Erding:Zitterpartie im Winterquartier

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Leere Zelte, abgesagte Vorstellungen, hohe Futterkosten - Feraro hat eine denkbar schlechte Saison hinter sich. Ans Aufgeben denken sie dennoch nicht: "Wer in eine Zirkusfamilie hineingeboren wird, lebt für den Zirkus", sagen sie

Von Melanie Schwarzbauer, Erding

Die nächtlichen Minustemperaturen und der leichte Schnee haben auch die Zirkusfamilie Feraro eingeholt. Der Zirkusfamilie blieb nichts anderes übrig, als sich in ihr Winterquartier in der Hirschau zurückzuziehen. "Wir waren uns nicht einmal sicher, ob wir den Platz an der Landkreisgrenze dieses Jahr belegen dürfen, da viele Orte für Asylunterkünfte reserviert sind", sagt Zirkusinhaber Hermann Schmidt-Feraro, der mit seiner Frau, seinen zehn Kindern und 14 weiteren Verwandten ums Überleben der Zirkusgruppe kämpft. "Diese Saison waren die Zelte wegen des heißen Wetters so gut wie leer", bedauert der 59-jährige Zirkusdirektor.

Das ist aber nicht das einzige Problem, mit dem sich der Zirkus herumschlagen musste - Vorstellungen wurden abgesagt, da die reservierten Volksfestplätze schon andersweitig reserviert waren: Wegen der Strom- und Wasseranschlüsse eignen sie sich ideal für Flüchtlingsunterkünfte. "Wir mussten mindestens drei Vorstellungen absagen, da die eingeplanten Plätze mit Containerlandschaften zugebaut wurden", sagt Schmidt-Feraro.

In manchen Städten gehörte es zum Integrationsprogramm, Asylbewerber kostenlos an den Vorstellungen teilhaben zu lassen. Schmidt-Feraro begrüßte diese Idee, hätte sich aber einen Nachlass für die Platzmiete zum Dank gewünscht. "Wegen des heißen Sommers sind die Kosten für Heu sehr hoch und der sogenannte zweite Schnitt der Bauern blieb wegen der meist verbrannten Felder aus", sagt das Familienoberhaupt - die Landwirte hatten ihnen von der zweiten Heuernte in den vorigen Jahren immer etwas abgegeben.

Dem Zirkus werden aber auch andere Steine in den Weg gelegt. Tierschützer kontrollierten penibel ihre Tierhaltung und der Ruf der Zirkusbranche wird von Trittbrettfahrern, die um Almosen betteln, getrübt. "Ich bin selbst im Tierschutzverein und ermögliche unseren knapp 40 Tieren eine artgerechte Haltung", beteuert Schmidt-Feraro. Der Zirkus entschied sich daher bewusst dagegen, Raubtiershows und andere große Tiere wie Elefanten in das Programm aufzunehmen. "Es wird abermals schwer, durch den Winter zu kommen, das heißt aber noch lange nicht, dass wir ans Aufgeben denken", sagt Schmidt-Feraro bestimmt. Die Familie kann sich keinen normalen Alltag vorstellen, denn "wer in eine Zirkusfamilie hineingeboren wird, lebt für den Zirkus." Schmidt-Feraro beschreibt das Winterquartier für die Tiere "wie aus dem Bilderbuch". Er und seine Familie hoffen auf Spenden für Tierfutter und wünschen sich, dass die nächste Saison "endlich wieder für den Zirkus spricht".

Wer den Zirkus Feraro mit Futter- und Lebensmittelspenden oder finanziell unterstützen möchte, der erhält weitere Informationen unter www.circus-feraro.de oder Telefon 0160-6500175.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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