Erding:Weit entfernt vom Informationsfluss

Frühzeitig will sich die Stadt um die Mitarbeiter am Fliegerhorst kümmern, denen Arbeitslosigkeit droht. Aus dem Verteidigungsministerium kommt nach wie vor keine genaue Auskunft, wie es weitergeht

Von Mathias Weber

Etwa 100 ehemalige Beschäftigte des Fliegerhorst könnten es sein, um die man sich wird kümmern müssen, wenn der Bundeswehrstandort in Erding in einigen Jahren seine Tore schließt. Von dieser Zahl spricht Willi Scheib, SPD-Stadtrat in Erding, der seit Jahren dafür eintritt, den Beschäftigten des Fliegerhorstes, die nicht an andere Standorte übernommen werden können, eine Perspektive auf dem Erdinger Arbeitsmarkt zu bieten.

Dazu, so seine Idee, soll es einen runden Tisch geben. Industrie, Jobcenter, Stadtverwaltung, sie sollen sich zusammensetzten und versuchen, frühzeitig Jobs für die dann arbeitslosen, "schwer zu vermittelnden" Beschäftigten zu finden. "Ein solcher runder Tisch wurde auch in anderen Kommunen, in denen ein Standort schließt, eingerichtet", sagt Scheib. Man habe stets gute Erfahrungen damit gemacht. Die Stadt verschließt sich solchen Ideen nicht, allerdings heißt es dort, dass man schlicht keine Informationen über den Zeitplan der Schließung hat - wann also wie viele Mitarbeiter auf der Straße stehen werden. Daher lässt die SPD-Fraktion im Stadtrat den Antrag auf den runden Tisch noch in der Schublade - darauf hat man sich mit Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) geeinigt. "Ich verstehe die Führung des Fliegerhorstes", sagt Scheib einerseits. "Wenn sie noch Aufträge zu erfüllen haben, wird man nicht einfach Arbeiter gehen lassen können." Doch wenn nichts passiert, so Scheib, werde es Probleme geben. Aus Bonn und Berlin solle endlich ein Signal kommen, wann der sozialverträgliche Abbau beginnt. Weniger um die hochqualifizierten Mitarbeiter macht sich Scheib Sorgen - sie würden zum Großteil eine Arbeit in der Flughafenregion finden. Es geht ihm um die gering Qualifizierten: Um die Arbeiter im Depot, um Küchenkräfte, um die Bürojobs. All diese Probleme hat der Tarifausschuss des Hauptpersonalrats des Bundesverteidigungsministeriums den Vertretern der Stadt geschildert, als seine Mitglieder im Erdinger Rathaus zu Gast waren. Dort haben die Arbeitnehmervertreter die Situation mit Gotz, dem zweiten Bürgermeister Ludwig Kirmair und Willi Scheib besprochen und gesagt: Es muss sich etwas tun. Die Vertreter hatten dabei die Zahl von ungefähr 100 schwer zu vermittelnden Beschäftigten genannt. Manch einem Mitarbeiter könnte die Härtefallregelung zugute kommen, die es in gewissen Fällten jenen erlaubt, die bereits einige Jahr vor dem Renteneintritt stehen, in Frührente zu gehen. Diejenigen, bei denen diese Regelung noch nicht greift, bräuchten die Hilfe. Ludwig Kirmair sagt, die Stadt werde sich nicht wehren, den Arbeitnehmern zu helfen, man wolle eine aktive Rolle spielen. Im Moment aber könne man schlicht nichts machen. "Wir wissen kaum etwas", sagt Kirmair. Anfragen an das Verteidigungsministerium würden spärlich beantwortet. "Wir sind weit entfernt vom Informationsfluss", sagt er. "Wir raten, wir schätzen". So schätzt die Stadt weiterhin, dass der Fliegerhorst im Jahr 2019 endgültig schließt. Auch über die Zukunft der Ausbildungswerkstatt am Fliegerhorst kann weiter nur spekuliert werden: Dort ist man immer noch nicht sicher ist, ob es im nächsten Jahr noch einen - womöglich letzten - Ausbildungsjahrgang geben wird. Auch ein Betrieb darüber hinaus ist weiterhin nicht gesichert.

Zwar kursieren derzeit Gerüchte, der Triebwerkhersteller MTU, der derzeit Triebwerksmechaniker mit am Fliegerhorst ausbilden lässt, könnte diesen Fachbereich ganz übernehmen. Ulrich Ostermair, der für MTU die Zusammenarbeit mit der Ausbildungswerkstatt koordiniert, sagt allerdings klar: "Es gibt derzeit keine Gespräche." Von einer Übernahme durch MTU könne keine Rede sein, ihm sei in dieser Hinsicht nichts bekannt.

Eine Übernahme des Fachbereichs Triebwerkstechnik durch MTU hätte Charme, die Idee gefällt auch Willi Schaub. Für die beiden anderen Ausbildungsbereiche allerdings sieht er so oder so wenig Zukunft. "Irgendwann wird es dann ein Ende geben", sagt Schaub. Zudem stellt sich die Frage, ob die Ausbilder selbst dem Fliegerhorst lange erhalten bleiben. Auch sie werden sich im Angesicht des nahen Endes nach neuen Arbeitsstellen umsehen. Hinzu kommt: Während all dieser Überlegungen bleibt der Chefsessel an der Ausbildungswerkstatt weiterhin leer. Martin Deutinger, der ehemalige Leiter, war im September in den Ruhestand gegangen. Einen Nachfolger gibt es noch nicht.

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