Erding:Zeit für das erste Gebet

Erding: In arabischen Schriftzeichen stehen gut sichtbar die Wörter "Allah" (rechts oben) und "Mohammed" (links oben) an der Wand im neuen Gebetsraum.

In arabischen Schriftzeichen stehen gut sichtbar die Wörter "Allah" (rechts oben) und "Mohammed" (links oben) an der Wand im neuen Gebetsraum.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Renovierung des ehemaligen Stadttheaters durch Mitglieder des Islamischen Zentrums ist nahezu abgeschlossen. In Kürze soll die neue Begegnungsstätte bei einem Tag der offenen Tür vorgestellt werden

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Es ist wieder Leben in das ehemalige Stadttheater in der Langen Zeile eingekehrt. Am vergangenen Freitag haben sich etwa einhundert Muslime zum ersten gemeinsamen Gebet in der neuen Moschee im Herzen der Kreisstadt versammelt. Ein Jahr lang haben die knapp 130 Mitglieder des Islamischen Zentrums die Räume des alten Theaters aufwendig renoviert und umgebaut. Der Vorsitzende Ali Kemal Imamoglu ist froh darüber, dass letzten Endes doch alles geklappt hat, denn zwischenzeitlich war das Projekt wegen eines Baustopps ins Stocken geraten. In wenigen Wochen will das Zentrum nun seine "Begegnungsstätte", wie es Imamoglu nennt, der Öffentlichkeit bei einem Tag der offenen Tür vorstellen. Bis dahin sollen auch die letzten Arbeiten abgeschlossen sein.

Ein Blick in den Hauptraum der Moschee zeigt, es ist hell geworden in dem einst düsteren Theatersaal. Die acht Meter hohen Wände sind weiß gestrichen und zur Hälfte mit blauen Kacheln in orientalischen Mustern ausgekleidet. Der Boden ist mit einem neuen roten Teppich ausgelegt. Kleine Lilien darin weisen den Gläubigen die Richtung nach Mekka. Neben der Gebetsnische sind in kunstvollen arabischen Lettern, der so genannten Kalligrafie, die Namen Allahs, des Propheten Mohammeds und seiner zwei Enkel zu lesen. An der Decke stehen rundherum Suren aus dem Koran. Religiösen Schmuck sucht man vergebens, denn das ist gemäß der islamischen Tradition nicht erlaubt. Mit viel Fleiß und Einsatz haben die Mitglieder in Eigenregie das gesamte Gemeindezentrum hergerichtet. "Alle haben freiwillig gearbeitet", sagt Imamoglu. Lediglich die Materialien wurden aus der Türkei importiert, denn diese "sind in Deutschland nicht zu bekommen".

Insgesamt bietet das neue Gebäude erheblich mehr Platz als der nahe gelegene Vorgänger Am Rätschenbach, den man 1978 bezogen hatte. Bis zu 160 Menschen können sich im großen Hauptraum aufhalten. Gleich nebenan befindet sich der etwas kleinere Gebetsraum für die Frauen. "Den müssen wir noch ein bisschen schön machen", sagt Imamoglu. Der Pfeil nach Mekka ist bereits eingezeichnet, noch liegt darin aber der Teppich aus der alten Moschee und die Wandverkleidung ist nicht ganz fertig. Gebetet wird hier aber schon jetzt. Hand anlegen wollen die Mitglieder außerdem im Raum für die künftige Koranschule, der derzeit einem Provisorium gleicht, sowie im Eingangsbereich, wo ein geeigneter Schuhschrank fehlt. "Eine Moschee ist für uns immer mehr als nur ein Ort zum Beten", sagt Imamoglu. "Sie ist eine Begegnungsstätte für alle Muslime und steht jedem offen." Die Menschen würden dort einen Teil ihrer Freizeit verbringen: ein Buch lesen, gemeinsam Tee trinken, sich unterhalten. Aus diesem Grund hat das Zentrum jeden Tag geöffnet und verfügt zusätzlich über einen Aufenthaltsraum und eine kleine Küche.

In den vergangenen Monaten sind immer wieder Flüchtlinge zum Gebet gekommen. Für Imamoglu macht das keinen Unterschied. "Wir wollen doch alle friedlich miteinander leben. Unsere Moschee ist international, da darf jeder reinkommen." Und aus seiner Sicht funktioniert an der Sempt das Zusammenleben zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen gut. Das Islamische Zentrum Erding wurde vor 38 Jahren gegründet. "Seitdem hat es nie Probleme gegeben und das soll auch so bleiben." Die einzige Ausnahme sei bisher ein Vorfall im September des vergangenen Jahres gewesen, als Unbekannte islamfeindliche Parolen an die Außenwände der alten Moschee geschmiert haben. "Blödes Ding."

Es war ein langer Weg, den die muslimische Gemeinde gehen musste, bis sie ihre neuen Räume im ehemaligen Stadttheater beziehen konnte. Vor drei Jahren hatte Vermieter Hugo Gruber Eigenbedarf für das Gebäude am Rätschenbach angemeldet, Ende Dezember 2014 lief der Mietvertrag aus. Da die Suche nach einer neuen Bleibe aber schwieriger war als angenommen und sich der Umzug verzögerte, wurde der Vertrag immer wieder verlängert. Im vergangenen Januar begann man schließlich mit dem Arbeiten in der Langen Zeile. Nach Angaben der Stadt Erding sei der Bauantrag jedoch nicht vollständig gewesen, so dass die Arbeiten im Sommer vorübergehend eingestellt wurden. Nun ist man also fast fertig. "Jeder wird sehen können, wie es bei uns ausschaut", kündigt Imamoglu für den Tag der offenen Tür an. "Alle zwei Stunden gibt es eine Führung." Ein genauer Termin steht noch nicht fest.

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