Erding:Wieder in der Kritik

Ein weiteres Mal lädt Rainer Forster, Diözesansekretär der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, höchst umstrittene Persönlichkeiten zu einer Veranstaltung ein. Auch intern wird das diskutiert

Von Mathias Weber

Die Veranstaltung werde auf jeden Fall stattfinden, sagte Rainer Forster am Freitagnachmittag, da sei er sich sicher. Es soll am kommenden Sonntag nicht so laufen wie im Mai dieses Jahres, als der Diözesansekretär der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) in Freising eine Diskussionsveranstaltung auf dem Domberg kurzfristig absagen musste. Damals entzündete sich die Kritik an dem von Forster eingeladenen Referenten. Und auch jetzt, da ein Diskussionsnachmittag und -abend im Gasthaus Adlberger in Altenerding geplant ist, muss sich Forster als Organisator der Veranstaltung wieder Kritik gefallen lassen.

"Trump, das US-Imperium und die Nato", so ist der "Infotag der KAB" am Sonntag überschrieben. Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung "will (...) über die Zusammenhänge aufklären", heißt es in der Pressemitteilung dazu. Eingeladen hat Diözesansekretär Forster in Zusammenarbeit mit dem Erdinger KAB-Vorsitzenden Josef Aigner zwei "umstrittene" Personen, wie Forster selbst sagt. Manche nennen sie auch: Verschwörungstheoretiker. Am Nachmittag wird der Rapper Kilez More auftreten, um 19 Uhr ist dann ein Vortrag von Rainer Rothfuß mit dem Titel "Nato - Schutz oder Gefährdung Europas?" geplant. Vor dem Auftritt des Rappers wird zudem um 16 Uhr der Dokumentarfilm "Ramstein - Das letzte Gefecht" gezeigt.

An den beiden Gästen entzündet sich die Kritik. Der Wiener Rapper Kilez More hat vor allem dadurch Bekanntheit erlangt, dass er in seinen Texten den Klimawandel leugnet. "Der Klimawandel wurde nicht von Menschen gemacht, damit halten sie nur die Welt in Schach", heißt es in seinem Song "Klimawandel". Medienberichten zufolge hat sich Kilez More, der von Kritikern als "rechtsesoterisch" bezeichnet wird, auch im Umfeld von Montagsmahnwachen aufgehalten, bei denen antisemitische und rechtsextreme Tendenzen registriert wurden.

Der ehemalige CSU-Politiker und Hochschullehrer Rainer Rothfuß ist in diesem Jahr als Teilnehmer der sogenannten "Friedensfahrt" von Berlin nach Moskau bekannt geworden. Mit ihr wollten sich die Organisatoren, so hieß es damals, "im Namen des deutschen Volkes für unsere teilweise abgrundtief verlogenen Politiker und Medien" entschuldigen. Kritische Berichte über die Friedensfahrt bezeichnete Rothfuß als "widerlichen Journalismus", beim russischen Staatssender Russia Today (RT) hingegen kommentiert er und tritt als "geopolitischer Analyst" auf.

Die Kritik an diesen beiden Personen kann Forster teilweise nachvollziehen. Doch für ihn stehe die Auseinandersetzung mit den Inhalten im Vordergrund, und im Fall des Rappers "das Angebot an die Jugend". Nach Rothfuß' Vortrag sei eine Diskussion geplant, der Auftritt von Kilez More finde jedoch ohne inhaltliche Begleitung statt, bestätigt Diözesansekretär Forster. Er wolle sich aber mit dem Rapper im Vorfeld über die Auswahl der Songs unterhalten.

Den Kontakt zu Rothfuß hat Forster selbst hergestellt, nachdem er ein Interview mit ihm gelesen hatte. Der Kontakt zu Kilez More entstand über eine Bekannte im Umfeld der KAB. Beide Gäste treten nicht kostenlos auf. Forster sagt, man finanziere die Gagen mithilfe von anderen Veranstaltungen.

Lautstarke Kritik an der Veranstaltung kommt wieder von den Moosburger "Erdlingen", einer politischen Gruppe, die auf rechte Tendenzen in der Gesellschaft aufmerksam machen will. Die "Erdlinge" hatten es bereits im Mai geschafft, dass Forster eine geplante Veranstaltung mit dem umstrittenen Historiker Daniele Ganser, der ebenfalls als Verschwörungstheoretiker gilt, absagte. Sie war damals von der KAB zusammen mit dem Bildungswerk Kardinal-Döpfner-Haus in Freising organisiert worden. Nach der Absage wurde sie in Waldkraiburg nachgeholt. Auch dieses Mal haben die "Erdlinge" die Hintergründe und Einstellungen der KAB-Gäste über Facebook publik gemacht. Ursprünglich war die Veranstaltung mit Rothfuß und Kilez More im Jugendkulturhaus Sonic in Erding geplant, wo der KAB oft zu Gast ist. Sonic-Leiter Ulrich Hofstaller sagt, die KAB hätte aber im Vorfeld nicht alle Informationen zum Diskussionstag vorgelegt, wie es vertraglich festgelegt sei. Politische Veranstaltungen seien im Sonic nicht erlaubt, sagt Hofstaller und fügt an: "Wir machen hier offene Jugendarbeit, wir wollen jungen Leuten Demokratie näherbringen." Forster räumt ein, dass man "nicht vernünftig kommuniziert" habe. Auf die Schnelle hat er aber in Altenerding den Ersatz-Ort gefunden.

Auch die verschiedenen Ebenen des KAB-Verbandes hat die Kritik an der Veranstaltung erreicht. Der Geschäftsführer des KAB-Diözesanverbandes München und Freising, Wolfgang Pretzer, versichert, dass Rückmeldungen zu den Veranstaltungen ernst genommen würden, "alles andere wäre komplett daneben." Er sagt, dass intern ein "einheitliches Auftreten" für KAB-Veranstaltungen erarbeitet werden soll. Grundsätzliche Kritik an der Veranstaltung in Altenerding übt er aber nicht. Pretzer sagt, dass es viele Veranstaltungen der KAB gebe, an denen umstrittene Referenten teilnähmen. Konkreter wird Pressesprecher Matthias Rabbe in der KAB-Deutschlandzentrale in Köln, an der die Vorgänge in Freising und Erding ebenfalls nicht vorbeigegangen sind. Zwar begrüßt auch Rabbe eine lebhafte Diskussion. Doch er sagt auch, dass er sich im konkreten Fall andere Teilnehmer gewünscht hätte. Und er spricht einen interessanten Aspekt an: Dass mit umstrittenen Teilnehmern ein volles Haus offenbar garantiert ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: