regelung fallen. In diesen Fällen gehe man aber davon aus, dass auch diejenigen, die Werbung ablehnen, an diesen Wurfsendungen interessiert seien.

Auf jeden Fall landet die Wahlwerbung im Briefkasten - auch in einem mit Aufkleber -, wenn sie in adressierten Umschlägen steckt. "Das kostet dann ein bisserl mehr", so Nier. Nicht nur für das Porto - denn in diesen Fällen müssen sich die Wahlkämpfer erst die kostbaren Adressdateien kaufen.

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