Erding:Wohnraum unter Marktwert

Erding nähert sich einer sozialgerechten Bodennutzung nach Münchner Vorbild an. Wer bauen will, muss auch günstige Immobilien anbieten

Antonia Steiger

Erding: Einst eine Brache, heute entstehen auf der Wiese an der Sigwolfstraße zahlreiche Häuser. Bei ähnlichen Projekten sollen künftig auch mittlerere und untere Einkommensklassen zum zug kommen

Einst eine Brache, heute entstehen auf der Wiese an der Sigwolfstraße zahlreiche Häuser. Bei ähnlichen Projekten sollen künftig auch mittlerere und untere Einkommensklassen zum zug kommen

(Foto: Peter Bauersachs)

Die Stadt Erding macht sich auf den Weg, das Problem des bezahlbaren Wohnraums zu lösen: Mit dem Konzept einer sozialgerechten Bodennutzung soll in Bebauungsplänen künftig festgeschrieben werden, dass ein Teil der Fläche - zum Beispiel 30 Prozent - denjenigen angeboten wird, die bei den üblichen Marktpreise nicht mithalten können. Der Planung- und Umweltausschuss billigte den Vorschlag des Oberbürgermeisters Max Gotz (CSU) nach Diskussion einstimmig, in der Verwaltung ein Konzept erstellen zu lassen, das eine Modellrechnung anhand eines bereits abgewickelten Baugebietes enthalten wird, in der finanzielle Auswirkungen aufgezeigt werden.

Mit der sozialgerechten Bodennutzung würde sich die Stadt Erding an die Spitze einer Bewegung im Großraum München setzen, wie ein Vertreter des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum sagte, denn Überlegungen dieser Art werden auch in Dachau, Kirchheim und anderswo angestellt. Alle orientieren sich an der Münchner Mischung, die seit 1994 offenbar bestens funktioniert: Dort werden die Grundeigentümer bei neuen Bebauungspläne dazu verpflichtet, 30 Prozent unter dem Marktwert anzubieten. Dabei kann es sich um Mietwohnungen, Eigentum, Reihenhäuser oder Geschosswohnungsbau handeln. Wer den Wohnraum bekommt, bestimmt die Stadt, indem sie eine Einkommensgrenze festlegt. Es kann sich auch um sozialen Wohnungsbau handeln, muss es aber nicht.

Mit Begeisterung trug Stadtbaumeister Sebastian Henrich die Details vor: Es gehe dabei nicht um sozial Schwache, sondern um diejenigen, die nicht stark genug seien für den hiesigen Wohnungsmarkt: um junge Familien. Henrich zählte die Vorteile auf: Es ließe sich schnell umsetzen - schon mit Ausweisung des nächtens Baugebietes. Es würde eine Mischung in den Wohngebieten garantieren. Und vor allem: Es würde die öffentliche Hand von dem Problem entlasten, selber für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, zum Beispiel über die Wohnungsbaugesellschaft oder die Baugenossenschaft. Die Idee wurde größtenteils mit Begeisterung aufgenommen, auch Gotz steht hinter diesem Projekt. Eva Kolenda (SPD) sagte, ihr falle ein Stein vom Herzen. Hans Eger (Erding jetzt) sagte, er sei dankbar für diesen Vorschlag.

Einzig aus der CSU, seiner eigenen Partei, quoll dem Oberbürgermeister Widerstand entgegen. Thomas Bauer verteidigte hartnäckig die früheren Erdinger Versuche, sei es mit der Wohnungsbaugesellschaft oder mit Einheimischenmodellen. Doch Gotz widersprach ihm und meinte, ganz so glorreich, wie Bauer meine, sei das nicht abgelaufen. Unter anderem dauerte es wohl manchmal bis zu zehn Jahre, bis der Wohnraum zur Verfügung gestellt werden konnte. Hermann Schießl beklagte, dies sei ein sehr komplexes Modell. Und Burkhard Köppen sah das Recht am Eigentum gefährdet. Ihnen allen hielt Andres Erhard, der neue Erdinger Rathaus-Jurist, entgegen, dass es einfache Rechenmodelle gebe, mit denen sich nachweisen lasse, welchen Profit der Bauträger auch mit der sozialgerechten Bodennutzung machen kann. Nur wenn der hoch genug ist, käme dieses Konzept zum Tragen. Ist die Bodenwertsteigerung durch eine Ausweisung als Bauland zu gering, dann funktioniere das Modell nicht. Das aber sei auf dem weiter boomenden Erdinger Markt nicht zu erwarten.

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