Erding:Zugriff per Vorkaufsrecht

Der Stadtrat will sich das Dorfener Bahnhofsareal sichern. Nur die Flächen für Fahrrad- und Autoparkplätze sollen gekauft werden, nicht aber das marode Gebäude. Lediglich der Bürgermeister stimmt dagegen

Von Florian Tempel

Der Dorfener Stadtrat hat fast einstimmig dafür votiert, das Bahnhofsgelände im Vorkaufsrecht zu erwerben. Der Clou daran: Die Stadt möchte nur die Grundstücke kaufen, die als Fahrrad- und Autoparkplätze genutzt werden, nicht jedoch das 140 Jahre alte, sanierungsbedürftige Bahnhofsgebäude. Einzig Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) stimmte dagegen. Er hatte den Bahnhofskäufern Helmut Sedlmeir und Maximilian Neumayr, laut deren Darstellung, vor Monaten versichert, die Stadt habe kein Interesse am Kauf den Bahnhofs und werde kein Vorkaufsrecht geltend machen.

Sedlmeir und Neumayr waren nach dem Beschluss des Stadtrats außer sich. "Da sitzen 23 Schlauberger zusammen, die sagen, jetzt machen wir es uns ganz einfach und picken uns die Rosinen raus - so funktioniert das nicht", sagte Sedlmeir. Der Beschluss sei eine "Kriegserklärung,", empörte sich Neumayr, "es gibt ein Grenze, jetzt geht es nicht mehr um Geld, sondern ums Prinzip."

Die beiden Erdinger haben am 9. Oktober den Dorfener Bahnhof samt umliegenden Grundstücken mit einer Gesamtfläche von 6700 Quadratmetern von den bisherigen Eigentümern, der britischen Gesellschaft Patron Capital, gekauft. Die Patron Capital hatte das Areal 2007 in einem Paket mit 1003 anderen deutschen Bahnhöfen von der Deutschen Bahn AG erworben. Neumayr und Sedlmeir hatten Wochen vor dem Kauf im Dorfener Rathaus ihr Interesse am Bahnhofsareal bekannt gemacht. Laut Sedlmeir habe Bürgermeister Grundner ihnen am 29. Juli versichert, die Stadt habe selbst kein Interesse an ihrem Bahnhof und werde dementsprechend sicher kein Vorkaufsrecht geltend machen. "So geht's nicht", wetterte Sedlmeir, "man kann nicht vorher sagen, wir üben das Vorkaufsrecht nicht aus - und dann so was."

Allerdings hat, wenn Sedlmeirs Aussage zutrifft, der Bürgermeister die Nichtausübung des Vorkaufsrechts in einem Alleingang zugesagt. Der Stadtrat wusste vor dem Notartermin nichts vom Bahnhofsverkauf. Grundner sagte sogar auf eine Anfrage am 2.Oktober in öffentlicher Sitzung, ihm sei von einem anstehenden Verkauf des Bahnhofs nichts bekannt. Dass dieses Verhalten ein Fehler war, hat er eingesehen und sich dafür in einem Brief an alle Stadträte entschuldigt. Die Empörung der Bahnhofskäufer Sedlmeir und Neumayr, dass der Stadtrat entgegen der Zusage des Bürgermeisters nun doch per Vorkaufsrecht zuschlagen möchte, bleibt dennoch.

Dabei ist die Frage, ob überhaupt ein Vorkaufsrecht besteht, noch nicht geklärt. Der Fall ist komplizierter als sonst, weil die Flächen noch für Eisenbahnzwecke gewidmet sind. Die Verwaltung hat jedoch bei der Obersten Baubehörden im bayerischen Innenministerium um juristischen Rat gebeten und von dort die Auskunft erhalten, unter bestimmten Umständen bestünde wahrscheinlich ein Vorkaufsrecht - und das auch für Teilstücke. Für den Vorschlag, auch das Bahnhofsgebäude, dessen Renovierung schätzungsweise eine Million Euro kostet, im Vorkaufsrecht zu erwerben, fand sich keine Mehrheit.

Sedlmeier und Neumayr sagten nach der Sitzung, man könnte den Kauf des Bahnhofsgeländes rückgängig machen. Es gebe extra eine Vertragsklausel für eine Rückabwicklung, falls die Stadt ihr Vorkaufsrecht ausübe wollte. Wo aber kein Vertrag mehr sei, könne auch die Stadt nicht mehr per Vorkaufsrecht einsteigen.

Doch da dürften sich die beiden täuschen. Ein bereits geschlossener Kaufvertrag kann nicht aufgehoben werden, nur um ein unerwünschtes Vorkaufsrecht auszuhebeln. Falls die Stadt Dorfen ein Vorkaufsrecht hat - was in diesem etwas komplizierten Fall wohl nur gerichtlich geklärt werden kann -, müsste sie die Flächen zu dem Preis bekommen, den Sedlmeir und Neumayr gezahlt haben. Nach SZ-Informationen soll im Kaufvertrag als Kaufpreis 180 000 Euro stehen. Sedlmeier und Neumayr sagen indes, der wahre Wert des Dorfener Bahnhofsareals liege bei 590 000 Euro. Wer Eigentümer des Bahnhofsgebäudes sein wird, wenn die Stadt die Grundstücke bekommt, ob er bei den Erdingern hängen bleibt oder die Briten ihn zurücknehmen müssen, ist eine weitere offene, aber ebenso interessante Frage.

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