Warteraum Asyl:Nach der Registrierung geht es zurück an die Grenze

Warteraum Asyl: Höchstens 24 Stunden bleiben die Flüchtlinge in Erding. Nach der Registrierung geht es zurück nach Passau und von dort in ein anderes Bundesland.

Höchstens 24 Stunden bleiben die Flüchtlinge in Erding. Nach der Registrierung geht es zurück nach Passau und von dort in ein anderes Bundesland.

(Foto: Renate Schmidt)

Seit kurzem werden Flüchtlinge am Fliegerhorst nur noch registriert, dann geht es wieder nach Passau und von dort aus weiter mit dem Zug. Damit wird auch die medizinische Versorgung der Asylsuchenden schwieriger

Von Antonia Steiger, Erding

Die Abläufe im Warteraum Asyl am Erdinger Fliegerhorst haben sich geändert: Seit Dezember halten sich die Flüchtlinge nun nur noch in Ausnahmefällen länger als 24 Stunden in dem Camp auf, weil sie nun nach ihrer Registrierung wieder umgehend mit Bussen zurück an die Grenze gefahren werden. Dort werden sie mit Sonderzügen in die Bundesländer verteilt. Das bestätigte Mehmet Ata, Pressesprecher des Bundesamtes für Migration. Aus Sicht des Deutschen Roten Kreuzes hat dieses neue Verfahren einen erst auf den zweiten Blick erkennbaren Makel: Es bleibt weniger Zeit, die Flüchtlinge medizinisch zu versorgen. Und das, obwohl die Flüchtlinge, die jetzt in Deutschland ankommen, einen sehr viel größeren Behandlungsbedarf haben als diejenigen, die noch vor Monaten angekommen sind.

Länger als zwei oder drei Tage sollten die Flüchtlinge sich von Anfang an nicht im Warteraum Asyl am Fliegerhorst aufhalten. In Erding kamen diejenigen an, die in den Aufnahmeeinrichtungen in Grenznähe nicht untergebracht werden konnten, wenn dort kein Platz mehr war. Sie wurden mit Bussen nach Erding gebracht, bekamen am Fliegerhorst Essen und Trinken, Anziehsachen und eine erste medizinische Versorgung. Von Erding und auch von Feldkirchen bei Straubing aus, wo es den zweiten Warteraum Asyl in Deutschland gibt, wurden die Asylsuchenden auf die Bundesländer verteilt. Bereits vor ein paar Wochen ist dieser Verteilprozess jedoch verändert worden: In Erding werden die Flüchtlinge nur noch registriert, dann geht es in der Regel nach Passau weiter, wie Ata mitteilt. Passau sei gewählt worden, weil von dort aus die Weiterreise mit dem Zug erfolgen könne. Derzeit kommen ihm zufolge in Erding täglich 800 bis 900 Personen an.

Das Bundesverkehrsministerium bestätigte, dass es Anfang November 2015 die Leitung der Koordinierungsstelle Flüchtlingsverkehr vom Bundesinnenministerium übernommen hat und seitdem die Asylbewerber zu den Aufnahmestellen der Länder befördert. Dafür setzt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Züge der Deutschen Bahn und privater Eisenbahnunternehmen ein sowie Busse privater Unternehmer, der Bundeswehr und des Technischen Hilfswerks - aktuell sind täglich 13 Züge und 190 Busse unterwegs.

Nicht mehr als einen Zwischenstopp machen die Flüchtlinge seitdem in Erding. Es bleibt kaum Zeit für die medizinische Versorgung, und das, obwohl viel mehr Flüchtlinge als noch vor wenigen Monaten dringend medizinische Hilfe bräuchten, erläutert Stefan Bihl, der als Pressesprecher des Deutschen Roten Kreuzes für die Warteräume in Erding und Feldkirchen zuständig ist. Es sind nicht nur die schlechter werdenden Witterungsbedingungen, die ursächlich sind für den deutlich schlechteren gesundheitlichen Zustand der Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen. Bihls Erkenntnissen zufolge flüchten nun auch Menschen aus ihren von Krieg und Terror zerrütteten Heimatländern, weil die medizinische Infrastruktur in den Ländern zusammenbreche. Mit Rheuma, Diabetes, mit Krebserkrankungen oder mit schweren Infekten machen sich die Menschen auf den mehrwöchigen und beschwerlichen Weg nach Europa, die Flucht sei dann eine zusätzliche "wahnsinnige Strapaze". Manche kämen in einem "dramatischen Zustand" an, sagt Bihl. Auch Rollstuhlfahrer seien wochenlang unterwegs "mit Schlauchboot und Bussen und über Stock und Stein". Ebenso kämen allein reisende Mütter mit vielen Kindern in Deutschland an. Erst vor wenigen Tagen hatte eine Familie mit drei kranken kleinen Kindern den Warteraum in Erding erreicht. Ein Kind starb am Sonntag an den Folgen einer Krebserkrankung und den Strapazen der Flucht, aber auch die anderen beiden sind krank und liegen in Krankenhäusern.

Nur in solchen Fällen - wenn Angehörige erkrankt sind - bleiben Flüchtlinge laut Bihl manchmal länger als 24 Stunden im Warteraum. Doch auch dann sei es nicht so einfach, den Flüchtlingen die dringend benötigte medizinische Versorgung angedeihen zu lassen. Weil sie wüssten, dass sie in Erding nicht bleiben könnten, wollten viele Asylsuchende gleich weiter, um dann endlich woanders richtig anzukommen, auch wenn sie total entkräftet, müde und ausgehungert seien. Auch Erfrierungen habe es schon gegeben, "weil die Schuhe auf der Flucht nicht mehr trocknen". Für das Rote Kreuz in Erding hätten sich "die Möglichkeiten zu helfen reduziert", sagt Bihl.

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